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Stellungnahme der asylkoordination österreich
zum Entwurf der Bundesgesetzes, [27.05.2003] |
mit dem das AsylG 1997 (AsylG-Novelle 2003), das Bundesbetreuungsgesetz,
das Bundesgesetz über den Unabhängigen Bundesasylsenat
und das Meldegesetz geändert wird. |
Übersicht
Asylverfahren |
Zugang zum Asylverfahren
Antragstellung und Erstabklärung in der
Erstaufnahmestelle
Unzulässigkeit des Asylantrages
§ 6 Offensichtlich unbegründete Anträge
Einschränkung des Rechtsschutzes
Weitere Verfahrensrechte
Besonders schutzbedürftige Flüchtlinge
Familienbegriff/ Familienverfahren
Subsidiärer Schutz
Einleitende Bemerkungen
Der vorliegende Entwurf verfolgt das Ziel, die Asylverfahren
zu beschleunigen. Der Erreichung dieses Zieles werden rechtsstaatliche
Verfahrensstandards aufgegeben und verfassungsrechtlich problematische
Bestimmungen eingeführt. Weiters soll die Einrichtung von
Erstaufnahmezentren der rascheren Durchführung der Verfahren
dienen.
Seit einigen Jahren zeichnete sich ab, daß mit dem derzeitigen
Ressourcen der Asylbehörden eine zügige Durchführung
der Asylverfahren nicht mehr möglich ist. Eine adäquate
Problemlösung ist die Bereitsstellung von ausreichendem
und qualifiziertem Personal dar, Änderungen des Asylgesetzes
wären dafür nicht erforderlich.
Angesichts der massiven Eingriffe in den Rechtsschutz, der Gefahr
von Verletzungen der Genfer Flüchtlingskonvention, der
Europäischen Menschenrechtskonvention und des Übereinkommens
zur Verhütung von Folter sollte der Entwurf zurückgezogen
werden.
Die asylkoordination gibt auch zu bedenken, daß
die EU "Richtlinie des Rates über Mindestnormen für
Verfahren in den Mitgliedsstaaten zur Zuerkennung oder Aberkennung
der Flüchtlingseigenschaft" in Kürze beschlossen
und u.U. Änderungen des österreichischen Asylgesetzes
erforderlich werden. Weiters wäre zu bedenken, ob die seit
1. Jänner 2003 umzusetzende Richtlinie über Mindestnormen
für die Gewährung vorübergehenden Schutzes (2001/55/EG)
mit § 29 FrG ausreichend umgesetzt ist. Aus diesem Grund
erscheint es sinnvoll, erforderliche asylrechtliche Änderungen
in einem durchzuführen.
In der Stellungnahme zu den einzelnen Bestimmungen nimmt die
asylkoordination auf die "Änderungsvorschläge
der österreichischen Flüchtlingsorganisation für
Verbesserungen im österreichischen Asylsystem" vom
April 2003 Bezug, die von amnesty international, Asyl in Not,
asylkoordination österreich, arge Schubhaft, Bewegung
Mitmensch Weinviertel, Caritas Österreich, Diakonie, Integrationshaus,
SOS Kinderdorf, Volkshilfe Oberösterreich-Flüchtlingsbetreuung,
Volkshilfe Österreich, Zara und Zebra getragen wird.
Darin wird gefordert: Alle AsylwerberInnen sollen
das Recht auf einen effektiven Zugang zu einem Asylverfahren
erhalten, in dem die Prüfung von Abschiebungshindernissen
(Non-Refoulement-Gründen) und Rechtsschutz sichergestellt
ist. Die vorläufige Aufenthaltsberechtigung soll jedem/jeder
AsylwerberIn ab der Antragstellung bis zum rechtskräftigen
Abschluss des Verfahrens, einschließlich höchstgerichtlicher
Verfahren, zukommen.
ZUGANG ZUM ASYLVERFAHREN
Anträge bei österreichischen Botschaften
Die derzeit im Asylgesetz vorgesehene Möglichkeit,
bei einer österreichischen Botschaft Asyl zu beantragen,
sehen die österreichischen Flüchtlingsorganisationen
als einen wesentlichen Beitrag zur Eindämmung von Schlepperaktivitäten
und der lebensgefährlichen Risiken, denen Flüchtlinge
auf der Flucht ausgesetzt sind. Die Antragstellung bei einer
Botschaft ermöglicht Flüchtlingen eine legale
Einreise, die andernfalls nur in Ausnahmefällen (selbst
dann nur schwer) möglich ist. Refoulement kann nicht
nur durch aufenthaltsbeendende Maßnahmen ausgelöst
werden, sondern auch durch Verhinderung der Einreise, wenn
dies Folter oder Misshandlung auslöst. Dies muss folgerichtig
auch für die Fälle gelten, in denen sich der/die
Betroffene noch im Herkunftsstaat befindet.
Wenn Flüchtlingen in den außereuropäischen
Krisenregionen die Ausreise in einen Drittstaat in der Region
gelungen ist, finden diese Flüchtlinge derzeit keinen
dauerhaften Schutz. Diese außereuropäischen Staaten
verfügen auch nicht über die nötigen Ressourcen
zur Versorgung einer sehr großen Zahl von Flüchtlingen.
Die österreichischen Flüchtlingsorganisationen
regen daher an, dass Österreich gemeinsam mit den EU-Partnern
einen Beitrag zur Lösung des weltweiten Problems leistet
und von der Möglichkeit Gebrauch macht, in Zusammenarbeit
mit UNHCR Kontingentflüchtlinge aufzunehmen.
Zu § 16:
Die Einschränkung der Asylantragstellung bei einer
österreichischen Botschaft sehen wir als mangelnde
Bereitschaft, an dauerhaften Lösungen für Flüchtlinge
mitzuwirken. Eine legale Einreise von Asylsuchenden wird
damit unterbunden.
Die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Familieneinheit,
wie sie der Entwurf in § 16 (1) für Familienangehörigen
von Asylberechtigten vorsieht, sollte für Familienangehörige
von Personen mit subsidiärem Schutz gleichermaßen
gewährleistet werden. Es ist nicht nachvollziehbar,
daß dieses Recht Personen mit subsidiären Schutz
vorenthalten wird, da diese ebenso wie Asylberechtigte nicht
in ihre Heimat zurückkehren können. Eine Differenzierung
zwischen Flüchtlingen im Sinn der GFK und Personen
mit subsidiärem Schutz erscheint in dieser Frage nicht
gerechtfertigt.
Überdies möchten wir anregen, den zuständigen
Behörden die Möglichkeit einzuräumen, im
Rahmen ihres Ermessens ohne Berücksichtigung des im
Asylgesetz normierten Familienbegriffs in Einzelfällen
aus humanitären Gründen ein Visum zur Einreise
zu erteilen.
Zu § 31 (1) des Entwurfs:
Verfahren, die im Ausland gestellt werden, sollten mit den
üblichen Verfahrensgarantien ausgestattet werden.Verfahrensrechtlich
muss im Botschaftsverfahren die Entscheidung des Bundesasylamtes
als Bescheid ausgestellt werden. Nur dann kann eine rechtsstaatliche
Überprüfung der Entscheidung stattfinden. Der
derzeitige Zustand - nur eine formlose Mitteilung, dass
die Einreise wegen Unwahrscheinlichkeit der Asylgewährung
nicht gewährt wird und der Antrag als gegenstandslos
abgelegt wird - ist wohl in Widerspruch zu Art. 13 EMRK,
der ein Recht auf wirksame Beschwerde in Refoulement betreffenden
Fragen zwingend vorsieht. Auch sind österreichische
Botschaftsangehörige in Vollziehung österreichischer
Gesetze an die EMRK gebunden, wie auch die Straßburger
Organe in ihrer Spruchpraxis festgestellt haben [Z.B. EKMR 25.09.1965, Fall X. gegen BRD.].
An der Grenze und im Grenzkontrollbereich gestellte Asylanträge
Es soll nach Ansicht der österreichischen Flüchtlingsorganisationen
keinen Unterschied machen, ob ein Flüchtling an der
Landesgrenze, am Flughafen oder bereits im Inland einen
Asylantrag stellt. In Übereinstimmung mit der EMRK
sollen sie jedenfalls so lange zum Aufenthalt berechtigt
sein, bis über den Asylantrag endgültig entschieden
wurde. Die österreichischen Flüchtlingsorganisationen
fordern in ihrem Änderungsvorschlag:
Nach Asylantragsstellung im Inland oder an der Grenze sollen
während des gesamten Asylverfahrens grundsätzlich
keine Verfahren zu aufenthaltsbeendenden Maßnahmen
durchgeführt werden, Schubhaft von AsylwerberInnen
soll unzulässig werden. Wegen unrechtmäßiger
Einreise von AsylwerberInnen und Verletzung der Paßpflicht
sollen in Konformität mit der Genfer Flüchtlingskonvention
(GFK) keine Strafen verhängt werden.
