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agenda asyl kritisiert Betreuung von minderjährigen Flüchtlingent - 'Ein Bett allein ist zu wenig' [Presseaussendung, 07.10.2014]
"Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden derzeit nicht adäquat betreut und beaufsichtigt", kritisiert Anny Knapp, Obfrau der asylkoordination österreich.
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Aufgrund der zuletzt angestiegenen Anzahl von AsylwerberInnen werden Flüchtlingskinder auch in den Erwachseneneinrichtungen untergebracht. Minderjährige Flüchtlinge werden von Traiskirchen auch in die Betreuungsstelle Wien Mitte verlegt, sodass ihr Zugang zur gesetzlich vorgesehenen rechtlichen Vertretung sehr eingeschänkt ist. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind eine besonders schutzbedürftige Gruppe - es geht dabei um Kinder und Jugendliche, die ohne jegliche Begleitung von Familie oder Verwandten auf der Flucht sind. "Diese Flüchtlingskinder benötigen unbedingt eine intensive und altersadäquate Betreuung, wie sie in Quartieren für Erwachsene nicht gewährleistet werden kann." erklärt Andrea Eraslan-Weninger, Geschäftsführerin des Integrationshauses.

"Die gesetzliche Vertretung der von Traiskirchen nach Wien verlegten Flüchtlingskindern ist nicht ausreichend gesichert", zeigt sich Christoph Riedl vom Diakonie Flüchtlingsdienst besorgt. Eine rechtliche Vertretung ist für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF) verpflichtend vorgesehen, ohne Vertreter kann das Asylverfahren nicht durchgeführt werden. So lange die Minderjährigen sich in der Erstaufnahmestelle in Traiskirchen aufhalten, sind die dort tätigen RechtsberaterInnen ihre gesetzlichen Vertreter. Werden die jungen Flüchtlinge dann in ein Bundesland verlegt, geht die rechtliche Vertretung auf die Jugendhilfe über. Im Falle der Verlegung von unbegleiteten Flüchtlingen von Traiskirchen nach Wien wird das von der Behörde offensichtlich anders gesehen: da das Quartier in der Nussdorferstraße eine Außenstelle der Erstaufnahmestelle Traiskirchen ist, handelt es sich nicht um eine Zuweisung in Landesbetreuung, weshalb die Jugendwohlfahrt auch nicht von der Anwesenheit ihrer neuen Schützlinge informiert wird. Allerdings haben die RechtsberaterInnen das Vertretungsmandat nur in der Erstaufnahmestelle in Traiskirchen. Die Folge: die Flüchtlingskinder wissen oft nichts von ihrer gesetzlichen Vertretung und wissen auch nicht, wo sie diese finden können.

Ende September waren von den 1.455 unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen 455 durch die Grundversorgung der Erstaufnahmestelle Traiskirchen versorgt. Mehr als 100 unbegleitete Minderjährige konnten dort in der Vergangenheit nicht gesondert von Erwachsenen untergebracht und betreut werden. "Wir haben massive Zweifel, ob durch die vom Innenministerium beauftragten Betreuungsfirmen eine alters- und bedürfnisgerechte Betreuung erfolgt", sagt Christoph Schörkhuber von der Volkshilfe. Sein Vorschlag: Die Jugendhilfe soll automatisch von der Ankunft eines unbegleiteten minderjährigen Flüchtlings informiert werden um sie von Anfang an in die Betreuung einzubeziehen.

Die fehlende rechtliche und sozialpädagogische Betreuung und die unzureichende Unterbringung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollte Bund und Länder den dringenden Reformbedarf bei der Grundversorgung vor Augen führen.
Auch die Unterbringung der unbegleiteten minderjährige Flüchtlinge durch die Bundesländer ist höchst mangelhaft organisiert. Flüchtlingsorganisationen, die Jugendliche unterbringen, müssen dies zu einem Tagsatz bewerkstelligen, der etwa bei der Hälfte des sonst in diesem Bereich üblichen Kostenersatzes liegt.
"Wir haben es hier jedoch oft mit Jugendlichen zu tun, die bereits schreckliche Erlebnisse hinter sich haben. Sie brauchen unsere ganze Aufmerksamkeit und nicht nur die halbe, die mit dem halben Tagsatz finanziert werden kann," so Anny Knapp abschließend.


Rückfragen:
Anny Knapp, Agenda Asyl/ asylkoordination
mobil 0688/8284460