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Stellungnahme zum Entwurf der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG [18.08.2003]
über gemeinsame Maßnahmen zur vorübergehenden Grundversorgung für hilfs- und schutzbedürftige Fremde (Asylwerber, Vertriebene und andere aus rechtlichen oder faktischen Gründen nicht abschiebbare Menschen) in Österreich.
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EINLEITENDE ÜBERLEGUNGEN

Seit Bestehen des Bundesbetreuungsgesetzes und der seither angewandten intransparenten, willkürlichen und menschenrechtswidrigen Praxis bei der Versorgung von AsylwerberInnen fordern NGOs, daß Asylsuchende menschenwürdig untergebracht und mit dem notwendigen Lebensbedarf versorgt werden. Die fehlende Versorgung hat auch gravierende Auswirkungen auf das Asylverfahren, weil obdachlose AsylwerberInnen ihre Rechte und Pflichten nicht wahrnehmen können.

Die lange Verhandlungsdauer zu der gegenständlichen Vereinbarung - seit dem Jahr 2001 wird ein Kostenschlüssel diskutiert - hat dazu geführt, daß zahllose hilfs- und schutzbedürftige Fremde weiterhin unversorgt blieben, ungeachtet der damit verbundenen sozialen, gesundheitlichen und psychischen Folgeprobleme der Betroffenen. Dennoch ist es zu begrüßen, dass nun ein neuer konkreter Vorschlag vorliegt. Erfreulich ist vor allem die breite Definition der Zielgruppe und die erkenntliche Intention, die derzeitigen Missstände hinsichtlich des Umfang und der Qualität der Betreuungsleistung in Zukunft zu vermeiden.
Handlungsbedarf entstand für Österreich durch die am 27. Jänner 2003 verabschiedete Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestnormen für die Aufnahme von Asylwerbern und Asylwerberinnen in den Mitgliedsstaaten (in der Folge kurz: Aufnahmerichtlinie), die bis zum 6.Februar 2005 umgesetzt werden muß und die Österreich nun verpflichtet, allen AsylwerberInnen ein gewisses Maß an Grundversorgung, inklusive Unterkunft und medizinische Versorgung zu gewährleisten.
Umso unverständlicher ist es daher, daß mit dem vorliegenden Entwurf für eine Grundversorgungsvereinbarung nicht gleichzeitig die Gelegenheit ergriffen wurde, das österreichische Bundesbetreuungsschema den Erfordernissen der oben erwähnten Richtlinie der Europäischen Union anzupassen. Die unerlässliche Einführung eines Rechtsanspruchs von Asylsuchenden auf Grundversorgung wird stattdessen weiter aufgeschoben, was zur Folge hat, daß demnächst weitere Gesetzesänderungen in diesem Bereich erforderlich werden. Eine Umsetzung der EU Richtlinie durch die Novellierung des Bundesbetreuungsgesetzes und des Grundversorgungsmodells in einem Zug erscheint jedenfalls sinnvoller und wäre auch angesichts der vom Obersten Gerichtshof ausgesprochenen Verpflichtung zur Sicherung der Existenz eines Asylwerbers in einer wirtschaftlichen Notlage dringend geboten.




ZU DEN EINZELNEN BESTIMMUNGEN


Art. 1 (1):


Ein Verteilungsschlüssel aufgrund der Bevölkerungszahl ist sinnvoll für die Aufteilung der Kosten, fraglich jedoch als Instrument für die örtliche Zuweisung. So sind sinnvollerweise unbegleitete minderjährige Flüchtlinge überproportional dort untergebracht, wo geeignete Betreuungsstrukturen existieren. Die Erfahrung mit den derzeit bestehenden QuArt.ieren der Bundes- und Landesbetreuung zeigen, dass Unterbringung in strukturell benachteiligten Gebieten als Ungleichbehandlung wahrgenommen wird, den Interessen und Bedürfnissen der Zielgruppe nicht gerecht wird und auch objektiv Nachteile hinsichtlich Unterstützung durch die jeweilige community, Gesundheitsversorgung, Beschäftigungsmöglichkeiten, etc. bedingt. Aus diesem Grund wären Unterbringungsplätze in urbanen Gebieten bzw. regionalen Zentren, zumindest aber mit guter Verkehrsanbindung anzustreben.

Art. 1 (5):

Das Vorliegen eines klagbaren Anspruchs hilfsbedürftiger AsylwerberInnen auf Grundversorgung und Betreuung wurde durch den Beschluß des OGH 1OB272/02k vom 24.Februar 2003 festgestellt und sollte Eingang in die gegenständliche Vereinbarung finden. Die dem entgegenstehende Verneinung eines Rechtsanspruch gem. Art. 1(5) würde die derzeit bestehende Rechtsunsicherheit prolongieren. Weiters steht Art. 1(5) in Widerspruch zu den in Art. 1 genannten Zielsetzungen der Vereinbarung. In Art. 1(1) wird unter anderem Rechtssicherheit für die betroffenen Fremden als Ziel der Vereinbarung genannt. Diese wird jedoch nicht erreicht werden, wenn weiterhin nicht festgeschrieben wird, dass Fremde gem. Art. 2 des Entwurfs ein Anrecht auf Unterbringung und Versorgung haben.
Weiters erfordert die Aufnahmerichtlinie, zu deren Umsetzung die Vereinbarung laut Vorblatt einen ersten Schritt leisten soll, hilfs- und schutzbedürftigen Fremden einen Rechtsanspruch auf Grundversorgung einzuräumen. Die unterzeichnenden Organisationen sehen es daher als unerlässlich an, im Zuge des Abschlusses der Vereinbarung auch eine entsprechende Novellierung des Bundesbetreuungsgesetzes und der Bundesbetreuungsverordnung vorzunehmen.