§ 17
§ 17 der Begutachtungstextes, wonach eine Asylantrag
weder an einer Grenzkontrollstelle noch innerhalb eines
etwa 10 km breiten Grenzkontrollbereichs gestellt werden
kann, sondern mit einer Zurückweisung vorzugehen ist,
steht diesen Forderungen diametral entgegen und könnte
zu Verletzungen des völkerrechtlichen Refoulementverbots
führen.
Das Refoulementverbot des Artikels 33 GFK ist auf jeden Flüchtling
und - unter Berücksichtigung des deklaratorischen Charakters
der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft - Asylsuchenden
anwendbar und gilt sowohl für den bereits auf dem Territorium
eines Vertragsstaates aufhältigen, als auch für den
an der Grenze befindlichen Asylsuchenden [Artikel 33 (1)
GFK lautet: "Kein vertragschließender Staat darf einen Flüchtling
in irgendeiner Form in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen,
wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse,
seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu
einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten
bedroht wäre".]. Aus Artikel 33 GFK folgt ein Recht auf
Zugang zu einem Verfahren zur Überprüfung der Einhaltung
des Refoulementverbots. In diesem Zusammenhang ist zu beachten,
dass eine Zurückweisung über eine Grenze auch dann
völkerrechtlich unzulässig ist, wenn die Gefahr für
Leben oder Freiheit mittelbar daraus entspringt, daß der/die
Betroffene in ein Land verbracht wird, aus welchem wiederum
eine Weiterschiebung in einen den/die Einzelne/n unmittelbar
verfolgenden Staat droht (Kettenabschiebung). Da das Refoulementverbot
somit auch Abschiebungen und Zurückweisungen in Staaten
verbietet, in welchen zwar keine unmittelbare Verfolgung droht,
jedoch die Gefahr einer Weiterschiebung bis in das Verfolgerland
droht, besteht das Zugangsrecht zu einem Verfahren auch für
Personen, die nicht unmittelbar aus dem Verfolgerland einreisen,
sofern nicht absolut ausgeschlossen werden kann, dass
eine solche Kettenabschiebung erfolgt.
Diese Vorgangsweise steht auch in Widerspruch zu der in
Artikel 3 (1) des Dubliner Übereinkommens formulierten
Verpflichtung Österreichs, daß "die Mitgliedstaaten
jeden Asylantrag, den ein Drittstaatsangehöriger an
der Grenze oder im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats stellt,
prüfen." [Verordnung des Rates zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist.]
Flughafen
Die österreichischen Flüchtlingsorganisationen
weisen in ihrem Änderungsvorschlag darauf hin, daß
die Anhaltung im "Sondertransit" nur unter Maßgabe
des Art. 5 EMRK und unter den gleichen Voraussetzungen wie
die Schubhaft zulässig ist. Der EGMR hat im Fall Amuur
klargestellt, daß die EMRK auch auf solche Flughafenverfahren
anzuwenden ist. Auch muß das Vorliegen eines Abschiebungshindernisses
nach Art. 3 EMRK in jedem Fall individuell in einem ordentlichen
Verfahren geprüft werden.
Diesen Erfordernissen trägt des Flughafenverfahren
nicht Rechnung.
Weiters ist die asylkoordination der Meinung, daß
die nur für über den Flughafen angereiste AsylwerberInnen
anwendbare Bestimmung des § 6 Abs 1 Zi 4, wonach Asylanträge
als offensichtlich unbegründet abzuweisen sind, wenn
das Vorbringen zu einer Bedrohungssituation offensichtlich
den Tatsachen nicht entspricht, dieses Verfahren zusätzlich
verkompliziert. (zur grundsätzlichen Kritik an §
6 - Verfahren siehe unten)
§ 18
Der Auftrag an die Sicherheitsbehörden (§ 18 Abs.1),
Asylsuchende an die Erstaufnahmestelle vorzuführen,
bedingt eine vorhergehende Festnahme. Diese erscheint von
Art. 5 EMRK und den Bestimmungen des PersFrG nicht mehr
gedeckt zu sein. Die Festnahme zur Sicherung eines antragsbedürftigen
Verwaltungserfahrens erscheint verfassungsrechtlich unzulässig.
Verfassungsrechtliche Bedenken hegt die asylkoordination
auch gegen die in § 18 (3) vorgeschriebene Personendurchsuchung,
die Sicherung von Gegenständen oder Dokumenten aus
dem Eigentum einer Person (§ 18 (4). Hier liegt ein
ungerechtfertigter Eingriff in das Eigentumsrecht des Asylwerbers
vor und sollte deswegen gestrichen oder zumindest die Zustimmung
der betreffenden Person erteilt werden.
Schutz vor Aufenthaltsbeendigung und Aufenthaltsrecht
Zu § 21
Die EMRK gebietet in jedem Refoulementverfahren die aufschiebende
Wirkung einer Berufung, da Art.3 iVm Art. 13 EMRK (wirksame
Beschwerde) eine unabhängige und genaue Untersuchung
des Asylantrages und die Aufschiebung der Umsetzung der
Entfernungsmaßnahme verlangt [EGMR, Urteil vom 11.7.2000, (Jabari gegen Türkei), Beschwerde 40035/98.]. Jede Abschiebung von
AsylwerberInnen vor Rechtskraft der Entscheidung ist daher
menschenrechts- und verfassungswidrig.
Die österreichischen Flüchtlingsorganisationen
fordern, die derzeit bestehende Rechtsschutzlücke zwischen
Erlassung eines negativen UBAS-Bescheides und der Zuerkennung
der aufschiebenden Wirkung durch die Höchstgerichte
zu schließen. Den Flüchtlingsorganisationen ist
eine Reihe von Fällen bekannt, in denen höchstgerichtlichen
Beschwerden stattgegeben wurde, der/die AsylwerberIn jedoch
noch vor Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung abgeschoben
wurde.
Der Gesetzesentwurf wird diesen oben genannten Normen nicht
gerecht.
Gemäß der vorgeschlagenen Neufassung des §
21 (1) sollen auf Fremde, die faktischen Abschiebeschutz
genießen, oder denen als Asylwerber eine Aufenthaltsberechtigungskarte
ausgestellt wurde, nunmehr auch die §§ 33 FrG
(Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel) und 55 FrG (Zurückschiebung)
anwendbar sein. § 21 (1) des Entwurfs steht somit in
Widerspruch mit § 19 (1) und (2) des Entwurfs.
Im Sinne eines lückenlosen Abschiebeschutzes für
AsylantragstellerInnen sollten zumindest die betreffenden
Paragraphen des Fremdengesetzes wieder aufgenommen werden.
Es wird weiters angeregt, AsylwerberInnen im Sinne der Verwaltungsökonomie
auch von den übrigen Tatbeständen des § 36
(Aufenthaltsverbot) auszunehmen
Die asylkoordination befürchtet, daß durch die
Übermittlung von Daten an die Behörden des Herkunftsstaates
noch vor der Rechtskraft einer abweisenden oder zurückweisenden
Entscheidung zur Angehörigen im Herkunftsstaat oder
AsylwerberInnen selbst gefährdet werden könnten
und schlägt vor, daß die Datenweitergabe erst
nach rechtskräftiger Abweisung zulässig ist.
§ 5a Abs 1 und § 6 Abs 3
Die im Entwurf in § 5a Abs 1 und § 6 Abs. 3 vorgesehene
sofortige Durchsetzbarkeit einer Ausweisung, die mit dem
Zurückweisungsbescheid bzw. einer Abweisung gemäß
§ 6 zu verbinden ist, widerspricht dem im AVG üblichen
Grundsatz der aufschiebenden Wirkung einer Berufung. Falsche
Entscheidungen in erster Instanz können zu einer Verletzung
des Refoulementverbots führen. Nur wenn es einem/r
Antragsteller/in gestattet wird, das Ergebnis einer Berufung
gegen einen negativen erstinstanzlichen Bescheid im Hoheitsgebiet
abzuwarten, kann ein wirksamer Rechtsbehelf gegen diese
Entscheidung eingelegt werden.
