Eine erschreckend hohe Zahl sticht bei den aktuellen Asyl-Zahlen besonders hervor. 11.629 Fluchtwaisen sind im Jahr 2022 nicht mehr auffindbar. Die asylkoordination österreich hat im letzten Jahr schon mehrfach auf diesen traurigen Umstand hingewiesen und die Verantwortlichen zum Handeln aufgefordert. Denn auch kriminelle Machenschaften können nicht ausgeschlossen werden. Bisher gab es nur ein Achselzucken. Und das in einer Zeit, wo sich das ganze Land aus bekanntem Anlass, sehr aufgeregt Gedanken um den Schutz unserer Kinder macht.
Stellen Sie sich vor, innerhalb eines Jahres würden alle Taferlklassler der Steiermark nicht mehr auftauchen. Der Aufschrei wäre wohl groß. Genauso viele Kinder und Jugendliche sind 2022 aus Österreich spurlos verschwunden. 2022 stellten 13.151 Fluchtwaisen (alleinreisende Kinderflüchtlinge) einen Asylantrag in Österreich. Im gesamten Bundesgebiet waren Ende des Jahres davon nur mehr etwas weniger als 2.000 aufhältig. 88,4 Prozent der Fluchtwaisen sind demnach unauffindbar, das sind 11.629 Fluchtwaisen. Gesucht wird nach ihnen nicht. Denn: In Österreich bekommen geflüchtete Kinder nicht dieselbe Unterstützung wie österreichische Kinder, die nicht bei ihren Eltern sein können.

Wo(hin) verschwinden die Kinder?
„Viele ziehe in andere EU-Länder weiter. Wie sie dort hinkommen, weiß niemand. Ob sie in die Hände von Kriminellen gelangen oder sicher in den anderen Ländern ankommen, bleibt ungewiss“, erklärt Lisa Wolfsegger, Expertin für Fluchtwaisen der asylkoordination österreich.
Ein Großteil zieht unbemerkt weiter, weil die lange Zeit in den nicht-kindgerechten Bundesbetreuungseinrichtungen frustrierend, oft unerträglich ist. Kein Wunder, dass die Fluchtwaisen den Eindruck bekommen, hier nicht erwünscht zu sein. Manche Kinder und Jugendliche verlassen Österreich auf eigene Faust (und verschwinden), weil sie zu ihren Familienmitgliedern gelangen wollen. Auch die Familienzusammenführungs-Verfahren werden bewusst in die Länge gezogen. „Mit guter Betreuung und verständlicher Information bzw. juristischer Betreuung könnten viele Fluchtwaisen vom Verschwinden bewahrt werden. Diese Kinder müssen umfassend über ihre Rechte und vor allem auch ihre Perspektiven in Österreich aufgeklärt werden“, stellt Lisa Wolfsegger klar.

Übervoll - Nichts Neues aus Traiskirchen
Ende des Jahres waren über 1.000 Fluchtwaisen in Lagern wie Traiskirchen untergebracht. Diese nur für die Erstaufnahme gedachten Zentren sind definitiv kein geeigneter Ort für einen Daueraufenthalt für Kinder. Es gibt dort gibt keine adäquate Schule, keine Möglichkeit zur Freizeitgestaltung und keine ausreichende sozialarbeiterische Betreuung.  Auch hat Niemand die Obsorge für diese Kinder, somit darf auch niemand im Krankenhaus Entscheidungen treffen. Die Fluchtwaisen sind auf sich alleine gestellt. Obwohl im Regierungsprogramm von Schwarz-Grün die schnelle Obsorge für Fluchtwaisen als Ziel beschlossen wurde, tut sich hier wenig. „Die Zeit des Zögerns ist nun endgültig vorbei! Es gibt seit geraumer Zeit vernünftige, gut umsetzbare Vorschläge,“ betont Lisa Wolfsegger. „Fluchtwaisen sind über Monate in diesen nicht-kindgerechten Lagern, weil es keine Plätze für sie in den Ländern gibt.“ Das wiederum liege daran, dass die Republik für die Betreuung von Kinderflüchtlingen weit weniger Ressourcen zur Verfügung stellt, als für hier Geborene, die nicht bei ihren Eltern sein können. „Damit lässt der Staat die Kinderflüchtlinge de facto im Stich. Wenn es hier nicht schnell zu einer Anpassung der finanziellen Ressourcen kommt, müssen erste Einrichtungen schließen. Noch mehr Kinder werden in große, ungeeignete Lager wie Traiskirchen gepfercht.“
Was wiederum den unregistrierten Auszug von alleinreisenden Kindern befeuere und Kinderhändlern womöglich in die Hände spielen könnte, warnt die Kinderrechts-Expertin der asylkoordination österreich.

 
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