Betreuung

Qualitätskriterien für die Aufnahme von AsylwerberInnen und anderen hilfs- und schutzbedürftigen Fremden. [19.02.2004]
Die Aufnahmestandards für Personen, die Flüchtlinge sein könnten, haben direkte Auswirkungen auf die Wirksamkeit des internationalen Flüchtlingsschutzes. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Umsetzung der §15a BVG Vereinbarung, entwickelten VertreterInnen österreichischer Flüchtlingsbetreuungsorganisationen aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen einerseits als Unterkunftgeber, andererseits als Gewährleister der mobilen Betreuung in ländlichen Unter-künften die folgenden Vorschläge für Standards betreffend Betreuung, Infrastruktur und Organisation der künftigen Grundversorgung. Die speziellen Erfordernisse für unbegleitete minderjähige Fremde werden in dem von den Clearingstellen verfassten Papier extra behandelt.
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Unterzeichnende Organisationen

Amnesty international
asylkoordination österreich
Bewegung Mitmensch Weinviertel
Caritas Österreich
Diakonie
Integrationshaus Wien
Kinderstimme
Österreichisches Rotes Kreuz
Volkshilfe Österreich


PRÄAMBEL

Die Aufnahmestandards für Personen, die Flüchtlinge sein könnten, haben direkte Auswirkungen auf die Wirksamkeit des internationalen Flüchtlingsschutzes. Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Umsetzung der §15a BVG Vereinbarung, entwickelten VertreterInnen österreichischer Flüchtlingsbetreuungsorganisationen aufbauend auf den bisherigen Erfahrungen einerseits als Unterkunftgeber, andererseits als Gewährleister der mobilen Betreuung in ländlichen Unterkünften die folgenden Vorschläge für Standards betreffend Betreuung, Infrastruktur und Organisation der künftigen Grundversorgung. Die speziellen Erfordernisse für unbegleitete minderjähige Fremde werden in dem von den Clearingstellen verfassten Papier extra behandelt (siehe: "Grundsätzliche Überlegungen und Fragen zur Umsetzung der 15a BV-G Vereinbarung betreffend die Unterbringung und Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Fremden (UMF)").

Die österreichischen Flüchtlingsbetreuungsorganisationen sind der Ansicht, dass sich eine faire und effektive Aufnahmepolitik zur Erzielung einer vereinheitlichten Versorgung insbesondere an folgenden Grundsätzen orientieren sollte:

  • Hauptziel der Aufnahmepolitik soll die menschenwürdige und menschenrechtskonforme Behandlung der Asylsuchenden und nicht abschiebbaren Fremden sein. Im Mittelpunkt sollte daher das eigenverantwortliche Handeln der Betroffenen stehen und es muss eine Ausgewogenheit zwischen den Rechten und Verpflichtungen von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden geschaffen werden.


  • Die Aufnahmepolitik muss darauf abzielen, möglichst weitgehende Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der hilfs- und schutzbedürftigen Fremden zu gewährleisten und somit auf jeglichen Ausgang des Asylverfahrens vorzubereiten - sei es für die dauerhafte Integration oder für eine Rückkehr.


  • Die Aufnahmebedingungen für AsylwerberInnen müssen im Verhältnis zur Länge des Asylverfahrens angemessen gestaltet werden und den unterschiedlich intensiven Betreuungsbedürfnissen Rechnung tragen.


  • Eine funktionierende Aufnahmepolitik und Grundversorgung setzt eine positive Einstellung der zuständigen Behörden, ihrer Vertragspartner und des kommunalen Umfelds voraus, die es im Zusammenspiel aller Beteiligten zu fördern gilt.


  • In diesem Sinne ist auch der erarbeitete Katalog zu verstehen.


    GRUNDSÄTZLICHES

    Für Personen, die nicht selbst für ihren Unterhalt aufkommen können und keinen Anspruch auf Versicherungs-leistungen haben, steht in Österreich das System der Sozialhilfe zur Verfügung. Wenn Mittellosigkeit und Hilfsbedürftigkeit auch auf AsylwerberInnen und andere Fremde zutreffen, sollten diese daher ebenso Leis-tungen (Geld- und/oder Sachleistungen) im Rahmen der Sozialhilfe oder einem analogen System gemäß den Richtsätzen und Leistungen für österreichische StaatsbürgerInnen und EWR-Staatsangehörige erhalten.

    Das Grundrecht auf Existenzsicherung ist durch zahlreiche gesetzliche Bestimmungen garantiert.

    Art. 3 der Europäischen Menschenrehtskonvention schützt u. a. die Menschenwürde. Diese ist im Grundrechts-katalog der österreichischen Bundesverfassung nicht explizit erwähnt, der Verfassungsgerichtshof erkennt sie jedoch als allgemeinen Wertungsgrundsatz unserer Rechtsordnung an. Es ergibt sich dadurch für den EMRK-Signatarstaat eine Verpflichtung, existenzbedrohende Armut ausnahmslos hintanzuhalten.

    Art. 13 Abs 1 der Europäischen Sozialcharta hält die Vertragsparteien an sicherzustellen, dass jedem, der nicht über ausreichende Mittel verfügt und sich diese auch nicht selbst oder von anderen, insbesondere durch Leis-tungen aus einem System der sozialen Sicherheit verschaffen kann, ausreichende Unterstützung gewährt wird und im Falle der Erkrankung die Betreuung, die seine Lage erfordert.

    Art. 23 der Genfer Flüchtlingskonvention enthält ebenso eine Verpflichtung zur Gewährung dieser Leistungen und hat in Österreich einfachgesetzlichen Rang.