ANTRAGSTELLUNG UND ERSTABKLÄRUNG IN DER ERSTAUFNAHMESTELLE
Antragstellung und Erstabklärung in der Erstaufnahmestelle
Die Aufnahme von AsylwerberInnen
in eine Betreuungs- bzw. Erstaufnahmestelle, die Information
und rechtliche Beratung der Betroffenen sowie eine rasche
erste Befragung sollen eine zügige Behandlung eines
Asylantrags gewährleisten. Insofern begrüßt
die asylkoordination den im Entwurf vorgesehenen Verfahrensablauf,
der geeignet erscheint, die derzeit mehrmonatige Wartzeit
bis zu einer ersten Befragung zu verkürzen.
§ 34b Abs. 1 Zi 1 sieht die Verhängung
von Schubhaft vor, sollte sich der Asylwerber ungerechtfertigt
aus der Erstaufnahmestelle entfernen.
Eine rechtliche Klarstellung hinsichtlich der Gründe,
die das Verlassen der Erstaufnahmestelle rechtfertigen,
ist nach Meinung der asylkoordination unerläßlich.
Ohne diese Klarstellung könnte bereits der Besuch eines
Arztes, von Familienangehörigen oder Bekannten oder
das Aufsuchen einer Flüchtlingsberatungsstelle zur
Folge haben, daß die Schubhaft angeordnet wird. Es
finden sich auch keine Hinweise, vor welcher Behörde
(Bundesasylamt oder zuständige Fremdenpolizeibehörde)
sich ein Asylwerber gegebenenfalls rechtfertigen soll und
ob in diesem Fall ein Asylwerber die Unterstützung
eines Rechtberaters erhält. Diese Art der Schubhaftverhängung
ist - weil dem PersFrG widersprechend und alsBeugehaft zu
werten - absolut abzulehnen.
Aus diesen und grundsätzlichen Bedenken gegen die Schubhaftnahme
von AsylwerberInnen empfehlen wir die Streichung dieser
Bestimmung.
§ 26 - Belehrung
Die asylkoordination österreich regt an, § 26
(1) des Entwurfs insofern zu ergänzen, als das genannte
Merkblatt zusätzlich Informationen über den Verlauf
der Verfahren enthalten sollte. Neben schriftlichen Informationen
sollten AsylwerberInnen auch auf andere Weise über
Rechte und Pflichten im Asylverfahren informiert werden
(mündlich, durch audiovisuelle Medien), da Lesekundigkeit
nicht vorausgesetzt werden kann.
§ 27 - Vernehmung
§ 27 (3) AsylG soll unbedingt in seiner derzeitigen
Fassung beibehalten und Asylsuchenden zu jedem Zeitpunkt
des Verfahrens das Recht gewährt werden, Vertrauenspersonen
beizuziehen. Da es sich bei einem Asylverfahren um ein Verfahren,
in dem es um das weitere Schicksal der betroffenen Person
geht und in dem Asylsuchende sehr persönliche und einprägsame
Erlebnisse gegenüber einer fremden Behörde vorbringen
müssen, sollte es Asylsuchenden daher grundsätzlich
möglich sein, sich von Personen ihres Vertrauens jederzeit
unterstützen zu lassen. Dies sieht auch Artikel 14
(7) der Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27. Januar 2003
zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von
Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten [ABl. L 31/18 vom 6. Februar 2003.] vor, wo es heißt,
dass Rechtsbeistände oder -berater von Asylsuchenden
sowie Vertreter des UNHCR Zugang zu den Aufnahmezentren
und sonstigen Unterbringungseinrichtungen erhalten, um Asylsuchenden
zu helfen.
Zwecks späterer Überprüfung sollten Tonbandaufnahmen
vom Interview gemacht werden.
§ 24a (8) Ladungen
Die asylkoordination hält die Regelung im Entwurf,
wonach Ladungen in Zulassungsverfahren in Zukunft nur den
Asylsuchenden persönlich oder deren Rechtsberater in
der Erstaufnahmestelle zugestellt werden soll, für
äußerst bedenklich. Da es sich bei einem Asylverfahren
um ein ausgesprochen komplexes Verwaltungsverfahren handelt,
sollte jede/r Asylsuchende neben dem Recht, sich vertreten
zu lassen, auch die Möglichkeit haben - wie es grundsätzlich
üblich ist - den/die Rechtsvertreter/in als Zustellungsbevollmächtigte/n
zu bestimmen. Zumindest sollte auf jeden Fall vorgesehen
werden, dass im Falle der Rechtsvertretung eine Ladung auch
an den/die Rechtsvertreter/in zugestellt wird.
§§ 39a und 39b Rechtsberater
Die österreichischen Flüchtlingsorganisationen
sehen faire und rechtsstaatliche Asylverfahren nur dann
gewährleistet, wenn AsylwerberInnen ein effektiver
Zugang zu Information und Beratung vor der Ersteinvernahme
gewährleistet werden. Es sollte daher für die
Einrichtung der Infrastruktur von unabhängigen und
nicht gewinnorientierten Flüchtlingsberatungsorganisationen
Sorge getragen werden. Die Organisationen fordern eine bedarfsentsprechende
Anwesenheit von FlüchtlingsberaterInnen in den EAST.
Nach den Vorstellungen der österreichischen Flüchtlingsorganisationen
sollen MitarbeiterInnen bestimmter, nicht gewinnorientierter
NGOs als FlüchtlingsberaterInnen vorgeschlagen werden.
Um die Qualität der Rechtsberatung und um unabhängige
Entscheidungen zu gewährleisten, sollte die Zulassung
geeigneter NGOs durch eine unabhängige Kommission erfolgen.
Organisationen sollten von dieser Kommission akkreditiert
werden, bei Nichteinhaltung der gesetzten Kriterien ist
die Akkreditierung durch die Kommission wieder zu entziehen.
Als Kriterien für FlüchtlingsberaterInnen werden
einschlägige juristische Kenntnisse des Asyl- und Verwaltungsverfahrensrechts,
interkulturelle Kenntnisse sowie soziale Kompetenz vorgeschlagen.
FlüchtlingsberaterInnen müssen das Recht auf Anwesenheit
bei der Ersteinvernahme (d.h. der Dateneingabe und dem "Pre-Screening")
haben, bei jeder weiteren Einvernahme muss die Anwesenheit
gewährleistet sein. FlüchtlingsberaterInnen müssen
insbesondere ein Fragerecht und Beweisantragsrecht haben.
Allgemein müssen sie das Recht erhalten, Anträge
zum Vorteil des/der AsylwerberIn zu stellen. FlüchtlingsberaterInnen
müssen das Recht auf jederzeitige Akteneinsicht und
kostenlose Kopien erhalten. Sie müssen das Recht haben,
sich auf die Vollmacht gem. §10 AVG zu berufen.
Der Entwurf zur Asylnovelle schränkt hingegen den Aufgabenbereich
für RechtsberaterInnen auf die Teilnahme bei einer
zweiten Einvernahme bei geplanter Unzulässigkeit des
Asylantrags ein.
Die asylkoordination begrüßt zwar die Installierung
von RechtsberaterInnen als ersten Schritt, hat aber Bedenken
gegen den eingeschränkten Tätigkeitsbereich sowie
gegen die in § 39b vorgesehene Auswahl durch den Bundesminister
für Inneres. Er ist bei seiner Entscheidung an keinerlei
Vorschläge von Experten gebunden, sodaß die Unabhängigkeit
der Rechtsberater nicht gewährleistet ist.
Außerdem sollten das in § 39a Abs.1 genannte
Anforderungsprofil "rechtskundige Personen mit Spezialwissen
im Bereich Asyl- und Fremdenwesen" in die Formulierungen
des § 39b Abs. 1 einfließen, da nur so das notwendige
asyl- und fremdenrechtliche Spezialwissen gewährleistet
ist. Für Personen ohne Abschluß eines rechtswissenschaftlichen
Studium ist nach Meinung der asylkoordination eine 5jährige
hauptamtliche Berufspraxis eine überzogene Voraussetzung.
An dieser Stelle erlaubt sich die asylkoordination anzuregen,
für die MitarbeiterInnen des Bundesasylamt ein ähnliches
Anforderungsprofil zu erstellen.
Zu § 40a Rückkehrberatung
Es scheint geplant zu sein, Rückkehrberatung unmittelbar
nach Einbringung eines Asylantrags anzubieten bzw. durchzuführen. Die asylkoordination gibt zu bedenken, daß AsylwerberInnen
unmittelbar nach ihrer Ankunft keine Entscheidungen mit
so weitreichenden Folgen abverlangt werden sollten. Der/die
Rechtsberater/in sollte jedenfalls bereits beim Erstgespräch
und nicht erst bei einem abschließenden Gespräch
beigezogen werden, da ausreichend Zeit für eine umfassende
Beratung erforderlich ist.
