ASYLVERFAHREN: FRISTAUSSETZUNGEN
Artikel 16 des sogenannten Bundesgesetzes betreffend Begleitmaßnahmen zu COVID-19 im Verwaltungsverfahren, im Verfahren der Verwaltungsgerichte sowie im Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes sieht vor, dass in allen anhängigen behördlichen Verfahren der Verwaltungsbehörden, auf die die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr. 52/1991, und Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53/1991) anzuwenden sind, alle Fristen, deren fristauslösendes Ereignis in die Zeit nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes fällt, sowie Fristen, die bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes noch nicht abgelaufen sind, bis zum Ablauf des 30. April 2020 unterbrochen werden. Sie sollen mit 1. Mai 2020 neu zu laufen beginnen.
 
Was bedeutet das für Asylverfahren?
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) als erste Asylinstanz und das Bundesverwaltungsgericht als zweite Instanz haben bereits informell angekündigt, ihre Kapazitäten herunterzufahren und von der Durchführung von Einvernahmen und Gerichtsverhandlungen weitestgehend abzusehen. Es ist aber nicht vorgesehen, dass keine Entscheidungen – etwa dort, wo keine Einvernahme mehr notwendig ist – mehr gefasst und zugestellt werden. Das würde aber – nach den bisherigen Regelungen – bedeuten, dass Fristen für Rechtsmittel weiterhin ausgelöst werden würden und die betroffenen Personen Rechtsberatungseinrichtungen und Rechtsanwält*innen dringend aufsuchen müssten. Da dies unter Umständen auch Menschenansammlungen, die derzeit tunlichst zu vermeiden sind, verursachen könnten wird nun ein Fristenmoratorium beschlossen.
 
Konkret bedeutet das
Wurde etwa eine negative Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits zugestellt und würde im Zeitraum zwischen Beschlussfassung des Gesetzes (also voraussichtlich nach dem heutigen Datum) und 30. April die Rechtsmittelfrist ablaufen wird diese Frist unterbrochen und fängt mit 1. Mai 2020 neu zu laufen an. Das Gleiche gilt für Entscheidungen, die nach dem heutigen Datum (bis 30. April) zugestellt werden. Auch hier beginnt die Frist erst am 01. Mai 2020.
Beispiel 1: Wurde eine negative Asylentscheidung am 11. März.2020 zugestellt, so würde die vierwöchige Frist grundsätzlich am 08. April 2020 enden. Nach der neuen Regelung wird diese Frist aber unterbrochen und fängt am 01. Mai neu zu laufen an. Neues Fristende ist dann der 29. Mai 2020.
Beispiel 2: Wird eine negative Asylentscheidung am 27. März zugestellt, so würde die vierwöchige Frist grundsätzlich am 24. April enden. Nach der neuen Regelung fängt die Frist aber erst am 01. Mai zu laufen an, neues Fristende ist daher ebenfalls der 29. Mai 2020
§ 3 des Gesetzes sieht vor, dass mündliche Verhandlungen und Vernehmungen nur durchzuführen sind, soweit dies zur „Aufrechterhaltung einer geordneten Verwaltungsrechtspflege“ unbedingt erforderlich sind. Das bedeutet, dass es voraussichtlich nur in Schubhaftsachen zu Verhandlungen kommen wird. Gleiches gilt für den mündlichen Verkehr zwischen Behörden und den Beteiligten einschließlich der Entgegennahme mündlicher Anbringen.

Achtung! Da es sich bei den angesprochenen Fristen um sogenannte verfahrensleitende Fristen handelt ist – in Ermangelung der bisherigen Erläuterungen zum Gesetz – nicht klar, ob auch materielle Fristen unterbrochen werden. Wird etwa eine Beschwerde vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen, beginnt ab Zustellung auch die in aller Regel 14tägige Frist zur freiwilligen Ausreise. Es wird von den Erläuterungen zum Gesetz abhängen, ob diese materielle Frist auch unterbrochen sein wird oder nicht. Falls nicht, bedeutet das, dass zwar die Frist zur Erhebung einer (außer)ordentlichen Revision bzw. Bescheidbeschwerde an die Höchstgerichte VwGH und VfGH unterbrochen ist und erst am 01. Mai 2020 zu laufen beginnt, eigentlich wäre aber die Person ab Zustellung der Entscheidung verpflichtet, binnen 14 Tagen freiwillig auszureisen. Es bleibt hier abzuwarten, ob sich hier noch eine erforderliche Klarstellung finden wird.
 
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