    Angesichts des Ziels einer Vereinheitlichung der Grundversorgung darf dennoch nicht die Vielfalt an Personen-gruppen, die im Rahmen eines Leistungsschemas für hilfsbedürftige Fremde versorgt werden, aus dem Blick geraten. Einheitlich sollte ein Mindeststandard bezüglich Ausstattung und Betreuung vorhanden sein, darüber hinaus sollte jedoch der Unterschiedlichkeit der Bedürfnisse durch Flexibilität und laufende Evaluierung Rech-nung getragen werden. Diese betreffen einerseits unterschiedliche Betreuungserfordernisse, z.B. kranke, pflegebedürftige oder behinderte Menschen, Menschen mit Gewalt,- und Verlusterfahrung. Andererseits sind aber auch unterschiedliche Anforderungen je nach Aufenthaltsdauer und Aufenthaltsstatus zu beachten und sicherzustellen, dass Personen, die für längere Zeit im Rahmen der Grundversorgung betreut werden, Unter-künften mit höheren Standards zugewiesen werden (z.B. AsylwerberInnen mit befristeter Aufenhaltsbewilligung gem §15, Fremden mit Abschiebeaufschub).

    Die Aufnahme von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden beinhaltet neben den Mitteln zur Existenzsicherung, der medizinischen Betreuung Information, Beratung und Betreuung. Daher ist bei der Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden sicherzustellen, dass medizinischer Versorgung, sozialarbeiterische und sozialpäda-gogische Betreuung, Kinderbetreuung, Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung, Spracherwerb und Bildungs-maßnahmen, psychologische und psychotherapeutische Beratung und Behandlung gewährleistet sind. Wenn keine andere Verständigungsmöglichkeit gegeben ist, muss gewährleistet sein, dass Dolmetschleistungen in Anspruch genommen werden können. Die Erfahrungen der Flüchtlingsbetreuungsorganisationen zeigen, dass diese umfassende Beratungs- und Betreuungsstruktur im urbanen Raum leichter zur Verfügung gestellt werden kann.

  • Im ländlichen Raum muß bei der Standortwahl von Quartieren auf die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit von Leistungen durch entsprechende Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel Bedacht genommen werden. Entsprechend den Schwächen der jeweiligen regionalen Infrastruktur sind kompensatorische Maßnahmen zu ergreifen, wie Fahrtkostenzuschüsse, Bereitstellung von Transporthilfen und/oder der Einrichtung mobiler Dienste.

  • Die Unterbringung in einer EAST soll bis wenige Tage nach dem Erstinterview dauern. Auf jeden Fall sollte der Aufenthalt in EAST vier Wochen nicht überschreiten.

  • Generell ist die Unterbringung in Großquartieren (über 150 Personen) hintanzuhalten und auf die Möglichkeit einer weitestgehend selbständigen Lebensführung zu achten.


  • Die folgenden Empfehlungen sehen wir, wo nicht ausdrücklich anders erwähnt, als für EAST wie für Grundversor-gungseinrichtungen in gleicher Weise als anstrebenswerte bzw. verbindliche Standards.

    Gegliedert sind sie in folgende drei Bereiche:

    Infrastruktur

    Betreuung

    Organisation



    INFRASTRUKTUR

    Mindestausstattung von EAST und Grundversorgungsquartieren

    Bei den Standards zur Ausstattung handelt es sich um Mindesterfordernisse für eine nicht gesundheitsgefährdende und menschenwürdige Unterkunft, die durch den Tagsatz abgedeckt sein sollten. Die Erfahrungen zeigen, dass dort, wo diese umgesetzt sind und durch ausreichende und kompetente Betreuung ergänzt sind, eine weitgehend konfliktfreie Unterbringung möglich ist.
    Grundsätzlich ist von den Unterkunftgebern zu fordern und auch zu kontrollieren, dass geltende Sicherheitsstandards eingehalten werden. Dies betrifft besonders auch die für Kinder zur Verfügung gestellten Räume und Gegenstände.
    Haftungsfragen im Fall von Verlust (z.B. Schlüssel) oder Beschädigung sind klar in der Hausordnung zu regeln, die den BewohnerInnen in einem Orientierungsgespräch erklärt werden muss


    Unterbringung

    •  Zimmer für Alleinstehende sollten nach Möglichkeit mit maximal vier Personen belegt werden.
    •  Familien sollte grundsätzlich eine eigene Wohneinheit mit mehreren Zimmern zur Verfügung gestellt werden. Für größere Familien (mehr als vier Personen) sollten auch Familieneinheiten mit zwei und mehr Zimmern bereitstehen, insbesondere für Familien mit mehr als zwei Generationen und Jugendlichen.
    •  Alleinstehende Frauen sollen in speziellen Einheiten untergebracht werden.
    •  Behindertengerechte Einheiten müssen in ausreichendem Ausmaß vorhanden sein.
    •  Zu einer menschenwürdigen Unterbringung gehört auch Schutz der Privatsphäre, d.h. abschließbare Räume.


    Sanitäre Anlagen

    •  Ausreichende versperrbare Sanitäranlagen sollten selbstverständlich sein.
    •  Die untere Grenze sollte bei einem WC und einer Dusche für zehn Personen liegen.
    Anzustreben sind jedoch mehr und nach Geschlechtern getrennte sanitäre Anlagen, sofern diese nicht in die Wohneinheit integriert sind.