Zu § 6 Abs 2 BbetrG Unbefugtes Betreten der Erstaufnahmestelle
oder Bundesbetreuungseinrichtung
Die Formulierung des Entwurfs, mit der dem Bundesminister
für Inneres die Erlassung einer Verordnung eingeräumt,
um unbefugtes Betreten von Asylwerberunterkünften zu
unterbinden, bietet einen weiten Interpretationsspielraum.
Es kann dadurch nicht ausgeschlossen werden, daß MitarbeiterInnen
von Flüchtlingsberatungsorganisationen, AnwältInnen
oder Angehörigen Flüchtlingsunterkünfte verschlossen
bleiben.
UNZULÄSSIGKEIT DES ASYLANTRAGES
Die asylkoordination vertritt die Ansicht, daß von
Drittstaatsverfahren prinzipiell abgesehen werden sollte.
Die Zuschreibung der Verantwortlichkeit für die Prüfung
eines Asylantrags an andere Staaten widerspricht dem Geist
der Genfer Flüchtlingskonvention. Sie löst sekundäre
Migrationsbewegungen von Asylsuchenden und Flüchtlingen
aus und könnte letztlich dazu führen, daß
einem Flüchtling in keinem der Staaten die ihm zustehenden
Recht zuerkannt werden. Durchgesetzt werden soll das Prinzip
des "one chance only". Dies führt dazu, daß
nach Abweisung eines Asylantrags in einem Staat kein weiterer
Antrag gestellt werden kann, selbst wenn das Verfahren aus
formalen Gründen abgewiesen wurde oder der Asylwerber
mangels ausreichender Rechtskenntnisse und fehlender Rechtsberatung
seine Verfahrensrechte nicht ausreichend wahrgenommen hat.
Während bei den im Dubliner Übereinkommen festgelegten
Zuständigkeitskriterien zumindest auch humanitäre
oder familiäre Gründe berücksichtigt werden
können, haben diese bislang ins Konzept der "sicheren
Drittstaaten" keine Aufnahme gefunden.
In den Beschlüssen des Executive Committee des UNHCR werden
neben der Einhaltung des Refoulement-Verbot des Art. 33 GFK
noch weitere Kriterien genannt, um von einem "sicheren
Drittstaat" sprechen zu können. Conclusion No. 15,
24 und 58 führen an [Conclusion No. 15 lit. (e) und (h), No. 24 Z 5, No. 58 lit. (f). Report of the 30th Session: UN doc. A/AC.96/572, para. 72 (2), Report of the 32nd Session: UN doc. A/AC.96/601, para. 57 (4), Report of the 40th Session: UN doc. A/AC.96/737, part N. In GOODWIN-GILL G.S., The Refugee in International Law, 475ff, 484f, 498ff.]:
The criteria [...] should take into account the
duration and nature of any sejour of the asylum seeker
in other countries.
The intention of the asylum seeker as regards the country
in which he wishes to request asylum should as far as possible
be taken into account.
Regard should be made to the concept that asylum should
not be refused solely on the ground that it could be sought
from another State. Where, however, it appears that a person,
before requesting asylum, already has a connection or close
links with another State, he may if it appears fair and
reasonable be called upon first to request asylum from that
State [Vgl. auch Asylrechtsdeklaration 1977 Art.1 para. 2: "Asylum should not be refused by a Contracting State solely on the ground that it could be sought from another State. However, where it appears that a person requesting asylum from a Contracting State already has a connection or close links with another State, the Contracting State may, if it appears fair and reasonable, require him first to request asylum from that State."].
Where refugees and asylum seekers nevertheless move in
an irregular manner from a country where they have already
found protection, they may be returned to that country if
(i) they are protected there against refoulement and (ii)
they are permitted to remain there and to be treated in
accordance with recognized basic human standards until a
durable solution is found for them...
It is recognized that there may be exceptional cases
in which a refugee or asylum seeker may justifiably claim
that he has reason to fear persecution or that his physical
safety or freedom are endangered in a country where he previously
found protection. Such cases should be given favourable
consideration by the authorities of the State where he requests
asylum.
It is hoped that countries of asylum will apply liberal
criteria in identifying those familiy members who can be
admitted with a view to promoting a comprehensive reunification
of the familiy.
In dem gemeinsamen Änderungsvorschlag
der NGOs wird insbesondere darauf hingewiesen, dass die Umsetzung
der Drittstaatskonzepte sich als faktisch undurchführbar
erwiesen hat.
§ 4 AsylG 1997 über die Drittstaatssicherheit wurde
seit seinem kurzen Bestehen bereits zwei Mal novelliert, ohne
dass die verfahrensrechtliche Komplexität geringer geworden
wäre.
Gemäß einer von der Europäischen Kommission
durchgeführten Evaluierung des Dubliner Übereinkommens
ergab sich, daß lediglich in 1,7 Prozent aller Asylgesuche
in der Europäischen Union Asylsuchende tatsächlich
in einen anderen EU-Mitgliedsstaat überstellt werden.
Die Einleitung solcher Zuständigkeitsverfahren führte
in vielen Fällen zu einer Verfahrensverzögerungen,
die ein Einzelfällen länger als ein Jahr betragen.
Zu § 24a (7): Die Einstellung des Zulässigkeitsverfahrens
20 Tage nach Einbringung des Antrags wird ausdrücklich
begrüßt.
§ 4 sichere Drittstaaten
Im Änderungsvorschlag der NGOs werden massive Bedenken
gegen Listen sicherer Drittstaaten oder sicherer Herkunftsstaaten
geäußert. Solche Listen wären EMRK-widrig
und damit verfassungswidrig, wenn nicht gewährleistet
ist, daß in jedem Einzelfall eine individuelle Prüfung
des Antrages auf Schutzgewährung vorgenommen wird. Gerade
angesichts der Rechtsprechung des UBAS, nach der derzeit von
keinem der in Frage kommenden Länder davon ausgegangen
werden kann, daß der Zugang zu einem Asylverfahren gewährleistet
und keine Gefahr von Refoulement besteht, ist die unwiderrufliche
Festschreibung sicherer Drittstaaten äußerst bedenklich.
Die asylkoordination vermißt darüberhinaus eine
Offenlegung der Kriterien.
Die vorgeschlagene Neufassung ist so formuliert, daß
die Asylbehörden verpflichtet sind, einen Asylantrag
im Falle von Drittstaatssicherheit als unzulässig abzuweisen.
Die asylkoordination schlägt vor, sollte das sichere
Drittstaatenkonzept beibehalten werden, § 4 (1) so zu
formulieren, daß die Asylbehörden von der Führung
eines Drittstaatsverfahren absehen und in der Sache selbst
entscheiden können.
§ 4a (3) Ausnahmen
Aus der Studie der asylkoordination zum Asylgesetz 1997 [asylkoordination österreich: Schutzsuchende an der EU-Außengrenze. Österreichs neues Asylgesetz am Prüfstand. Dezember 2000]geht
hervor, daß 15 Prozent der AsylwerberInnen im Drittlandverfahren
familiäre Bindungen zu in Österreich lebenden Angehörigen
hatten. Diese konnten jedoch nicht berücksichtigt werden,
da den Angehörigen nicht Asyl gewährt wurde, sondern
sie über ein anderes Aufenthaltsrecht verfügten
oder nicht dem engen Familienbegriff entsprachen. Die gesetzliche
Regelung läßt nicht einmal Spielraum für humanitäre
Gründe offen. Der Verfassungsgerichtshof sprach sich
zur Vermeidung einer möglichen Verletzungen von Art 8
EMRK für die Durchführung des Asylverfahrens in
Österreich trotz Zuständigkeit eines anderen EU-Staates
aus ["Im Hinblick auf eine gleichheitskonforme Vollziehung des AsylG muss auch auf den Fall Bedacht genommen werden, dass ein naher Angehöriger in Österreich aufhältig ist, jedoch nicht asylberechtigt ist, aber die Familie aufgrund politischer Konflikte gezwungen ist, den Heimatstaat zu verlassen. Mangels ausdrücklicher Regelung dieses Falles im DÜ sowie im AsylG ist (...) in verfassungskonformer Interpretation der genannten Vorschriften davon auszugehen, dass die Behörde - wie auch im Falle eines asylberechtigten Angehörigen (..) zu prüfen hat, ob ein Familienleben gemäß Art8 EMRK in einem anderen Vertragsstaat oder nur in Österreich möglich ist. Letzteren Falles müsste das Bundesasylamt von seinem 'Selbsteintrittsrecht' gemäß Art3 Abs 4 DÜ Gebrauch machen. VfGH G 117 vom 8.3.2001].
