Gesetze, Verordnungen

Fremdenrecht verbietet Familienleben [07.02.2006]
Presseaussendung der asylkoordination Österreich zu den Konsequenzen des neuen Niederlassungsgesetzes für Dutzende Ehepartner österreichischer StaatsbürgerInnen.
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STELLUNGNAHME DES VEREINS FIBEL
zur neuen Rechtslage für Drittstaatsangehörige, die EhepartnerInnen von ÖsterreicherInnen sind



Das seit 1.1.2006 geltende Fremdenrecht gefährdet das Ehe-und Familienleben von ÖsterreicherInnen, deren EhepartnerInnen Drittstaatsangehörige und in Österreich oder einem anderen EU-Land noch nicht niedergelasssenen sind, in erheblichem Ausmaß.

EhepartnerInnen, die in Österreich Asyl beantragt
haben, werden – ebenso wie andere Drittstaatsangehörigen – aufgefordert, ihren Erstantrag auf Niederlassungsbewilligung von der österreichischen Auslandsvertretung in ihrem Herkunftsstaat zu stellen

Damit wird allen AsylwerberInnen, die mit ÖsterreicherInnen verehelicht sind, pauschal unterstellt, sie hätten keine Fluchtgründe, sie wären in ihrem Herkunftsland nicht gefährdet!

Diese Rechtslage bringt aber gerade jene AsylwerberInnen in eine ausweglose Situation, die als Verfolgte keine Möglichkeit der Rückreise haben. In manchen Fällen werden Asylwerber von den Behörden ihrer Herkunftsländer nicht als ihre Staatsangehörigen anerkannt, so dass ihnen die Einreise verweigert werden kann. Darüberhinaus wäre es für einen Großteil dieser Paare nicht möglich, die Reisekosten zu finanzieren.


In welche existentiell bedrohliche Lage betroffene Paare und Familien durch die neue Rechtslage gebracht werden, macht einer unserer Beratungsfälle deutlich:

Frau B. (Österreicherin) und Herr N. ihr Ehepartner (aus Afghanistan), leben in einer kleinen Gemeinde im südlichen Niederösterreich. Ursprünglich war er dort als Asylwerber in einer Flüchtlingsunterkunft untergebracht. Drei Tage nach der Eheschließung im August 2005 stellte er bei der zuständigen Bezirkshauptmannschaft den Erstantrag auf Niederlassungsbewilligung.
Die Beamten forderten ihn darauf hin sofort auf, seinen Asylantrag zurückzuziehen – was er schließlich auch tat. Da in den folgenden Wochen und Monaten kein Bescheid eintraf, fragte Frau B. bei der Bezirkshauptmannschaft immer wieder nach und wurde ständig vertröstet. Ende des Jahres war der Bescheid zur Erteilung der Niederlassungsbewilligung noch immer ausständig.
Am 28. Dezember 05 rief Frau B. aus diesem Grund beim Innenministerium an und erfuhr von einem Beamten, dass man abgewartet habe, damit der Antrag nach der neuen Rechtslage behandelt und entschieden werden könne. Die Folge: Herr N. fürchtet ständig, in Schubhaft genommen zu werden, weil er aufgrund der Rückziehung des Asylantrages nun als „Illegaler“ gilt. Er hat keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und ist von seiner Partnerin finanziell völlig abhängig. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan wäre sein Leben in Gefahr. Zermürbt von dieser Situation befindet sich Herr N.in einer sehr schlechten psychischen Verfassung.


Als Beraterinnen müssen wir uns in der momentanen Lage darauf beschränken, an die betroffenen Paare Durchhalteparolen auszugeben, weil ihre Probleme (Gefahr der Abschiebung nach Rückziehung des Asylantrages, keine legale Erwerbsmöglichkeit, die Belastungen im Fall von Arbeitslosigkeit oder Karenz der österreichischen Partnerin) infolge der fremdenrechtlichen Bestimmungen nicht zu lösen sind.


Abschließend weisen wir darauf hin, dass die Einschränkung und Behinderung des Ehe-und Familienlebens der genannten Paare aufgrund der neuen fremdenrechtlichen Vorgaben den Menschenrechtskonventionen (Recht auf Familienleben) widerspricht.


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Kurzinformation zum Verein FIBEL


FIBEL – Fraueninitiative Bikulturelle Ehen und Lebensgemeinschaften
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www.verein-fibel.at

Kontaktpersonen: Gertrud Schmutzer, Mag. Petruska Krcmar


Der Verein FIBEL bietet seit rund 12 Jahren Beratung und Information für Angehörige bikultureller/binationaler Partnerschaften und Familien. Unser Beratungsangebot umfasst Fremdenrechtliches, Informationen zur Eheschließung im In-und Ausland, Konfliktregelung im Fall von interkulturellen und interkonfessionellen Differenzen in der Partnerschaft und vieles mehr. Die Offenen Gruppen sind ein Forum für Frauen in bikulturellen Beziehungen und Familien, die Gesprächspartnerinnen mit ähnlichem Erfahrungshintergrund suchen. Die Vortragsabende der FIBEL vermitteln Hintergrundwissen über anderskulturelle Lebensweisen oder zu Fragen der Migration; unser Workshopangebot ist dazu gedacht, weibliche Angehörige bikultureller Partnerschaften und Familien in schwierigen Lebenslagen zu unterstützen. 2004 wurde FIBEL mit einem Preis aus der Dr. Karl Renner-Stiftung der Stadt Wien ausgezeichnet.