KINDERFLüCHTLINGE
UNTERBRINGUNG UND SCHULE
UNTERBRINGUNG
Bis zum Jahr 2004 hatte der überwiegende Teil der Fluchtwaisen bestenfalls einen Platz zum Schlafen. Gesundheitsversorgung, Sprachkurse oder pädagogische Betreuung waren die Ausnahme. Mit Einführung der Grundversorgung gab es erstmals ein klares Bekenntnis der Verantwortungsträger auf Bundes- und Landesebene, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge speziell betreute Unterbringungsplätze bereitzustellen. Im Jahr 2005 gelang es allen neu ankommenden Fluchtwaisen solche Betreuungsplätze anzubieten.
Die Unterbringung - also Pflege und Erziehung als Teil der Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wird in der Regel von der Kinder- und Jugendhilfe der Länder an Betreuungseinrichtungen von NGOs übertragen.
Die Betreuungseinrichtungen die Fluchtwaisen unterbringen werden ausschließlich über die Bezahlung von Tagessätzen (max. € 95,– pro Kind und Tag) finanziert. Der Tagsatz ist in einer 15a Vereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt und wird – sobald die Fluchtwaisen zum Asylverfahren zugelassen sind - von den Grundversorgungsstellen der Länder an die Einrichtungen ausbezahlt. In der Bundesbetreuung wird der Tagsatz vom Bund bezahlt. In manchen Fällen gibt es einen Zuschuss von Kinder- und Jugendhilfe.
Österreichweit gibt es drei Tagsatzkategorien
Wohngruppe: 1:10 = 1 Betreuer*in für 10 Kinder, Höchstsatz 95 Euro
Wohnheim: 1:15 = 1 Betreuer*in für 15 Kinder, Höchstsatz 63,50
betreutes Wohnen: 1:20 = 1 Betreuer*in für 20 Kinder, Höchstsatz 40,50 Euro
Während in der Länderbetreuung fast überall die 1:10 Betreuung stattfinden (Wohngruppen), wird in der Bundesbetreuung der Schlüssel 1:15 herangezogen. Somit ist die Betreuung weniger. Real ist aber auch der 1:15 Schlüssel nicht in der Bundesbetreuung. Im September 2020 lag er zB bei 1:28 in Traiskirchen.
Fehlende Ressourcen
2015 bzw. 2016 wurden zwar die Höchsttagsätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge angehoben, maßgeblich allerdings nur die dritte Tagsatzkategorie von € 77,- auf € 95,-. Jedoch selbst bei voller Auslastung können die Einrichtungen nicht kostendeckend betrieben werden. Massive Teuerungen in allen Lebensbereichen erfordern eine rasche weitere Tagsatzanpassung.
Die Standards sowie die Tagsätze in der Betreuung von Fluchtwaisen sind nach wie vor weit unter den in der Kinder- und Jugendhilfe üblichen.
Kontaktadressen der in der Arbeitsgruppe “Fluchtwaisen-Betreuungsstellen” zusammengeschlossenen Einrichtungen.
Im Vergleich zur fremdunterbrinung von österreichischen Kindern gibt es hier einen gravierenden Unterschied. Der Tagsatz bei der Fremdunterbringung von österreichischen Kindern beginnt bei 120 Euro und ist nach obenhin offen. Dagegen ist der Tagsatz bei Fluchtwaisen mit 95 Euro gedeckelt.
Beim Fluchtwaisen Tagsatz gibt es keine Indexanpassung oder Valorisierung. Durch den geringen Tagsatz sind die Häuser schlechter ausgestattet als bei österreichischen Kindern, die Betreuung und psychische Unterstützung nicht in dem Ausmaß möglich wie benötigt und die Freizeitaktivitäten eingeschränkt.
BILDUNG
Schulpflicht
Kinderflüchtlinge besuchen die gleichen Schulen wie Kinder von Österreicher*innen oder Migrant*innen. Dem Recht auf Schulbildung für Asylwerber*innen im schulpflichtigen Alter wird in Österreich grundsätzlich entsprochen.