Es wird daher empfohlen, bei familiären Bindungen zu
in Österreich lebenden Familienangehörigen kein
Drittstaatsverfahren durchzuführen, zumindest wäre
eine dem Dubliner Übereinkommen entsprechende humanitäre
Klausel vorzusehen.
Weiters wird empfohlen, Flüchtlinge, die als besonders
schutzbedürftig anzusehen sind, wie Folteropfer, Schwangere,
Gebrechliche, Minderjährige, von Drittlandsverfahren
auszunehmen. Die asylkoordination begrüßt die vorgeschlagene
Ausnahme für traumatisierte Flüchtlinge und Folteropfer
(§ 24b (1), hat jedoch hinsichtlich der Praktikabilität
Bedenken. (siehe unten Kap. Traumatisierte und Folteropfer
)
Sollte an dem Konzept sicherer Drittstaaten festgehalten werden,
müßten jedenfalls der Zugang zu einem inhaltlichen
Verfahren im Drittstaat gesichert sein. Die asylkoordination
schlägt diesbezüglich vor, eine Zuständigkeitserklärung
für die Durchführung eines inhaltlichen Asylverfahrens
wie im Dublin-Verfahren auch bei "sicheren Drittstaaten"
vorzusehen.
§ 6 OFFENSICHTLICH UNBEGRÜNDETE ANTRÄGE
Die asylkoordination schlägt vor, von speziellen Bestimmungen
für offensichtlich unbegründete Anträge abzusehen.
Über vier Jahre Erfahrungen mit diesen Spezialverfahren
haben gezeigt, daß die Entscheidung des Bundesasylamts
der Überprüfung vielfach nicht standhielten (jede
Dritte 1998 und 1999, jede Vierte im Jahr 2000 und 2001).
Erst eine Reihe von Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes
schränkte die Anwendung einzelner Bestimmungen des §
6 deutlich ein. Er verwies darin auf die Komplexität
von Fragestellungen, die eines sorgfältigen und umfassenden
Ermittlungsverfahrens bedürfen und darauf hin, daß
aus einer ersten oberflächlichen Prüfung oft nicht
auf fehlende Asylgründe oder Verfolgungsgefahr geschlossen
werden kann (etwa bei Angehörigen ethnischer Minderheiten,
Verfolgung durch Dritte, bei Anwendung der innerstaatlichen
Fluchtalternative).
Die Novelle berücksichtigt zwar einige der Kritikpunkte
(so entfällt die mangelnde Mitwirkung, und die offensichtliche
Tatsachenwidrigkeit des Vorbringens wird nach dem Entwurf
auf Flughafenverfahren eingeschränkt), führt jedoch
wesentlich weiter reichende Bestimmungen zur Abweisung eines
Antrags als offensichtlich unbegründet ein. Hinsichtlich
der Sinnhaftigkeit dieses Spezialverfahren stellte auch der
Unabhängigen Bundesasylsenat die Frage, "ob bzw.
in wie weit ein derartiges, in seiner gesamten Sensibilität
nicht gerade unaufwendiges "Spezial"-Verfahren,
dessen besondere Qualifikation sich ohne weitergehende Probleme
in einem "normalen" Asylverfahren berücksichtigen
ließe, im Interesse einer sinnvollen Verwaltungs- und
Verfahrensökonomie überhaupt weiter beibehalten
werden soll." [Unabhängigen Bundesasylsenat: Tätigkeitsbereicht für die Jahre 2000 und 2001. Mai 2002, S 18.]
Die Studie der asylkoordination hebt hervor, daß es
keine deutliche Abgrenzung zwischen einem offensichtlich unbegründeten
Asylantrag und einem regulären Verfahren gemäß
§ 7 gibt. In beiden Fällen ist ein vollständiges
Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die - im Fall der
offensichtlich unbegründeten Anträge mit an Sicherheit
grenzende Wahrscheinlichkeit, mit der eine Verfolgungsgefahr
auszuschließen ist, stellt in den beiden Verfahren letztlich
nur einen graduellen Unterschied dar. Lediglich die Rechtsbedingung,
ob ein sonstiger Hinweise auf eine Verfolgungsgefahr vorliegt
(vorwiegend aufgrund der allgemeinen Situation im Herkunftsland),
und das eindeutige Fehlen jeder Grundlage schließt die
Abweisung des Antrags als offensichtlich unbegründet
eindeutig aus.
Die asylkoordination plädiert dafür, sollten Verfahren
nach § 6 dennoch beibehalten werden, jedenfalls von der
zwingenden Abweisung bei Vorliegen einer der Voraussetzungen
abzugehen und die eindeutige Abgrenzung offensichtlich unbegründeter
Anträge durch die Voraussetzung "ohne sonstigen
Hinweis auf eine Verfolgungsgefahr" und das eindeutige
Entbehren jeder Grundlage beizubehalten.
Zu § 6 (1) Ziffer 1 Liste sicherer Herkunftsländer
Die vorgeschlagene Bestimmung führt dazu, daß nunmehr
keine individuelle Prüfung mehr stattfinden kann. Dies
widerspricht der Genfer Flüchtlingskonvention. Der derzeit
bestehende Abweisungsgrund wegen Herkunft aus einem sicheren
Drittstaat hatte (§ 6 Ziffer 5) hatte gemäß
der Studie der asylkoordination keine Praxisrelevanz. Anträge
von Asylsuchenden aus den nun als sichere Herkunftsstaaten
genannten Ländern bewegen sich unterhalb des Promillebereichs
(von rund 120.000 Anträgen in den letzten 5 Jahre waren
22 aus den angeführten Herkunftsländern)
Zu § 6 (1) Ziffer 2 Täuschung
Viele Flüchtlinge sind undokumentiert oder mit ge- oder
verfälschten Dokumenten auf der Flucht. Häufig kommt
es zu Unklarheiten über ihre (wahre) Identität, die
teilweise daraus resultieren, daß sie im Wunsch, ein anderes
Zielland zu erreichen, vorerst eine andere Identität angeben.
Übersetzungs- und Transkriptionsfehler sind eine weitere
Ursache für unterschiedliche Identitätsangaben. Hegt
die Behörde Zweifel an der Identität, müßte
der Asylwerber diese durch Beweise entkräftigen, was aber
aufgrund der Flüchtlingssituation oft nicht möglich
ist. Die Erfahrungen der Flüchtlingsorganisationen mit
der Überprüfung von Dokumenten zeigen, daß bei
fehlenden Vergleichsdokumenten die vorgelegten Dokumente als
gefälscht beurteilt werden und selten durch aufwendige
Recherchen der Beweis des Gegenteils möglich ist. Der Verwaltungsgerichtshof
hat klargestellt, daß die Identitätstäuschung
durch den Asylwerber alleine noch nicht den Tatbestand der offensichtlichen
Unbegründetheit herzustellen geeignet ist [VwGH 21.11.2002,
Zl: 99/20/0549].
Gerade die Verfolgungssituation bringt mit sich, daß
Flüchtlinge sich nicht mit der Staatsangehörigkeit
ihres Verfolgerstaates identifizieren. So wird beispielsweise
ein tschetschenischer Flüchtling nicht behaupten, russischer
Staatsangehöriger zu sein. Bei falschen Angaben über
die Staatsangehörigkeit kann nicht ausgeschlossen werden,
daß Fluchtgründe in einem anderen Land vorliegen.
Zu § 6 (1) Ziffer 3 Behauptung von Schutzgründen
In der Studie der asylkoordination wird auch aufgezeigt, daß
fehlendes asylrelevantes Vorbringen in den § 6 Entscheidungen
der österreichischen Asylbehörden kaum relevant
war. Es fehlte nicht am Vorbringen einer Verfolgungsgefahr,
sondern das Vorbringen wird als nicht asylrelevant angesehen.
Damit werden Fragen Gegenstand eines beschleunigten Verfahrens,
die eben nicht eindeutig sind, sondern der Interpretation
unterliegen.
Mit der geänderten Formulierung der Ziffer 3 wird dem
aufgezeigten Problem der Interpretation anerkennenswerter
Gründe für Asyl oder subsidiären Schutz jedenfalls
nicht Rechnung getragen. Bei Fortsetzung der bisherigen Praxis
des Bundesasylamtes, subsidiäre Gründe kaum zu ermitteln,
geht die Intention der Berücksichtigung solchen Vorbringens
ins Leere. Es ist auch fraglich, ob beispielsweise eine Erkrankung,
deren Behandlung im Herkunftsstaat nicht möglich wäre
(beispielsweise Aids) im Rahmen einer Einvernahme tatsächlich
als subsidiärer Schutzgrund vorgebracht wird.