    Infrastruktur zur Gestaltung der Tagesstruktur

    •  Aufenthaltsräume und BesucherInnenraum müssen in jeder Unterkunft vorhanden sein. Je mehr Menschen den Schlafraum teilen, desto wichtiger werden diese Räume als Ausweich- und Rückzugsmöglichkeit. Da die meisten BewohnerInnen außerhalb der Unterkunft keine Beschäftigungsmöglichkeit haben, ist es wichtig, solche in der Unterkunft anzubieten. Dazu gehören TV, auch mit internationalen Programmen, Radio, Bibliothek, Materialien zum Deutschlernen, Internet, Spiele. Die Benutzung muss kostenlos sein.
    •  Extra Aufenthaltsraum für Kinder, günstig wäre zudem ein Hof oder Garten mit Spielgeräten.
    •  Den BewohnerInnen muss die Möglichkeit eingeräumt werden, ihre Religion ungestört ausüben können.
    •  AsylwerberInnen und anderen hilfsbedürftigen Fremden soll die Mitarbeit im Betrieb der Unterkunft gegen Bezahlung ermöglicht werden.


    Hygieneartikel

    •  Hygieneartikel, Reinigungsmittel- und -geräte müssen Teil der Grundversorgung sein und während des gesamten Aufenthalts in ausreichendem Ausmaß zur Verfügung gestellt werden. Dazu gehören eine Grundausstattung an Geschirr, Putz- und Waschmittel, Bettwäsche und Handtücher.
    •  Im Tagsatzsollten weiters die folgenden Artikel inkludiert sein, wobei für die jeweilige Menge ein Leistungskatalog angelegt werden muss, um klare Richtlinien zu schaffen:
    ausreichend Toilettepapier, Babywindeln, Shampoo, Seife, Zahnbürste und Zahnpasta, Monatshygiene, Rasierzeug.


    Wäsche waschen

    •  In jeder Unterkunft müssen Waschmaschine und eine von den Wohnräumen separierte Möglichkeit zum Trocknen der Wäsche zur Verfügung stehen.
    •  Wäschewaschen sollte grundsätzlich gratis sein. Wenn eine Beschränkung der Benutzungshäufigkeit oder des zur Verfügung gestellten Waschpulvers notwendig sein sollte, muss auf individuell erhöhten Bedarf Rücksicht genommen werden, z.B. in Familien mit kleinen Kindern oder im Fall von Allergien oder Krankheit.


    Energie und Energieverbrauch

    •  Heizung und warmes Wasser müssen durchgehend zur Verfügung stehen.
    •  Die Praxis, bei übermäßigem Energieverbrauch, die Versorgung mit Warmwasser auf bestimmte Tageszeiten einzuschränken ist inakzeptabel. Wenn es darum geht, übermäßigen Energieverbrauch einzudämmen sollte auf technische Lösungen (Armaturen mit automatischer Stoppfunktion, Thermostat) zurückgegriffen werden.


    Verpflegung

    •  Die BewohnerInnen sollen die Möglichkeit zu eigener Essenszubereitung haben oder zumindest zur Mitbestimmung, was gekocht wird. Die Erfahrungen zeigen, dass dadurch Konflikte um das Speisenangebot vermieden werden können und das Einkaufen und Kochen eine wertvolle tagesstrukturierende und integrative Funktion hat. Hier sind mehrere Möglichkeiten denkbar, die sich bereits jetzt gut bewähren:
    _ Die BewohnerInnen erhalten den gesamten Verpflegungsbetrag zu ihrer eigenen Verfügung.
    _ Ein Teil des für Verpflegungsgeldes wird den BewohnerInnen für den eigenen Einkauf zur Verfügung gestellt, Grundnahrungsmittel werden zentral und damit günstiger im Großeinkauf für das ganze Haus eingekauft und verteilt. Die BewohnerInnen kochen selbst.
    _ Dem Lebensmittelbedarf und Ernährungsgewohnheiten der BewohnerInnen entsprechend wird ein Vorratslager ("Shop") in der Unterkunft angelegt, bei dem die BewohnerInnen einkaufen.
    _ Selbstorganisation der BewohnerInnen: z.B. in einer Woche werden Gerichte der einen, in der anderen Woche Speisen der anderen Kultur für alle gekocht.
    •  Wo die BewohnerInnen selbst kochen, sollten für etwa zehn Personen/zwei bis drei Familien ein Herd mit Backrohr und ein Kühlschrank vorhanden sein.
    •  Wo der Einkauf und die Verpflegung durch die Quartiergeber erfolgt, ist täglich frisches Obst und Gemüse anzubieten. Weiters ist der Speiseplan so zu gestalten, daß den jeweiligen Ernährungsvorschriften der versorgten Personen Rechnung getragen wird. Zu berücksichtigen sind sowohl religiöse Vorschriften als auch das Alter oder eine erforderliche Diät. Altersgemäße und ärztlichen Empfehlungen entsprechende Babynahrung ist in ausreichendem Ausmaß ist zur Verfügung zu stellen.
    Auch bei Verpflegung durch den Quartiergeber sind Kühlmöglichkeiten einzurichten.


    Versorgung mit Bekleidung

    •  In den Erstaufnahmestellen sind die BewohnerInnen mit der notwendigen und der Jahreszeit entsprechenden Kleidung zu versorgen.
    •  Die Ausstattung mit Bekleidung sollte sowohl durch Bargeld als auch durch das Angebot eines Kleiderlagers erfolgen.
    •  Bei den für längere Aufenthaltsdauer gedachten Unterkünften sollten dieses Angebot in Richtung Selbstverwaltung erweitert werden. Ein auch in Hinblick auf sinnvolle Beschäftigung positives Projekt wäre ein Kleiderlager mit - in Zusammenarbeit mit NGOs - supervidierter Selbstverwaltung, mit angeschlossener Wäscherei, Büglerei, Schneiderei, Schuster.