Bildungssituation nach der Pflichtschule
Nach Beendigung der Pflichtschule können österreichische Jugendliche weiterführende Schulen besuchen, die Schulkarriere beenden, um als ungelernte Arbeiter*innen direkt ins Berufsleben einzusteigen oder eine Lehrausbildung beginnen.
Die Möglichkeit eines direkten Berufseinstiegs ist für unbegleitete minderjährige Asylwerber*innen in der Praxis nicht gegeben. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz verbietet ihnen zwar nicht grundsätzlich eine Beschäftigungsaufnahme, allerdings ist per Erlass des Wirtschaftsministers festgelegt, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber*innen nur in den Bereichen der Ernte- und Saisonarbeit erteilt werden dürfen. Dies gilt sowohl für minderjährige, als auch volljährige Asylwerber*innen.
Die zweite Möglichkeit nach der Pflichtschule stellt der Beginn einer Lehrausbildung dar. Die Lehre ist eine Kombination aus schulischer und betrieblicher Ausbildung. Für Asylwerber*innen ist dieser Weg aber genauso versperrt wie der direkte Einstieg ins Berufsleben. Lehrstellen unterliegen dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und sind demnach bewilligungspflichtig und seit September 2018 gibt es auch keine Ausnahmen mehr für junge Asylwerber*innen eine Lehre zu beginnen.
Somit bleibt einzig die schulische Perspektive offen. Nur wenige junge Asylwerber*innen können oder wollen aber eine weiterführende Schule besuchen. Auch schulisch motivierte Jugendliche sind mit großen Hindernissen konfrontiert. Trotzdem gelingt es nicht wenigen Asylwerber*innen, in der Schule erfolgreich zu sein. Die Aufnahme in eine weiterführende Schule hängt weiters vom Ermessen der jeweiligen Direktor*innen ab.
Falls die Jugendlichen noch keinen Pflichtschulabschluss haben und nicht mehr schulpflichtig sind, hängt die Aufnahme in Schulen ebenfalls vom Ermessen der Direktor*innen ab.
Eine weitere Bildungschance für Kinderflüchtlinge bietet der so genannte „Zweite Bildungsweg“. Dieser soll nicht mehr schulpflichtigen Jugendlichen und Erwachsenen das Nachholen von Schulabschlüssen ermöglichen. Prinzipiell steht dieser Weg nur jenen Personen offen, die in Österreich berufstätig sind oder waren. Asylwerber*innen wären demzufolge von dieser Möglichkeit ausgeschlossen. Schulen und Bildungsträger entscheiden sich aber immer wieder dafür, Asylwerber*innen trotzdem aufzunehmen.
Seit 1. Juli 2017 gibt es in Österreich die Ausbildungspflicht bis 18. Demnach müssen sich alle jungen Menschen in Österreich bis 18 in irgendeiner Art von Ausbildung befinden. Von diesem Gesetz sind aber Asylwerber*innen explizit ausgenommen. Daher ist der Staat auch nicht verpflichtet, Ausbildungsmöglichkeiten für minderjährige Asylwerber*innen anzubieten.
Ansonsten gibt es kein bundesweites Angebot zur Bildung oder Ausbeildung von jungen Geflüchteten. Ob und welche Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen ist regional sehr unterschiedlich.
Volljährig werden
Mit dem Erreichen der Volljährigkeit ändert sich die Situation für die jungen Flüchtlinge schlagartig. Die Grundversorgung zahlt ab dem 18. Geburtstag nur noch den Tagsatz für Erwachsene, daher können es sich die Fluchtwaisen–Betreuungsstellen nicht leisten, die Jugendlichen noch länger zu beherbergen. Auch wenn die Fluchtwaisen-Betreuungsstellen die Jugendlichen auf diesen Tag vorbereiten, führt die Entlassung aus der Einrichtung immer wieder zu Schwierigkeiten für die Jugendlichen.
Beteiligung
Das deutsche Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft hat einen Methodenkoffer zur Beteiligung von Kindern im Rechtskontext veröffentlicht.