EINSCHRÄNKUNG DES RECHTSSCHUTZES
Ein wichtiger, nicht einschränkbarer Eckpunkt eines rechtsstaatlichen
Verfahrens ist das Recht auf wirksame Beschwerde. So verlangt
insbesondere die EMRK, dass negative Entscheidungen vor einer
unabhängigen Untersuchungsinstanz angefochten werden
können, die sowohl Tatsachen- wie auch Rechtsfragen überprüfen
kann. Berufungen muss jedenfalls aufschiebende Wirkung zukommen.
Diesem Verfahrensgrundsatz zufolge soll der Hinweis auf die
mangelnde aufschiebende Wirkung in § 29 (2) des Entwurfs
sowie in § 32 Abs. 2,3, und 8 gestrichen werden.
Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Berufung
gegen einen unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten
Asylantrag
Die österreichischen Flüchtlingsorganisationen vertreten
die Auffassung, dass eine wirksame Berufung eines/r Asylsuchenden
an eine - von der erstinstanzlichen Behörde unabhängige
- Verwaltungsbehörde oder an ein Gericht, die/das befugt
ist, sowohl Tatsachen- als auch Rechtsfragen zu prüfen,
eine unabdingbare Voraussetzung für ein faires rechtsstaatliches
Asylverfahren ist.
Die in § 32 (2), (3), (4) und (8) vorgesehenen weitreichenden
Ausnahmen vom Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Berufungen
stellt angesichts der schwerwiegenden Folgen einer falschen
Entscheidung in erster Instanz eine grundlegende Garantie
dar. Diese Garantie ergibt sich vor allem aus dem Grundsatz
des Refoulementverbots. Wenn es einem/r Antragsteller/in nicht
gestattet wird, das Ergebnis einer Berufung gegen einen negativen
erstinstanzlichen Bescheid im Hoheitsgebiet abzuwarten, ist
der Rechtsbehelf gegen diese Entscheidung unwirksam. Dieser
Grundsatz ist in allen Fällen zu beachten, unabhängig
davon, ob eine ablehnende Entscheidung in einem Zulässigkeitsverfahren
oder bei der Prüfung der Begründetheit des Antrags
getroffen wird.Durch die mit der zurückweisenden Entscheidung
gemäß §§ 4, 4a und 5 zu verbindende Ausweisung
und deren sofortige Durchsetzbarkeit (§ 5a (1) des Entwurfs)
sind AsylwerberInnen faktisch an der Einbringung eines Rechtsmittels
gehindert.
Die in § 19 Abs.3 vorgesehene Wiedereinreise nach Aufhebung
der Zurückweisung eines Antrags gemäß §§
4 und 5 durch den Unabhängigen Bundesasylsenat geht ins
Leere. Voraussetzung für die Prüfung des Antrag
ist gemäß § 2 der Aufenthalt im Bundesgebiet,
andernfalls ist das Verfahren einzustellen. Mangels Berufungsbescheid
kann auch die Wiedereinreise nicht gewährt werden.
Massive Bedenken hegt die asylkoordination gegen § 32
Abs 3, der die sofortige Durchsetzbarkeit der Ausweisung,
wenn der Antrag als offensichtlich unbegründet in erster
Instanz abgewiesen wurde, vorsieht. Die Bewilligung der aufschiebenden
Wirkung durch eine Entscheidung der Berufungsbehörde
innerhalb von 7 Tagen stellt jedenfalls keinen ausreichenden
Schutz vor Refoulement sicher.
§32 Abs 8 läßt völlig außer Betracht,
daß bei einem innerhalb von 6 Monaten nach rechtskräftiger
Entscheidung gestellten Asylantrag berechtigte Gründe
für Asyl oder subsidiären Schutz vorliegen können,
ausgelöst beispielsweise durch Änderungen im Herkunftsland.
Gefährdet von Refoulement wären auch AsylwerberInnen,
deren Verfahren bereits durch eine erstinstanzliche Entscheidung
rechtskräftig negativ beschieden wurde, weil die Berufungsfrist
versäumt wurde. Außerdem ist zu bedenken, daß
die wahre Fluchtgeschichte oft nicht bei dem ersten Behördenkontakt
hervorkommt, sei es aus Scham, Unvermögen aufgrund psychischer
Belastungen oder Instruktionen von Schleppern.
Vom AVG abweichende Einschränkung des Berufungsverfahrens
Die Berufungsinstanz sollte bei Bedarf die Möglichkeit
haben, sich einen persönlichen Eindruck des/der Asylsuchenden
zu verschaffen. Gerade in Asylverfahren liegen oft keine anderen
Beweise vor als das (glaubhafte) Vorbringen des Antragstellers.
Die asylkoordination ist der Ansicht, dass die in § 32
(1) des Entwurfs enthaltenen Einschränkungen hinsichtlich
des zulässigen Berufungsvorbringens einen erheblicher
Einschnitt in rechtsstaatliche Schutzgarantien von Asylsuchenden
darstellt, der nicht gerechtfertigt ist. Insbesondere seit
Bestehen des unabhängigen Bundesasylsenats kam es aufgrund
umfangreicher Ermittlungen desselben zu einer nicht unbeträchtlichen
Anzahl an Asylanerkennungen. Derzeit wird das "eigentliche
Asylverfahren" häufig erst im Berufungsverfahren
durchgeführt wird. Diesbezüglich hat der UBAS in
seinem letzten Jahresbericht seiner wachsenden Sorge Ausdruck
verliehen, daß Entscheidungen "überwiegend
erst als Ergebnis umfangreicher Ergänzungen im Rahmen
der Berfufungsverfahren oder nach Durchführung eines
(de facto komplett) neuen Asylverfahrens erfolgt sind [UBAS Tätigkeitsbereicht, S 4].
Die im Entwurf vorgesehene Einschränkung eigener Ermittlungen
des UBAS entspricht dem Neuerungsverbot des § 20 Asylgesetz
1991, das 1994 als verfassungswidrig aufgehoben wurde.
Vor diesem Hintergrund wird eindringlich davor gewarnt, die
Prüfungsbefugnisse des unabhängigen Bundesasylsenats
mittels der Bestimmung des § 32 (1) des Entwurfs einzuschränken
und damit potentielle Verletzungen des Refoulementverbots
in Kauf zu nehmen.
WEITERE VERFAHRENSRECHTE
§ 23 (3) Zurückziehung des Antrags
Da ein Asylverfahren nur auf Antrag einer Partei eingeleitet
wird, sollte die Möglichkeit, diesen wieder zurückzuziehen,
jedenfalls bestehen bleiben. Es ist der Fall zu bedenken,
daß erst nach ausführlicher Information und Beratung
hervorkommt, daß jemand günstigere Voraussetzungen
in Anspruch nehmen könnte, was aber durch die Verbindung
einer Entscheidung der Asylbehörde mit einer Ausweisung
und deren sofortige Durchsetzung möglicherweise vereitelt
wird.
§ 23 (4) vorübergehender Schutz
Die Bestimmung sieht vor, daß während der Dauer
eines vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms
(aufgrund eines Ratsbeschlusses gemäß Richtlinie
2001/55/EG oder einer Verordnung gemäß §29
FrG) Asylverfahren ausgesetzt werden. Dies steht im Widerspruch
zu Art.17 und Art 19 der genannten Richtlinie. Die Aussetzung
der Verfahren hat zur Folge, daß Personen, denen die
Rechte aus der Genfer Flüchtlingskonvention zustehen,
bis zu drei Jahre entsprechend der Richtlinie in einem schlechteren
Status abwarten, bis über ihren Asylantrag entschieden
wird.
Zustellung durch Unterkunftgeber
Große Bedenken bestehen auch gegen die in § 23
(6) des Entwurfs vorgesehene Regelung, daß für
Asylsuchende bestimmte Ladungen, amtliche Schreiben und Entscheidungen
Unterkunftsgebern im Sinne des Bundesbetreuungsgesetzes durch
Unterkunftgeber zugestellt werden können. Damit wird
eine Sonderregelung für die Zustellung eingeführt,
die in der Praxis zu erheblichen Problemen führen könnte.
BESONDERS SCHUTZBEDÜRFTIGE FLÜCHTLINGE
Traumatisierte Flüchtlinge und Folteropfer [vgl.
auch die Stellungnahme von Prof.
