Asylverfahren | Archiv

Agenda Asyl sieht Bedenken gegen Dublin-System bestätigt [21.01.2011]
"Die EU-Staaten dürfen nicht einfach annehmen, dass Menschenrechtsverletzungen in einem EU-Mitgliedstaat grundsätzlich nicht zu befürchten sind" ...
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fasst Anny Knapp als Vertreterin der Agenda Asyl das heute verkündete Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zusammen. Das Urteil, in dem die Abschiebung eines Flüchtlings von Belgien nach Griechenland als unmenschliche Behandlung befunden wurde, bestätigt die von NGOs seit Jahren vorgebrachte Kritik an Übergriffen, fehlender Versorgung und Mängeln im Asylverfahren in Griechenland. Aufgrund dieser richtungweisenden Entscheidung des EGMR sind die österreichischen Asylbehörden gefordert, diese Bedenken gegen Griechenland nun endlich ernst zu nehmen. Es zeigt auch, dass man für menschenrechtskonforme Entscheidungen in Asyl- und Abschiebungsverfahren nicht darauf warten darf, ob der Verfassungsgerichtshof oder internationale Gerichtshöfe über eine menschenrechtlich bedenkliche Situation befinden.

156 der insgesamt 949 von EU-Staaten nach Griechenland abgeschobenen AsylwerberInnen gehen auf das Konto Österreichs, das damit zu den EU-Staaten zählt, die heuer die meisten Asylsuchende nach Griechenland im Rahmen der Dublin Verordnung überstellt haben. Zu den anderen Top-Ländern gehören Norwegen, Ungarn und Belgien. Die ersten vorläufigen Maßnahmen, mit denen der EGMR die österreichische Regierung aufgefordert hatte, die Abschiebung von Asylwerbern nach Griechenland zu unterlassen, hatte keine Änderung in Österreich bewirkt, auch durch das Erkenntnis der Verfassungsgerichtshofs vom Oktober 2010 sahen die Asylbehörden keinen Grund, von Ausnahmefällen abgesehen, an ihrer Einschätzung, Griechenland würde Flüchtlinge menschen- und EU-rechtskonform behandeln, festhalten

Die Entscheidung des Menschenrechtsgerichtshofes sollte Anlass sein, Reformen im Dublin-System voranzubringen, hofft Anny Knapp von der asylkoordination österreich. Diesem System sind untragbare Situationen für Flüchtlinge immanent, wie der nun vom Menschenrechtsgerichtshof entschiedene Fall eines afghanischen Flüchtlings zeigt. Es ist aber auch weit davon entfernt, die eigenen Zielsetzungen zu erreichen: ein solidarisches System für die Aufnahme von Flüchtlingen.


Rückfragehinweis:

Anny Knapp, knapp@asyl.at, 01 53 212 91 15, 0688-8284 460