Bis zum Jahr 2004 hatte der überwiegende Teil der Fluchtwaisen bestenfalls einen Platz zum Schlafen. Gesundheitsversorgung, Sprachkurse oder pädagogische Betreuung waren die Ausnahme. Mit Einführung der Grundversorgung gab es erstmals ein klares Bekenntnis der Verantwortungsträger auf Bundes- und Landesebene, für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge speziell betreute Unterbringungsplätze bereitzustellen. Im Jahr 2005 gelang es allen neu ankommenden Fluchtwaisen solche Betreuungsplätze anzubieten.
Die Unterbringung - also Pflege und Erziehung als Teil der Obsorge für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge wird in der Regel von der Kinder- und Jugendhilfe der Länder an Betreuungseinrichtungen von NGOs übertragen.
Die Betreuungseinrichtungen die Fluchtwaisen unterbringen werden ausschließlich über die Bezahlung von Tagessätzen (max. € 95,– pro Kind und Tag) finanziert. Der Tagsatz ist in einer 15a Vereinbarung zwischen Bund und Ländern geregelt und wird – sobald die Fluchtwaisen zum Asylverfahren zugelassen sind - von den Grundversorgungsstellen der Länder an die Einrichtungen ausbezahlt. In der Bundesbetreuung wird der Tagsatz vom Bund bezahlt. In manchen Fällen gibt es einen Zuschuss von Kinder- und Jugendhilfe.
Österreichweit gibt es drei Tagsatzkategorien
Wohngruppe: 1:10 = 1 Betreuer*in für 10 Kinder, Höchstsatz 95 Euro
Wohnheim: 1:15 = 1 Betreuer*in für 15 Kinder, Höchstsatz 63,50
betreutes Wohnen: 1:20 = 1 Betreuer*in für 20 Kinder, Höchstsatz 40,50 Euro
Während in der Länderbetreuung fast überall die 1:10 Betreuung stattfinden (Wohngruppen), wird in der Bundesbetreuung der Schlüssel 1:15 herangezogen. Somit ist die Betreuung weniger. Real ist aber auch der 1:15 Schlüssel nicht in der Bundesbetreuung. Im September 2020 lag er zB bei 1:28 in Traiskirchen.
Fehlende Ressourcen
2015 bzw. 2016 wurden zwar die Höchsttagsätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge angehoben, maßgeblich allerdings nur die dritte Tagsatzkategorie von € 77,- auf € 95,-. Jedoch selbst bei voller Auslastung können die Einrichtungen nicht kostendeckend betrieben werden. Massive Teuerungen in allen Lebensbereichen erfordern eine rasche weitere Tagsatzanpassung.
Die Standards sowie die Tagsätze in der Betreuung von Fluchtwaisen sind nach wie vor weit unter den in der Kinder- und Jugendhilfe üblichen.
Kontaktadressen der in der Arbeitsgruppe “Fluchtwaisen-Betreuungsstellen” zusammengeschlossenen Einrichtungen.
Im Vergleich zur fremdunterbrinung von österreichischen Kindern gibt es hier einen gravierenden Unterschied. Der Tagsatz bei der Fremdunterbringung von österreichischen Kindern beginnt bei 120 Euro und ist nach obenhin offen. Dagegen ist der Tagsatz bei Fluchtwaisen mit 95 Euro gedeckelt.
Beim Fluchtwaisen Tagsatz gibt es keine Indexanpassung oder Valorisierung. Durch den geringen Tagsatz sind die Häuser schlechter ausgestattet als bei österreichischen Kindern, die Betreuung und psychische Unterstützung nicht in dem Ausmaß möglich wie benötigt und die Freizeitaktivitäten eingeschränkt.
BILDUNG
Schulpflicht
Kinderflüchtlinge besuchen die gleichen Schulen wie Kinder von Österreicher*innen oder Migrant*innen. Dem Recht auf Schulbildung für Asylwerber*innen im schulpflichtigen Alter wird in Österreich grundsätzlich entsprochen.