Dr. Friedmann ]
Im Entwurf zur Novellierung des Asylgesetzes läßt
sich die Absicht erkennen, Vorkehrungen für besonders
schutzbedürftige Asylsuchende zu treffen. Einige Regelungen
lassen jedoch darauf schließen, daß Opfer von
Folter oder traumatisierte Flüchtlinge unzureichend vor
Rückschiebung, Schubhaft und Abschiebung geschützt
sind.
1. Der Entwurf berücksichtigt die Diagnosemöglichkeiten
einer posttraumatischen Belastungsstörung ungenügend:
Medizinische Belege werden in einem Zeitraum gefordert, in
dem diese nicht zu erbringen sind: eine posttraumatische Belastungsstörung
ist erst über einen längeren Zeitraum zu erkennen
(einerseits aufgrund der mehrwöchigen Latenzzeit der
Symptome, andererseits weil erst Symptome über einen
längeren Zeitraum die Diagnose einer posttraumtischen
Belastungsstörung ermöglichen)
Es geht aus dem Entwurf weder hervor, auf welche Anzeichen
hin, noch, mit welchem Diagnoseschlüssel oder mit welchen
Methoden AsylwerberInnen hinsichtlich möglicher Traumatisierung
untersucht werden sollen.
2. Das Potential einer Retraumatisierung bei einer nicht innerhalb
der ersten 72 Stunden erkannten Traumatisierung ist durch
die in diesem Fall möglichen Maßnahmen wie Ausweisung
und Schubhaft enorm. Angesichts dieser Risiken, und aufgrund
der oben genannten diagnostischen Problematik sollte bereits
bei Anzeichen einer Traumatisierung die Zulassung zum inhaltlichen
Verfahren ermöglicht werden, wenn die Novelle der Intention
eines besonderen Schutzes für Traumatisierte tatsächlich
Rechnung tragen soll
3. Die Maßnahmen, die im Fall eines negativen Zulassungsverfahrens
vorgesehen sind, können an sich traumatisierende Wirkung
haben (kumulative Traumata.
Fehlende Begleitung und Beratung in der Erstaufnahmestelle
Erst wenn der Asylantrag als unzulässig zurückgewiesen
werden soll, erhält der Asylwerber einen Rechtsberater
zugeteilt. Unmittelbar nach der Ankunft und während der
Einvernahme, der erhöhte Glaubwürdigkeit zukommt,
sind AsylwerberInnen aber gänzlich auf sich alleine gestellt:
Die Anwesenheit von Vertrauenspersonen bei dieser Ersteinvernahme
ist dezidiert ausgeschlossen (§ 27 (2) )
Vorgesehen ist, daß traumatisierte AsylwerberInnen sofort
ein inhaltliches Asylverfahren in Österreich erhalten
sollen und die bei allen anderen AsylwerberInnen erforderliche
Prüfung, ob ein "sicherer Drittstaat" oder
ein anderer EU-Staat für die Durchführung des Asylantrags
verantwortlich gemacht wird (Zulassungsverfahren), entfällt.
Problematisch erscheint aus unserer Sicht der Begriff der
medizinisch belegbaren Tatsachen (§ 24a des Entwurfs),
zumal diese innerhalb der ersten 72 Stunden (siehe unten)
festgestellt werden müssen. Eine Traumatisierung im Sinne
des PTSD-Syndroms ist unseres Wissens nach in diesem Zeitraum
nicht diagnostizierbar. Auch fehlen Angaben, welcher Art die
medizinisch belegbaren Tatsachen sein sollen.
Die generelle Anordnung in § 24b (2) sollte nach Meinung
der asylkoordination insoferne geändert werden, als das
Einverständnis des Asylwerber zur Einvernahme durch einen
Organwalter desselben Geschlechts erteilt werden sollte, wenn
Eingriffe in die sexuelle Selbstbestimmung wahrscheinlich
sind.
Konsequenzen nicht erkannter Traumatisierung - Möglichkeit
Ausweisung und Schubhaftnahme
Eine im Zulassungsverfahren nicht erkannte Traumatisierung
bzw. nicht "medizinisch belegbare" Traumatisierung
oder Folter könnte die Verhängung von Schubhaft
und Zurückschiebung in ein anderes Land zur Folge haben.
Auch wenn der Antrag als zulässig erachtet wird - beispielsweise
wegen mangelnder Hinweise auf andere mögliche Aufnahmeländer,
die ein Asylwerber oder eine Asylwerberin durchquert hat -
besteht die Gefahr, daß der Asylantrag als offensichtlich
unbegründet abgewiesen wird. Auch in diesem Fall ist
eine Abschiebung in den Herkunftsstaat sofort möglich,
bei einer Berufung muß die aufschiebende Wirkung beantragt
werden.
Insbesondere § 6 Abs. Zi 3, daß keine Asylgründe
oder Gefahr von Folter, grausamer Behandlung oder Strafe vorgebracht
wurden, wird der Situation von AsylwerberInnen, die nicht
in der Lage sind über ihre Erlebnisse zu berichten, keinesfalls
gerecht.
Sonderregelungen für Traumatisierte im Berufungsverfahren
Im Berufungsverfahren wird die Beeinträchtigung durch
Traumatisierung insoferne berücksichtigt, als bei Vorliegen
eines medizinischen Gutachtens ausnahmsweise auch neue Tatsachen
bzw. Fluchtgründe berücksichtigt werden dürfen.
Wird die Traumatisierung nicht erkannt, können neue Fakten,
die in der Berufung vorgebracht werden, nicht mehr berücksichtigt
werden. Keine Sonderregelung gibt es im Fall eines Folgeantrags.
Wenn also nach der rechtskräftigen Ab- oder Zurückweisung
eines Asylantrags ein weiterer Antrag gestellt wird, droht
die Verhängung von Schubhaft nach erstinstanzlicher negativer
Entscheidung und eine sofortige Abschiebung, weil jeder faktische
Abschiebungsschutz entfällt (§ 32 Abs.8).
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Der Entwurf sieht vor, die prinzipielle Vertretung eines unbegleiteten
minderjährigen Asylwerbers durch den örtlichen Jugendwohlfahrtsträgers
im Asylverfahren zu durchbrechen.
Während des Zulässigkeitsverfahrens soll die Vertretung
durch den Rechtsberater erfolgen. Diese geplante Änderung
zielt lediglich auf die rasche Durchführung der Zulässigkeitsprüfung
im Erstaufnahmezentrum ab, ohne die Bedürfnisse der Minderjährigen
zu berücksichtigen. Der Aufbau eines Vertrauensverhältnisses
zum gesetzlichen Vertreter und die Kontinuität bei der
Wahrnehmung der rechtlichen Interessen wird dadurch erheblich
beeinträchtigt. [Vgl. auch die Stellungnahme der Arbeitsgruppe Menschenrechte für Kinderflüchtlinge]
Überdies regt die asylkoordination an, die Vertretung
unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge, denen
vorübergehender Schutz im Falle eines Massenzustromes
von Vertriebenen (Richtlinie 2001/55/EG) gewährt werden
soll, in dieser Gesetzesnovelle zu berücksichtigen. Es
käme andernfalls zu einer Ungleichbehandlung von vertriebenen
Minderjährigen, die einen Asylantrag gestellt haben und
solchen, denen aufgrund § 29 FrG ein Aufenthaltsrecht
gewährt wird, da der Jugendwohlfahrtsträger nur
bei Unmündigen in fremdenrechtlichen Verfahren gesetzlicher
Vertreter wird.
Weitere besonders schutzbedürftige Asylsuchende
Wie bereits in den Anmerkungen zu den unzulässigen Anträgen
ausgeführt, erachtet die asylkoordination es für
notwendig, die besondere Situation von älteren, kranken,
behinderten oder schwangeren Flüchtlingen zu berücksichtigen.
Bei ihnen sollte ebenso wie bei Opfern von Folter und traumatisierten
Flüchtlingen generell keine Drittstaatsverfahren angewandt
werden außer in jenen Fällen, wo eine Überstellung
in einen anderen EU-Staat ausdrücklich gewünscht
wird. Ihre besondere Situation müßte auch im Berufungsverfahren
Berücksichtigung finden.
