1) Wir können uns keine neuen AsylwerberInnen mehr leisten.
Beim Schutz vor Verfolgung dürfen die Kosten keine Rolle spielen, da es sich um ein Menschenrecht handelt. Österreich hat sich wie die anderen Staaten der Welt mehrfach zur Einhaltung von Menschenrechten verpflichtet und muss dieser Verpflichtung wie alle Rechtsstaaten nachkommen.
Wer einmal ein Flüchtlingslager besucht hat, sieht, dass die Ausgaben für die Versorgung von Flüchtlingen nicht allzuhoch sind.
2) Österreich nimmt so viele Flüchtlinge auf, es sollen auch die anderen etwas tun.
Insgesamt kann gesagt werden, dass die armen Länder der Welt weit mehr Flüchtlinge aufnehmen als die reichen. Sieben von zehn Schutz Suchenden weltweit haben im letzten Jahrzehnt Asyl in Entwicklungsländern gefunden Während in Österreich im letzten Jahr 37.000 Menschen Schutz suchten, waren es z.B. in Tansania rund 650.000. Im Jahr 2002 wurde in Österreich lediglich 1.018 Personen Asyl gewährt.
3) AsylwerberInnen, Flüchtlinge, MigrantInnen sind alle Wirtschaftsflüchtlinge und wollen hier auf unsere Kosten leben.
Die Genfer Flüchtlingskonvention regelt, wer als Flüchtling anzusehen ist. Welche Person nach deren strengen Kriterien Anspruch auf Asyl hat, kann nur im Asylverfahren geklärt werden. An der Nasenspitze sieht man einem Menschen die Fluchtgründe nicht an.
Aber auch wenn Menschen aufgrund von Armut nach Europa kommen, müssen wir uns die Frage der weltweiten Verteilungsgerechtigkeit stellen. Derzeit weigern sich die reichen Länder mit immer strengeren Einwanderungsgesetzen und mit dem Argument enormer Kosten, anderen eine Chance auf Arbeit und soziale Sicherheit zu gewähren. Dürfen Lebenschancen davon abhängen, ob man in einer reichen oder einer armen Region der Erde zur Welt gekommen ist?
4) Die Flüchtlinge nehmen uns unsere Arbeitsplätze weg.
Obwohl in bestimmten Branchen die Nachfrage nach Arbeitskräften nicht gestillt ist, werden AsylwerberInnen meist auch dann nicht vermittelt, wenn niemand anderer die Stelle will. Prinzipiell gilt: Wer um Asyl ansucht, darf nicht arbeiten.
5) AsylwerberInnen werden von uns durchgefüttert, während ÖsterreicherInnen auf der Straße stehen.
Niemand soll in Österreich ohne Dach über dem Kopf dastehen. Es darf kein Unterschied nach Herkunft gemacht werden. Für die Unterbringung und Versorgung von AsylwerberInnen ist die staatliche Bundesbetreuung vorgesehen. Allerdings gibt es kein Recht auf diese Betreuung, sondern es handelt sich um eine "kann"-Bestimmung - obwohl ein Höchstgericht das für unzulässig erklärt hat. Das System ist auf die jährlichen Zahlen der Achtzigerjahre von 10.000 Flüchtlingen ausgerichtet. Dadurch kommt mittlerweile nur mehr ein Viertel aller AsylwerberInnen in die staatliche Betreuung. Luxuriös ist diese nicht - pro Tag wird für Unterkunft und Verpflegung eines Flüchtlings ein Tagsatz von 13,80 Euro bezahlt. Das Taschengeld, von dem auch Hygieneartikel und Fahrtkosten gezahlt werden müssen, beträgt 40 Euro pro Monat.
6) Flüchtlinge erhalten soziale Leistungen, ohne je dafür eingezahlt zu haben.
Flüchtlinge würden gerne arbeiten, um ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen, doch sie dürfen nicht. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern haben AsylwerberInnen in Österreich keinen Rechtsanspruch auf Sozialleistungen. So wie die Unterkunft im Rahmen einer staatlichen Betreuung sind auch Krankenversicherung, Sozialhilfe und Schülerfreifahrt "kann"-Leistungen und werden kaum gewährt. AsylwerberInnen dürfen sich also weder selbst versorgen, noch haben sie Anspruch auf Versorgung. Was würden Sie da machen?
7) Man sollte den Leuten lieber vor Ort helfen, dann müssen sie gar nicht weg.
Hilfe vor Ort kann den Schutz vor Verfolgung nicht ersetzen oder sicherstellen. Und es ist auch eine Frage der Aufnahmekapazitäten der Länder in der Region - auch bei bester Unterstützung stellen 1,5 Millionen Flüchtlinge, die etwa in Pakistan während des Afghanistankrieges beherbergt wurden, eine enorme Herausforderung für jeden Staat dar. Leider ist Österreich auch bei den Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit europäisches Schlusslicht!
8) Man kann doch in 48 Stunden entscheiden, ob ein Asylantrag berechtigt ist oder nicht.
Im Asylverfahren darf nicht einfach nur nach der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat entschieden werden, sondern es müssen ganz individuell die Fluchtgründe geprüft werden. Sonst würden Minderheiten, die verfolgt werden, oder Frauen, die aufgrund ihrer Lebensweise mit schweren Strafen bedroht werden, keinen Schutz finden können. Eine schnelle Entscheidung ist im Interesse aller Beteiligten. Noch wichtiger ist die Qualität. Und die kann ohne tiefer gehende Recherchen nicht gewährleistet werden.
Ein sensibles menschenrechtliches Schutzinstrument wie das Asylrecht darf nicht nur unter guten Voraussetzungen funktionieren, sondern muss auch unter den denkbar schlechtesten Bedingungen seine Aufgabe erfüllen. Es muss also davon ausgegangen werden, dass Beamte irren können und dass traumatisierte Flüchtlinge nicht in der Lage sind, ihre Geschichte auf Knopfdruck zu schildern. Selbst in dieser Situation müssen Verfolgte zu Ihrem Recht auf Schutz kommen.
Heinz Fronek, asylkoordination österreich , Mai 2003
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