Betreuung | Archiv

Leben im Flüchtlingsquartier [24.01.2012]
Standards in der Versorgung und Betreuung von Asylsuchenden
back   Übersicht Betreuung


Über Asylsuchende wird regelmäßig in den Medien berichtet, überwiegend mit negativem Inhalt. In Umfragen erachtet die österreichische Bevölkerung das Thema als wichtig, es rangiert jedoch nicht in den Spitzenpositionen. Die zahlreiche Novellen der asylrechtlichen Bestimmungen der vergangenen Jahre zeigen, dass von der Politik ein Änderungsbedarf gesehen wird. Dieser setzt überwiegend auf mehr Kontrolle, mehr Mitwirkungspflichten bei gleichzeitiger Aushöhlung der Rechte von Asylsuchenden. Gleichzeitig wurde in den letzten Jahren die Diskussion über die Notwendigkeit der Integration von MigrantInnen und die Entwicklung von diesbezüglichen Konzepten in Gang gesetzt. Vor diesem Hintergrund des öffentlichen Interesses und des Gestaltungswillens sowohl auf Bundesebene als auch auf kommunaler Ebene ist es verwundlicherlich, dass über den Bereich der Grundversorgung von Asylsuchenden wissenschaftliche Untersuchungen bisher weitgehend fehlen und Informationen zu diesem Lebensbereich kaum öffentlich zugänglich sind.

Die vorliegende Studie gibt einen Überblick über einige zentrale Lebensbereiche von AsylwerberInnen – Wohnen, Essen, Tagesstruktur. Sie versucht exemplarisch aufzuzeigen, wie unterschiedlich die Rahmenbedingungen für AsylwerberInnen in den Bundesländern sind.

Die Studie basiert auf der Analyse der rechtlichen Grundlagen sowie auf Informationen, die von der asylkoordination österreich im Rahmen von Round-table Gesprächen mit BetreuerInnen, Rundmails und Einzelgesprächen gesammelt wurden sowie auf weiteren Quellen wie Medienberichten und Diplomarbeiten.

Eine wichtige Quelle, die Betroffenen selbst, konnten mangels Ressourcen kaum einbezogen werden. Interviews, die im Rahmen von Diplomarbeiten durchgeführt wurden, vermitteln nur einen kleinen, keinesfalls repräsentativen Einblick, zumal diese überwiegend mit BewohnerInnen von Grundversorgungseinrichtungen durchgeführt wurden, die von NGOs betrieben werden. In von NGOs geleiteten Einrichtungen ist der Zugang zu den BewohnerInnen und BetreuerInnen leichter. Die Befragung von Unterkunftgebern und die Besichtigung von Heimen wird von Seiten der Verwaltungsbehörden meist nicht genehmigt.

Nicht berücksichtigt wurde die Situation von AsylwerberInnen in Schubhaft, die in Österreich formal nicht in das Grundversorgungssystem einbezogen sind. Über die Haftbedingungen gibt es regelmäßig Berichte internationaler Menschenrechtseinrichtungen sowie der Menschenrechtsbeirats, die auch die Einhaltung gewisser Haftstandards prüfen.

Die Ergebnisse zeigen, dass das Grundversorgungssystem den betreuten Personen und ihren BetreuerInnen kaum Gestaltungsraum eröffnet. Es ist gekennzeichnet von Pflichten, Kontrolle, Warten, geringen Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Für ein menschenwürdiges Leben bedarf es mehr: höhere Standards, mehr Möglichkeiten der Eigenverantwortung und der Selbständigkeit.

(Anny Knapp, Einleitung der Studie 'Leben im Flüchtlingsquartier')


Download Studie