FAMILIENBEGRIFF/ FAMILIENVERFAHREN
§ 1 Z 6 - Definition der Familienangehörigen
Die Erfahrungen der Flüchtlingsberatungsstellen zeigen,
dass in der Frage der Definition von Familienangehörigen
ein flexibler Ansatz sehr wichtig ist, um eine angemessene
Reaktion auf die humanitäre Notlage von Flüchtlingen
gewährleisten zu können [Vgl. Beschlüsse Nr. 24 (XXXII) von 1981, Abs. 5, und Nr. 88 (XLX) von 1999, Abs. (b) (ii).]. In diesem Zusammenhang
sei daran erinnert, dass das UNHCR-Exekutivkomitee den Staaten
empfohlen hat, im Sinne der Förderung einer umfassenden
Familienzusammenführung großzügige Kriterien
hinsichtlich der Familienangehörigen anzuwenden, die
im Rahmen einer Familienzusammenführung aufgenommen
werden können. Demnach sollte der Begriff "Familie"
nicht auf die so genannte "Kernfamilie" beschränkt
werden, sondern auch jene unterhaltsberechtigten Familienangehörigen
einschließen, die im selben Haushalt leben [Vgl. UNHCR-Handbuch, Rz. 185]. Weiters
sollte er nicht nur für verheiratete Paare gelten,
sondern auch für Paare, die eine echte und dauerhafte
Familieneinheit bilden (einschließlich gleichgeschlechtlicher
Paare).
Zu § 10
Die im Entwurf vorgeschlagene Verfahrenskonzentration wird
von der asylkoordination begrüßt. Wir geben aber
zu bedenken, daß entsprechend den EU-Vorschlägen
eine gesonderte Befragung aller Familienmitglieder erforderlich
ist, um alle Flüchtgründe, insbesondere eigene
Fluchtgründe von Frauen zu ermitteln.
Weiters sieht die asylkoordination keinen nachvollziehbaren
Grund für den Ausschluß von der Asylberechtigung
bzw. vom subsidiären Schutz, wenn die Ehe ein Jahr
nach der Einreise geschlossen wurde. Diese Bedingung setzt
sich über die Lebensrealität von Flüchtlingen
hinweg, denen z.B.die erforderlichen Mittel für den
raschen Nachzug von Verlobten oder nicht amtlich getrauten
Partnern fehlen. Auch eine längere Dauer des Asylverfahrens
verhindert, daß im Wege eines Botschaftsantrags Familienangehörige
weniger kostspielig legal einreisen könnten. Die Regelung
führt auch dazu, daß zwar die gemeinsamen minderjährigen
Kinder den gleichen Status erhalten, der Ehepartner jedoch
ohne Aufenthaltsrecht in Österreich wäre, wenn
die Ehe erst ein Jahr nach der Einreise geschlossen wird.
SUBSIDIÄRER SCHUTZ
§ 15 AsylG des Entwurfs sieht vor, daß bei erstmaliger
Erteilung die Aufenthaltsberechtigung für höchstens
1 Jahr, nach der ersten Verlängerung für höchstens
5 Jahre erteilt werden kann. Zwar stellt dies bereits eine
deutliche Verbesserung gegenüber der derzeitigen Rechtslage
dar, sie setzt jedoch dem großen Spielraum der Behörden
bei der Befristung keine Grenzen. So ist es durchaus üblich,
Verlängerungen jeweils nur für 3 oder 6 Monate
auszustellen, selbst nach mehrjährigem Aufenthalt.
Mit der kurzen Dauer der befristeten Aufenthaltsberechtigung
sind neben den Mühen der Verlängerung und dem
Gefühl der Unsicherheit aber auch weitergehende Folgen
verbunden. So wurde in etlichen Fällen die Sozialhilfe
wegen der dreimonatigen Befristung verweigert. Erhebliche
Probleme ergeben sich außerdem beim Anmieten einer
Wohnung oder beim Versuch, eine Beschäftigungsbewilligung
zu erhalten. Es wird somit durch diese kurze Befristung
eine völlig untragbare Situation geschaffen, in der
diese nach wie vor als schutzbedürftig geltende Personengruppe
vom Zugang zu Lebensgrundlagen abgeschnitten wird.
Die asylkoordination schlägt daher vor, eine Mindestdauer
bei Verlängerungen von 1 Jahr vorzusehen. Weiters sollte
bis zur Erledigung des Verlängerungsantrags das Aufenthaltsrecht
weiterbestehen, um subisidiär Schutzberechtigte vor
negativen Folgen der Säumigkeit der Behörde zu
schützen.
Der Entwurf anerkennt nun zumindest das Recht auf ein Familienleben,
was als erster Schritt zur Gleichstellung ausdrücklich
begrüßt wird. Um die Familienzusammenführung
zu erleichtern, wird vorgeschlagen, daß Angehörige
von subsidiär Schutzberechtigten Anträge bei den
österreichischen Botschaften einbringen können.
In ihren Vorschlägen zur Asylreform fordern die österreichischen
Flüchtlingsorganisationen, alle Non-refoulement-Verfahren
bei den Asylbehörden durchzuführen.
Grundsätzlich ist die Gewährung von Non-Refoulementschutz
nicht auf AsylwerberInnen beschränkt, sondern ist auch
Fremden zu gewähren, die dem Regime des Fremdengesetzes
unterstehen und keinen Asylantrag gestellt haben. Zur Verfahrenskonzentration
wird daher empfohlen, die Zuständigkeit für alle
Non-Refoulement-Entscheidungen (§ 75 FrG und §
8 AsylG) bei den Asylbehörden anzusiedeln.
Ein Antrag gem. § 75 FrG muss zu jeder Zeit möglich
sein, auch außerhalb von Verfahren zur Erlassung eines
Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung. Solche Anträge
sind an das BAA weiterzuleiten, das dann ein Verfahren gem.
§ 8 AsylG durchzuführen hat.
Zugang zum Arbeitsmarkt, Sozialhilfe und Integrationsförderung
Refoulementgeschützten Personen nach §8/15 AsylG
kommen im Vergleich zu nach der GFK geschützten Personen
unterschiedliche Rechte zu. Obwohl bei ihnen gleichermaßen
eine Gefahr für Leib und Leben im Heimatstaat festgestellt
wurde und beide das Recht haben, in Österreich zu verbleiben,
ist der Zugang zum Arbeitsmarkt für subsidiär
Schutzberechtigte drastisch eingeschränkt, während
GFK-Flüchtlinge freien Zugang haben. Während GFK-Flüchtlinge
zum Bezug von Sozialhilfe berechtigt sind, ist dies für
refoulementgeschützte Personen nicht gleichermaßen
gewährleistet. Zu Ungleichbehandlung kommt es auch
bei integrationsfördernden Maßnahmen oder bei
den Voraussetzungen für die Erlangung der Staatsbürgerschaft.
Faktisch besteht für subsidiär Schutzberechtigte
keine Reisefreiheit.
Im Gegensatz zu Konventionsflüchtlingen werden diesen
schutzbedürftigen Personen keine integrationsfördernden
Maßnahmen zugebilligt. Sie haben keinen Anspruch auf
eine Übergangswohnung, einen Deutschkurs, einen ihrem
Schutzbedürfnis entsprechenden Zugang zum Arbeitsmarkt
und in vielen Bundesländern auch keinen Anspruch auf
Sozialhilfe. Die österreichischen Flüchtlingsorganisationen
rufen daher auf, refoulementgeschützte Personen ebenso
wie Konventionsflüchtlinge aus dem Ausländerbeschäftigungsgesetz
auszunehmen. Ebenso sollte analog zu anerkannten Flüchtlingen
Zugang zur Staatsbürgerschft erleichtert werden, Erwerbsunfähigkeit
und daraus resultierende Mittellosigkeit darf dabei kein
Grund zur Verweigerung sein.
Zu § 8 / 15 Ausstellung der befristete Aufenthaltsberechtigung
Die asylkoordination begrüßt ausdrücklich,
daß den jahrelangen Forderungen nach einer klaren
vollziehbaren Regelung über die Erteilung der §
15 Aufenthaltsberechtigung in dem Entwurf Rechnung getragen
wurde.
Die asylkoordination regt an, die Ausschlußklauseln
für die Erteilung einer befristeten Aufenthaltsberechtigung
zu streichen, da sie dazu führt, daß sich Personen,
deren Abschiebung unzulässig ist, ohne Aufenthaltsstatus
in Österreich aufhalten müssen und sie auch keinerlei
Möglichkeit haben, für ihren Unterhalt zu sorgen.
§ 13a Asylverzicht
Die asylkoordination gibt zu bedenken, daß dieser
Asylverzicht der Genfer Konvention widerspricht. Die vorgesehene
einmalige Erteilung einer dreimonatigen Aufenthaltsberechtigung
läßt die nötige Flexibilität angesichts
nicht auszuschließender Verzögerungen bei Erhalt
diverser Papiere vermissen.
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