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Verantwortung wird ausgelagert - Presseaussendung der asylkoordination Österreich zur informellen Ratssitzung der EU-Innen- und Justizminister [13.01.2006]
Asylkoordination besorgt über Pläne zur Asyl-Auslagerung. Evaluation von Dublin II eingemahnt. Prokop kündigt Freizügigkeit für anerkannte Flüchtlinge an.
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EU-Asylpolitik
Informelle Ratssitzung der EU-Innen- und Justizminister


Verantwortung wird ausgelagert.

Asylkoordination besorgt über Pläne zur Asyl-Auslagerung. Evaluation von Dublin II eingemahnt. Prokop kündigt Freizügigkeit für anerkannte Flüchtlinge an.

Besorgt äußerte sich die Obfrau der asylkoordination Österreich, Anny Knapp, nach der heutigen Pressekonferenz anläßlich der informellen Ratssitzung der EU-Innen-und JustizministerInnen in der Wiener Hofburg. 'Die EU möchte offensichtlich die Verantwortung für schutzsuchende Menschen weitgehendst auslagern', stellte Knapp fest. Die Flüchtlings-NGOs gelangen vor allem wegen zwei Vorhaben zu dieser Einschätzung. Der Plan, eine Liste „sicherer Drittländer“ zu erstellen und die Unterstützung der EU-Anrainerländer Moldawien, Weißrußland und Ukraine (sowie des ostafrikanischen Tansanias) bei der Errichtung von Flüchtlingslagern.
'Die EU ist dabei, nach der Osterweiterung die Grenzen der Festung Europa weiter nach Osten zu verschieben', kritisiert Knapp.
Internationaler Flüchtlingsschutz sei zudem Aufgabe des UNHCR. Die EU solle lieber die Beiträge an diese bewährte internationale Organisation erhöhen anstatt Parallelstrukturen aufzubauen.
Die asylkoordination bedauert auch, dass zwar die Einrichtung von Regionalen Schutzprogrammen (regional protection programmes – RPPs) geplant werde, aber offensichtlich nicht mehr von Programmen zur Wiederansiedlung (resettlement) von Flüchtlingen in EU-Staaten gesprochen wurde.

Begrüßt wird die geplante Einrichtung von'Rapid Intervention Teams' (Teams von MedizinerInnen, DolmetscherInnen und spezialisierten HelferInnen) für den Fall, dass einzelne Mitgliedsländer mit der Versorgung von Flüchtlingen überfordert sind. In den in der Pressekonferenz angeführten Beispielen (Lampedusa und Ceuta und Melilla) sei aber die Abschottungspolitik der EU der Grund für die krisenhaften Entwicklungen. Aufgrund dieser Unmöglichkeit, legal in die EU zu gelangen, kommen wöchentlich Dutzende Menschen ums Leben.

Erfreulich sei auch der Plan, bis 2010 ein einheitliches EU-Asylrecht zu entwickeln, allerdings werde man sich anschauen müssen, ob dabei menschenrechtliche und rechtsstaaliche Standards insbesondere die Genfer Konvention und die EMRK eingehalten werden. 'Die kürzlich beschlossene Verfahrensrichtlinie gibt wenig Anlass zu Optimismus', meint Knapp. 'Leider ist diese eine Ansammlung der schlechtesten Praktiken der Mitgliedsländer und keine Verbesserung der Verfahrensstandards.'

Die asylkoordination mahnt in diesem Zusammenhang auch die anstehende Evaluation der Dublin Verordnung (Dublin II) ein. 'Die Erhebungen der NGOs haben gezeigt, dass Dublin zu extremen menschlichen Härten und Problemen bei der Integration von Flüchtlingen führt. Insgesamt kann man sagen: Dublin II ist ineffizient, zeitraubend und teuer.'

Flüchtlinge, die aufgrund der Dublin Bestimmungen gezwungen werden, im Ersteinreisestaat den Ausgang des Asylverfahrens abzuwarten, können aber aufatmen: Wenn es ein einheitliches Verfahren gibt, sollen anerkannte Flüchtlinge auch volle Freizügigkeit in der EU genießen, stellte Innenministerin Prokop in Aussicht.



Anny Knapp
asylkoordination Österreich
knapp@asyl.at