    Schulbedarf

    •  Die Ausstattung erfolgt beim jeweiligen Schuleintritt des Kindes, unabhängig vom Zeitpunkt des laufenden Schuljahres. Die Ausstattung beinhaltet Schultasche, Schreib- u. Zeichenmaterialien, Hefte, Arbeitsmappen, den Selbstbehalt von Lehrbüchern, Ausstattung für die Unterrichtsfächer Leibesübungen, Werken u. Handarbeiten entsprechend den jeweiligen Vorgaben der Schulen. Für den laufenden Bedarf müssen flexiblere Lösungen gefunden werden als die derzeitige Praxis, Schulartikel nur anlässlich der Taschengeldauszahlung alle zwei Monate beziehen zu können.


    Transporte

    •  Bei Unterkünften in der Stadt stellt sich die Frage, für welche Fahrten Fahrscheine refundiert werden. Am Land stellt sich zusätzlich das Problem, das - v.a. in den Schulferien, wenn Buslinien eingestellt sind - keine öffentlichen Verkehrsmittel verfügbar sind und auf Fahrtendienste (eigene, ev. durch Ehrenamtliche oder externe, z.B. Sammeltaxis) zurückgegriffen werden muß. Vorzugsweise sollten Unterkünfte daher in zentrumsnaher Lage eingerichtet werden.
    •  Ein Kriterium für die Standortwahl bei der Einrichtung von neuen und der Fortführung bestehender Unterkünften sollte daher die Erreichbarkeit sein. Wenn diese nur mangelhaft gegeben ist, müssen eigene Transportmöglichkeiten, ev. auch zum Nutzen und in Zusammenarbeit mit der Kommune geschaffen werden.

    •  Grundsätzlich sollten Unterkünfte nur in Orten errichtet werden, die tagsüber mehrmals von öffentlichen Verkehrsmitteln angefahren werden, zu Zeiten, die den Besuch von Kindergarten, Schule, Kursen, Ärzten etc..ermöglichen.
    Der Weg zur nächsten (Bus-)haltestelle muss auch für Eltern mit Kleinkindern und ältere/geschwächte Personen zu schaffen sein und darf daher nicht mehr als 700 Meter betragen. •  Fahrten, die die medizinische, therapeutische und psychotherapeutische Versorgung betreffen, sollen keinesfalls vom Taschengeld bezahlt werden müssen.
    Kostenlose Fahrt zur Schule/Kursen für nicht mehr schulpflichtige Kinder und zu außerschulischen Veranstaltungen schulpflichtiger Kinder. •  Für Unterkünfte am Land muss geregelt sein, dass in Notfällen unverzüglich ein Transport durchgeführt werden kann. Vorfälle wie die Weigerung eines Pensionsbetreibers, ein krankes Kind ins Krankenhaus zu fahren dürfen sich unter keinen Umständen wiederholen.
    Für andere Fahrten, etwa zu Deutschkursen und Rechtsberatung ist, wenn diese nicht übernommen werden können, zumindest ein Kostenzuschuß von mind. 50% gegen Vorlage des Ticktes sinnvoll, um "Schwarzfahren" hintanzuhalten. •  In allen Fragen, die Fahrtkosten betreffen sollte versucht werden, eine dauerhafte Lösung auch durch Einbindung der VertreterInnen der öffentlichen Verkehrsmittel zu finden.


    Dislocierte Unterbringung in Wohnungen

    • AsylwerberInnen sollen auch die Möglichkeit haben, privat Unterkunft zu nehmen. Diese Möglichkeit ist in der §15a Vereinbarung vorgesehen. Angestrebt werden sollte jedoch eine Angleichung der Kostensätze an die Höhe des Sozialhilferichtsatzes zuzüglich Mietunterstützung und Heizkostenbeitrag wie für österreichische und EWR Staatsangehörige. Der vorgesehene Satz von 110 Euro Miete pro Person wird den tatsächlichen Mietkosten in vielen Bundesländern nicht gerecht. Um Diskriminierungen zu vermeiden ist zumindest die Verrechnung der gleichen Tagsätze wie in organisierten Unterkünften und die Auszahlung des monatlichen Taschengeldes vorzusehen Auch bei dieser Unterbringungsform wird mobile Betreuung durch qualifizierte, vorzugsweise mutterprachliche BetreuerInnen sicherzustellen sein. Die Anmietung von geeignetem Wohnraum wird in den meisten Fällen nur über einen Zwischenträger (NGO) erfolgen können.


    Niederschwellige Grundversorgung

    •  Für hilfs- und schutzbedürftige Fremde, auf die ein Einschränkungs- Einstellungs- oder Ausschließungsgrund angewendet wird oder die aus anderen Gründen in Standardunterkünften nicht betreut werden können, muß eine niederschwellige Versorgung zugänglich sein. Diese umfaßt zumindest einen Schlafplatz, Waschgelegenheiten, Verpflegung, medizinische Versorgung.




    BETREUUNG


    Grundsätzlich wird in jeder Form der Betreuung die Erfahrung gemacht, dass mit einer ausreichenden Anzahl engagierter BetreuerInnen manche Mängel in der Infrastruktur wettgemacht werden können, weil diese in der Lage sind, geeignete Lösungen zu finden, beispielsweise Fahrtendienste oder Ehrenamtlichenunterstützung aufzubauen.