Bildungssituation nach der Pflichtschule
Nach Beendigung der Pflichtschule können österreichische Jugendliche weiterführende Schulen besuchen, die Schulkarriere beenden, um als ungelernte Arbeiter*innen direkt ins Berufsleben einzusteigen oder eine Lehrausbildung beginnen.
Die Möglichkeit eines direkten Berufseinstiegs ist für unbegleitete minderjährige Asylwerber*innen in der Praxis nicht gegeben. Das Ausländerbeschäftigungsgesetz verbietet ihnen zwar nicht grundsätzlich eine Beschäftigungsaufnahme, allerdings ist per Erlass des Wirtschaftsministers festgelegt, dass Beschäftigungsbewilligungen für Asylwerber*innen nur in den Bereichen der Ernte- und Saisonarbeit erteilt werden dürfen. Dies gilt sowohl für minderjährige, als auch volljährige Asylwerber*innen.
Die zweite Möglichkeit nach der Pflichtschule stellt der Beginn einer Lehrausbildung dar. Die Lehre ist eine Kombination aus schulischer und betrieblicher Ausbildung. Für Asylwerber*innen ist dieser Weg aber genauso versperrt wie der direkte Einstieg ins Berufsleben. Lehrstellen unterliegen dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und sind demnach bewilligungspflichtig und seit September 2018 gibt es auch keine Ausnahmen mehr für junge Asylwerber*innen eine Lehre zu beginnen.
Somit bleibt einzig die schulische Perspektive offen. Nur wenige junge Asylwerber*innen können oder wollen aber eine weiterführende Schule besuchen. Auch schulisch motivierte Jugendliche sind mit großen Hindernissen konfrontiert. Trotzdem gelingt es nicht wenigen Asylwerber*innen, in der Schule erfolgreich zu sein. Die Aufnahme in eine weiterführende Schule hängt weiters vom Ermessen der jeweiligen Direktor*innen ab.
Falls die Jugendlichen noch keinen Pflichtschulabschluss haben und nicht mehr schulpflichtig sind, hängt die Aufnahme in Schulen ebenfalls vom Ermessen der Direktor*innen ab.
Eine weitere Bildungschance für Kinderflüchtlinge bietet der so genannte „Zweite Bildungsweg“. Dieser soll nicht mehr schulpflichtigen Jugendlichen und Erwachsenen das Nachholen von Schulabschlüssen ermöglichen. Prinzipiell steht dieser Weg nur jenen Personen offen, die in Österreich berufstätig sind oder waren. Asylwerber*innen wären demzufolge von dieser Möglichkeit ausgeschlossen. Schulen und Bildungsträger entscheiden sich aber immer wieder dafür, Asylwerber*innen trotzdem aufzunehmen.
Seit 1. Juli 2017 gibt es in Österreich die Ausbildungspflicht bis 18. Demnach müssen sich alle jungen Menschen in Österreich bis 18 in irgendeiner Art von Ausbildung befinden. Von diesem Gesetz sind aber Asylwerber*innen explizit ausgenommen. Daher ist der Staat auch nicht verpflichtet, Ausbildungsmöglichkeiten für minderjährige Asylwerber*innen anzubieten.
Ansonsten gibt es kein bundesweites Angebot zur Bildung oder Ausbeildung von jungen Geflüchteten. Ob und welche Bildungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen ist regional sehr unterschiedlich.
Volljährig werden
Mit dem Erreichen der Volljährigkeit ändert sich die Situation für die jungen Flüchtlinge schlagartig. Die Grundversorgung zahlt ab dem 18. Geburtstag nur noch den Tagsatz für Erwachsene, daher können es sich die Fluchtwaisen–Betreuungsstellen nicht leisten, die Jugendlichen noch länger zu beherbergen. Auch wenn die Fluchtwaisen-Betreuungsstellen die Jugendlichen auf diesen Tag vorbereiten, führt die Entlassung aus der Einrichtung immer wieder zu Schwierigkeiten für die Jugendlichen.
Beteiligung
Das deutsche Bundesforum Vormundschaft und Pflegschaft hat einen Methodenkoffer zur Beteiligung von Kindern im Rechtskontext veröffentlicht.