    •  Teil der Betreuung bzw. der Quartierleitung muss es immer auch sein, die Integration in die örtliche Umgebung zu fördern, durch Kontakt mit Schlüsselpersonen im Bezirks- oder Gemeinderat, Schulen, Pfarren. Die Vorstellung eines neu eröffneten Quartiers, Tage der offenen Tür, Klarheit, wer für Anfragen und Beschwerden zuständig ist zählen zu diesen Aufgaben.
    •  Die Aufgaben und damit die Qualifikationsanforderungen teilen sich in die überwiegend organisatorische Wohnbetreuung und die darüber hinausgehende psychosoziale Betreuung. In der Arbeitszeitberechnung ist auch Zeit für regelmäßige Teamsitzungen und Supervision zu kalkulieren, um Fallbesprechungen und effiziente Arbeitsteilung zu ermöglichen, Doppelgleisigkeiten und Burnout vorzubeugen.
    •  Der Gesamtbetreuungsschlüssel der Wohnbetreuung, die auch die administrativen Aufgaben und Nachtdienste umfasst, sollte nicht unter 1:20 liegen. In diesem Schlüssel sind die spezifischeren Beratungs- und Betreuungsaufgaben der psychosozialen Betreuung noch nicht erfasst. Für die psychosoziale Beratung ist ein Schlüssel von 1:30 anzusetzen. Damit ist je nach zusätzlich zur Beratung erforderlichen Recherche- und Dokumentationsaufwand der BetreuerInnen in der Regel eine halbe bis eine Beratungsstunde wöchentlich möglich. Zusätzlich sollten für die Einrichtungen, die mehr Personen mit erhöhten Betreuungsbedürfnissen übernehmen (u.a. Schwerkranke und Pflegebedürftige, Traumatisierte, Menschen mit Behinderungen), ein höherer Betreuungsschlüssel gewährleistet sein.
    •  Dieser Betreuungsschlüssel kann bei der Wohnbetreuung ausnahmsweise dann unterschritten werden, wenn größere Familien betreut werden. Wieweit das möglich ist, muss mit Rücksicht auf die individuellen Voraussetzungen (Psychische Stabilität und Gesundheitszustand, Aufenthaltsstatus und Leistungsansprüche, Beziehungsqualität innerhalb der Familie etc..), aber auch in Hinblick auf Umfeldbedingungen wie der Integration in und Unterstützung durch die Umgebung entschieden werden.
    •  Der angegebene Schlüssel geht von Vollzeitäquivalenten aus. "1" steht für 38h Wochenarbeitszeit.


    Wohnbetreuung


    Diese muss direkt in der Unterbringungseinrichtung gewährleistet sein und ist im Tagsatz der Grundversorgung enthalten.

    Anforderungen

    •  Alle MitarbeiterInnen von Unterbringungseinrichtungen müssen für die besondere Situation von AsylwerberInnen und anderen hilfsbedürftigen Fremden geschult sein.
    •  Insbesondere soll qualifiziertes, mehrsprachiges Betreuungspersonal für die Wohnbetreuung eingesetzt werden. Die Leitung der Wohnbetreuung sollte auf alle Fälle von einer Fachkraft übernommen werden, die über kommunikative und interkulturelle Kompetenzen verfügt, um im Alltag auftretenden Konflikte lösen zu können. Wenn in kleineren Unterkünften, z..B. Pensionen der Unterkunftgeber selbst Aufgaben der Wohnbetreuung wahrnimmt, gilt für sie oder ihn zumindest diese Anforderung.
    •  Für Bewohnerinnen sollte auf alle Fälle genügend weibliches Betreuungspersonal eingesetzt werden.
    •  Zusätzlich müssen DolmetscherInnen verfügbar sein.
    •  Der Personalschlüssel für die Wohnbetreuung in der Unterkunft sollte mindestens 1:20 betragen (1 Personaleinheit für 20 Personen)

    Aufgaben

    Die Wohnbetreuung umfasst folgende Aufgaben:
    •  Erklären der Haus- und Wohnplatzordnung,
    •  Organisation der Ein-, Aus- und Umzüge,
    •  Startpaket- und Hygienemittelverteilung,
    •  Achtung auf die hygienischen Verhältnisse in der Unterbringungseinrichtung,
    •  Instandhaltung und Reparaturen,
    •  Lebensmittelverteilung, Auszahlung von Essensgeld, Versorgung mit Essen,
    •  Taschengeldauszahlung,
    •  Ausgabe von Fahrscheinen,
    •  Organisation der Schülerfreifahrt und Schulbedarfsartikel,
    •  Organisation von Krankenhilfe und medizinischer Versorgung,
    •  Organisation von Transporthilfen,
    •  Versorgung mit Bekleidung,
    •  Sicherheitskontrollen, Einhaltung der Hausordnung, Brandschutz,
    •  Nachtdienste und Notfallsdienste rund um die Uhr,
    •  Angebote für die Tagesstruktur und Freizeitgestaltung,
    •  Organisation von Hausversammlungen, Einbeziehung von HausbewohnerInnen,
    •  Verwaltungsarbeit und Schnittstelle zu den zuständigen Behörden,
    •  Kooperation mit den (mobilen) psychosozialen Betreuungsdiensten u. sonstigen VertreterInnen des jeweiligen regionalen Netzes.

    In den nicht von speziell ausgebildeten Fachkräften auf dem Land geführten Unterkünften sollen die örtlichen Unterkunftsgeber diese Aufgaben teilweise übernehmen und für das ergänzend erforderliche Personal sorgen. In einzelnen Fällen, oder für einzelne umschriebene Aufgaben der Wohnbetreuung sind Hilfestellungen durch die örtlich zuständigen mobilen BetreuerInnen nach Absprache und mittels klarer Vereinbarungen zu regeln.


    Psychosoziale Betreuung


    Zusätzlich zu einer menschenwürdigen Unterbringung und einer entsprechenden Wohnbetreuung muss die psychosoziale Beratung und Betreuung für Menschen in der Grundversorgung gewährleistet sein. Diese sollte idealer Weise direkt in der Unterbringungseinrichtung angeboten werden. Grundsätzlich ist es aber auch möglich, eine Beratungsstelle für mehrere Unterbringungseinrichtungen einzurichten oder psychosoziale Beratung und Betreuung im Rahmen einer mobilen Betreuung anzubieten.

    Anforderungen

    •  Dabei sollen insbesondere MitarbeiterInnen eingesetzt werden, die über für psychosoziale Beratungs- und Betreuungstätigkeit entsprechende Qualifikationen verfügen (z.B. SozialarbeiterInnen, Sozialpädagogen, insbesondere interkulturelle Erfahrung, spezielle Aus- und Weiterbildung in asyl- und fremdenrechtlichen Fragen). Mehrsprachiges Betreuungspersonal soll dabei bevorzugt werden. Eine Betreuungskraft sollte für maximal 30 Personen zuständig sein. Bei einem Betreuungsschlüssel von 1:170 ist jedenfalls keine ausreichende und regelmäßige Betreuung der Bewohnerinnen möglich.
    •  Im Falle mobiler Betreuung sind die Fahrtzeiten in die Arbeitszeit einzukalkulieren und zur Berechnung des Betreuungsschlüssels zu berücksichtigen.

    Aufgaben

    •  Krisenintervention / Konfliktmanagement bei Konflikten,
    •  Beratung und Begleitung bei der Bewältigung des Lebensalltags und der Exilsituation,
    •  Vorgabe einer sinnvollen Tagesstruktur, Schaffung von Freizeitangeboten,
    •  Pädagogische Unterstützung: Beratung bez. Schule, Kindergarten, Hort, Begleitungen und Dolmetsch bei Elternsprechstunden, Erziehungsberatung,
    •  Rechtsinformation und Unterstützung bei Anträgen und Behördenwegen: zu den Bereichen Asyl- und Aufenthaltsrecht, Spracherwerb und Nostrifikation, Bildung, Versicherungs- und anderen Sozialleistungen,
    •  Arbeitsrecht- und arbeitsmarktbezogene Beratung, Unterstützung bei Arbeitssuche,
    •  Prävention und Beratung in Gesundheitsfragen,
    •  Wohnberatung - Unterstützung beim Finden einer Finalwohnung,
    •  Frauenspezifische Beratungs- und Betreuungsangebote. Bei Problemen mit familiärer Gewalt: Herstellen von Kontakten zu spezifischen Betreuungseinrichtungen etc.,
    •  Sozialberatung in sonstigen Rechtsfragen, z.B. Eheschließung, Scheidung, Obsorge, melde- und verwaltungsrechtlichen Fragen etc.,
    •  Sonstige Tätigkeiten für KlientInnen: Erstellen von Infoblättern in der Muttersprache; Vorbereitung und Organisation von Gruppen/Veranstaltungen/ Vorträgen; Durchführung von Gesundheitsvorsorgemaßnahmen.


    Medizinische Versorgung


    Das medizinische Betreuungsangebot erfolgt entsprechend dem Leistungskatalog der Krankenversicherung, darüber hinausgehende Leistungen werden im Einzelfall geprüft. Neu angekommenen Asylsuchenden soll im Erstaufnahmezentrum eine umfassende Untersuchung angeboten werden, wobei ein medizinischer Grundcheck in Bezug auf die allgemeine Situation und unter besonderer Berücksichtigung von meldepflichtigen ansteckenden Krankheiten unter Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Regelungen auch verpflichtend sein könnte. ÄrztInnen und diesen zur Verfügung gestellte DolmetscherInnen sollen im Hinblick auf die spezielle Situation von Flüchtlingen geschult sein und auf kulturelle Unterschiede Bedacht nehmen. Die medizinischen Betreuung umfasst weiters die Konsultation eines Psychologen/Psychiaters, sofern der hilfs- und schutzbedürftige Fremde dies wünscht oder Anzeichen für eine Diagnose- und/oder Behandlungsnotwendigkeit vorliegen.
    Bei Kindern ist der Impfstatus (soweit möglich) zu erheben und entsprechende Nachimpfungen durchzuführen, die Kostenübernahme spezifischer Impfungen (z.B. FSME), soweit nicht durch generelle Gesundheitsprogramme der Länder getragen, ist sicherzustellen.


    Besonderer Betreuungsbedarf


    Die Berücksichtigung der speziellen Situation weiterer besonders schutzbedürftiger Fremder fehlt in der Grundversorgungsvereinbarung fast zur Gänze. Entsprechend Art. 17 der Aufnahmerichtlinie [Richtlinie 2003/9/EG des Rates vom 27.Jänner 2003 zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten] wären jedoch für die spezielle Situation von besonders schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten, älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben, Vorkehrungen zu treffen. Leider enthält die derzeitige Vereinbarung keine geeignete Staffelung der Kostensätze, denn der erforderliche höhere Betreuungsschlüssels kann nur durch einen anderen Tagsatz ermöglicht werden.
    •  Besonders schutzbedürftige Personen, z.b. Personen, die Folter, Vergewaltigung etc erlitten haben, benötigen eine Form der Unterbringung, die auf ihre Bedürfnisse Rücksicht nehmen (Schutz der Privatsphäre, keine Überbelegung, Erreichbarkeit von medizinischer Versorgung und psychologischer Unterstützung.
    •  Intensivbetreuung und psychologische Beratung und Behandlung: Dadurch werden die Personen psychisch stabilisiert und Probleme wie selbstgefährdendes Verhalten (z.B. übermäßiger Alkoholkonsum) bzw. fremdgefährdendes Verhalten (physische Gewalt gegenüber Familienmitgliedern oder Fremden), verringert.
    •  In vielen Fällen ist darüber hinausgehend eine Psychotherapie erforderlich. Bereits jetzt werden von den auf die psychotherapeutische Behandlung von AsylwerberInnen spezialisierten Zentren im Jahr rund 5000 Stunden Psychotherapie geleistet, wobei der tatsächliche Bedarf noch höher liegt. Für die Abdeckung der nicht durch die Krankenversicherung abgedeckten Kosten für Psychotherapie muss eine Lösung gefunden werden. Dies umso dringender, als mit dem Inkrafttreten der Aufnahmerichtlinie für AsylwerberInnen Opfer von Folter und Gewalt entsprechend Artikel 20 Anspruch auf die für sie erforderliche Behandlung erhalten. Die erforderliche Behandlung wird in den meisten Fällen eine traumaspezifische Psychotherapie sein.
    •  Für Personen mit besonderen Betreuungsbedürfnissen wäre es äußerst wichtig, ergänzend zu der vorgesehenen Sonderunterbringung für pflegebedürftige Personen, weitere Betreuungsplätze für die Unterbringung in spezialisierten Wohngemeinschaften und Einrichtungen vorzusehen.


    Kinderbetreuung


    Außerhäusliche Kinderbetreuung bringt eine Vielzahl an Vorteilen bezüglich Spracherziehung und Integration der gesamten Familie und sollte daher ermöglicht werden. Für diese außerfamiliäre Kinderbetreuung ist ein/e MitarbeiterIn vom Unterkunftgeber als Ansprechperson namhaft zu machen.

    Kleinkinder

    •  Häufig übernehmen BewohnerInnen mit Kinder wechselseitig die stundenweise Betreuung. Dies kann und soll durch die Heimleitung und das Betreuungspersonal gefördert werden.
    •  Als sinnvoll hat sich auch erwiesen, für Babysitting und Lernbetreuung ein Netz an ehrenamtlichen HelferInnen aufzubauen. Wichtig ist, für die Anwerbung, Einschulung, Koordination und Betreuung der Ehrenamtlichen genügend Arbeitszeit der hauptamtlichen MitarbeiterInnen einzuplanen.

    Kindergarten

    •  Der Besuch des Kindergartens verringert Sprachprobleme beim Schuleinstieg wesentlich. Die Möglichkeit des freiwilligen Kindergartenbesuchs ist zumindest ab dem fünften Lebensjahr zu gewährleisten.
    •  Im Falle von AsylwerberInnen ist die Bezahlung der Kindergartenbeiträge derzeit ungeregelt. Somit ist der Kindergartenbesuch vom Träger (d.h. in vielen Fällen von den Gemeinden) abhängig, die in vielen Fällen von einem Beitrag absehen. Dies führt wiederum zu Unverständnis seitens der Bevölkerung. Um eine konfliktärmere und klarere Lösung zu erzielen müssen dazu Finanzierungslösungen zwischen Trägern und zuständigen Behörden vereinbart werden. aus dem Taschengeld sollte der zu bezahlende Selbstbehalt keinesfalls zur Gänze finanziert werden.

    Schulkinder

    •  die Schülerfreifahrt wird vom Bund geregelt und sollte so organisiert werden, dass finanzielle Vorleistungen von den Flüchtlingen und Quartiergebern nicht erforderlich sind.
    •  Lernhilfe ist für viele Kinder, die mit Sprachproblemen kämpfen, erforderlich. Eine Lösung kann mit den örtlichen Schulen gefunden werden oder wie erwähnt in der Unterkunft durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen erfolgen.

    Nicht mehr schulpflichtige Jugendliche

    Fehlender Anspruch auf Bildung und somit fehlende Tagesstruktur der Jugendlichen stellen derzeit ein großes Problem dar, das sich in Depression oder Aggression der Betroffenen äußert. Beides führt zu Ablehnung und Verunsicherung der ortsansässigen Bevölkerung.
    •  Der Besuch von höherer Schulen oder z.B. Hauptschulabschlusskursen sollte daher im Interesse aller durch Unterstützung bei den Fahrtkosten (gänzliche oder teilweise Übernahme, Organisation eines ehrenamtlichen Fahrtendiensts etc) gefördert werden.
    •  Im Fall, dass keine solche Möglichkeit offen steht, muss die Betreuung insbesondere auf pädagogische Unterstützung für die Eltern und Angebote für Jugendlichen achten.
    •  Für die Jugendlichen sollten möglichst viele tagesstrukturierende Angebote, z.b. Deutschkurse, PCs-Kurse aber auch sportliche Aktivitäten, etc geschaffen werden. Auch hier kann viel durch ehrenamtliche MitarbeiterInnen oder engagierte Vereine erreicht werden.




    ORGANISATION



    Im Text der Bund-Länder-Vereinbarung fehlen unseres Erachtens Überlegungen zu einigen Punkten, so dass Probleme in der Umsetzung durch unklare Abläufe zu erwarten sind. Wir regen daher an, zu den genannten Punkten klare Regelungen zu schaffen bzw. enthält der Text auch Vorschläge dazu.


    Vergabekriterien


    Für die Zielsetzung, den Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechender und menschenwürdiger Unterbringung sind klare Vergabekriterien und regelmäßige Qualitätskontrollen unerlässlich.

    •  Für die Beauftragung - egal ob durch ein Vergabeverfahren oder als Förderung geregelt - müssen unerlässliche Mindestanforderungen und, etwa in Form eines Punktesystems, darüber hinausgehende erwünschte Standards transparent gemacht werden.
    •  Auf alle Fälle sollte für jede Vergabe ein Betreuungskonzept als wesentliches Kriterium vorgelegt werden, in dem dargestellt werden muss, wie und in welchem Umfang die unter Betreuung beschriebenen Leistungen erbracht werden.


    Qualitätskontrolle


    •  Zusätzlich zu den bestehenden sanitätsdienstlichen und feuerpolizeilichen Kontrollen sowie den Kontrollen der Auftraggeber schlagen wir die Errichtung einer Ombudsstelle vor, die unabhängige Fachleute angehören und die als Vermittlungs- und Beschwerdestelle für alle Beteiligten fungiert. Die Aufgabe dieser Stelle wäre die Untersuchung und Weiterleitung von Beschwerden, sowie die Erarbeitung von Lösungsvorschlägen.
    •  Die auf Landesebene eingerichteten Ombudsstellen würden als Ansprechpartner in Fragen der Qualitätsstandards in der Grundversorgung und den Erstaufnahmestellen den Ländern, dem Bund und dem Koordinationsrat zur Verfügung stehen.


    Kommunikationstruktur


    •  Die Länder sollten über eine Schnittstelle zu den Unterkunftgebern, der Betreuungsorganisationen sowie der BewohnerInnen verfügen.
    •  Für eine effiziente Kommunikation zwischen den in jedem Bundesland an der Grundversorgung Beteiligten schlagen wir ein regelmäßiges regionales Treffen im Sinne eines Round tables vor, an dem VertreterInnen des jeweiligen Bundeslandes, der Quartiergeber (NGOs und Private) und der Ombudsstelle teilnehmen.
    •  Diese Treffen sollen der Evaluation des Systems und der gegenseitigen Erwartungen dienen.


    Zuweisung und Verlegung


    •  Bei der Zuweisung in Quartiere sollte von Anfang an auf individuelle Bedürfnisse geachtet werden. Insbesondere bei chronischen Krankheiten und Schwangerschaft sollte eine zentrumsnahe Unterbringung bzw. rasche Verlegung möglich sein. Zu berücksichtigen sind jedenfalls auch nahe Verwandtschaftsverhältnisse oder andere soziale Beziehungen, Ausbildungsmöglichkeiten.
    •  Auf jeden Fall sollten transparente Kriterien für Verlegungen und klare Zuständigkeiten für diesbezügliche Ansuchen bzw. Einsprüche geschaffen werden.


    Einschränkungen und Ausschluss


    Bereits jetzt sollten sich Ausschlussgründe und Leistungseinschränkungen an der Aufnahmerichtlinie orientieren.
    •  Demzufolge wäre eine gänzliche Einstellung der Leistung wie in Art 6 (3) der Vereinbarung vorgesehen, nicht möglich. Bezüglich der Gründe für eine Leistungseinschränkung sollten nur die in Art 16 der Aufnahmerichtlinie genannten herangezogen werden (nicht gemeldetes Verlassen des Aufenthaltsortes, Versäumnis der Meldepflichten im Asylverfahren, Verschweigen von Finanzmitteln, grobe Verstöße gegen die Vorschriften der Unterkunft).
    •  Leistungseinschränkungen sind keine Sanktionen, sondern betreffen nicht in Anspruch genommene bzw zu unrecht bezogene Leistungen.
    •  Einschränkungen oder Einstellungen von Leistungen sind in einem Verfahren festzustellen und Einspruchsmöglichkeiten vorzusehen.


    Unterstützung im Fall von Erwerbstätigkeit


    Hilfs- und schutzbedürftige Fremde sollen auch bei Erwerbstätigkeit weiter in Unterbringungszentren wohnen können.
    •  Bezieht der/die hilfs- und schutzbedürftige Fremde ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit, werden ihm Beiträge zu den Unterbringungskosten vorgeschrieben, bzw. andere Teilleistungen nach dem Subsidiaritätsprinzip eingestellt (z.B. Krankenversicherung). Der Kostenbeitrag richtet sich nach der Höhe des Einkommens, wobei ein Maximalbetrag zu definieren wäre.


    Datenaustausch (Land/Bund/Quartier/(mobile)Betreuung)


    •  Bezüglich der Bestimmungen zum Datenaustausch erscheinen die Details, welche Daten weitergegeben werden ungeregelt.
    •  Wünschenswert wäre es aus Perspektive der mobilen Betreuung, Meldungen über Neuzugänge in den einzelnen mobil betreuten Quartieren zu erhalten.


    Vertragsgestaltung und Überprüfung seiner Einhaltung


    Angesichts des Ziels einer Vereinheitlichung und der Qualitätssicherung und der derzeit sehr unterschiedlichen Auffassungen über die zu erbringenden Leistungen einzelner Unterkunftgeber (z.B. Bereitstellung von Waschmaschinen, Essensausgabe, Transportdienste) hoffen wir auf eine möglichst präzise Vertragsgestaltung in Form von festgelegten Leistungskatalogen. Auf die spezifischen personellen, räumlichen u. ausstattungsmäßigen Gegebenheiten der einzelnen UnterkunftgeberInnen, so wie auf die jeweiligen regionalen infrastrukturellen Faktoren des Standorts der Unterkunft ist in der Vertragsgestaltung Bedacht zu nehmen und die Umsetzung der Standards aller der Grundversorgung zugehörigen Leistungen durch Festlegung von kompensierenden Maßnahmen zu sichern. Ebenso sind für allfällige notwendige Verbesserungen einzelner Leistungsangebote Umsetzungspläne mit jeweiligem Zeitrahmen zu vereinbaren. Auf dieser Basis sollte die Kontrolle der Einhaltung aller Vertragsleistungen regelmäßig sowie anlässlich von Beschwerden erfolgen.




    Erstellt von Arbeitsgruppe Grundversorgung der Flüchtlingsorganisationen,
    19. Februar 2004.