Art. 2 (1):

Die im Entwurf vorgesehene Definition der Hilfsbedürftigkeit bedeutet im Umkehrschluss, dass nicht hilfsbedürftig ist, wer den Lebensbedarf von anderen Personen oder Einrichtungen erhält, wobei zu letzteren in den Erläuterungen "karitative Einrichtungen" als Beispiel angeführt werden. Damit entsteht der Zirkelschluss, der Gegenstand des Beschlusses des OGH war. Im Beschluss heißt es hierzu wörtlich "Der Bund kann sich der seiner gesetzlichen Selbstbindung entsprechenden Leistungspflicht nach allen bisherigen Erwägungen nicht etwa dadurch entziehen, dass er sich zunächst auf Leistungen von dritter Seite (karitative Organisation) zur Beseitigung der Linderung einer akuten wirtschaftlichen Notlage von Asylwerbern erwArt.et". Damit hat der OGH auf die zunächst vertretene Rechtsauffassung des Berufungsgerichtes abgestellt, wonach ein Anspruch auf Bundesbetreuung schon deshalb nicht erfolgreich durchsetzbar sei, weil die Hilfsbedürftigkeit durch Leistungen einer karitativ tätigen kirchlichen Organisation beseitigt wurde. Es ist nicht ersichtlich, warum dieser Rechtsirrtum in der gegenständlichen Bund- Ländervereinbarung prolongiert werden sollte. Diese Definition der Hilfsbedürftigkeit soll dahingehend geändert werden, dass hilfsbedürftig ist, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitten beschaffen kann und auch keine Unterhaltsansprüche gegenüber anderen Personen oder Einrichtungen wirksam geltend machen kann.

Von der Verwendung des Begriffes "Schutzbedürftig" als gemeinsames Merkmal für die umfasste Zielgruppe ist abzuraten.
In der asyl- und menschenrechtlichen Terminologie sind damit Menschen gemeint, die nach der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. der Europäischen Menschenrechtskonvention des internationalen Schutzes der Staatengemeinschaft bedürfen. Jemand, der aus tatsächlichen Gründen nicht abgeschoben werden kann, wird nicht zwangsläufig schutzbedürftig sein, kann aber trotzdem hilfsbedürftig sein. Es ist daher richtig, ihn von den Leistungen der Vereinbarung zu umfassen.

Die in Art. 2 (1) Ziffer 1- 4 umschriebene Gruppe Schutzbedürftiger ist zu ergänzen um Fremde ohne Aufenthaltsrecht bis zur Feststellung über die tatsächliche oder rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung.

Art. 2 (4):

Zu den in artikel 2 Abs. 4 angeführten Ausschlussmöglichkeiten ist wiederum klarzustellen, dass ein Minimum an überlebensnotwendigen Leistungen Betroffenen nicht entzogen werden kann. Die Kernbestimmungen der Menschenrechte sind auf jede Person in jeder Situation anzuwenden, somit auch auf jene, die wegen gerichtlich strafbarer Handlungen verurteilt worden sind. Dem sollte durch den gänzlichen Entfall des Abs. 4 Rechung getragen werden..
Ausschluß, Einschränkung und Einstellung von der Grundversorgung stehen in Widerspruch zur Aufnahmerichtlinie der EU, die in Art. 21 vorsieht, dass gegen abschlägige Entscheidungen ein Rechtsmittel an ein Gericht offen stehen muss und in Art. 16 Tatbestände für einen Ausschluss normiert. Diese Tatbestände umfassen jedoch nicht die im Entwurf beschriebene "Verurteilung wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die einen Ausschlussgrund gem §13 AsylG darstellen kann".
Vorgesehen ist in Art. 16 der Aufnahmerichtlinie weiters, dass Entscheidungen über Einschränkung, Entzug, Sanktionen unpArt.eiisch und begründet getroffen werden unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzip. In jedem Fall muss Zugang zur medizinischen. Notversorgung gewährleistet werden. Auch diese Schutzbestimmungen sollten in Hinblick auf EU Konformität der Vereinbarung ergänzt werden.

Art. 3:

In Art. 3 des Entwurfs wird die Aufgabenteilung zwischen Bund und Ländern bei der Erstaufnahme und Versorgung der Zielgruppe von AsylwerberInnen und Fremden gem. Art. 2 geregelt. Um zu gewährleisten, dass die vereinbArt.en Leistungen tatsächlich der gesamten Zielgruppe zukommen, muss einerseits ein Rechtsanspruch geschaffen werden, andererseits müssen die für die Regelung der Versorgung von AsylwerberInnen relevanten (gesetzlichen) Grundlagen abgeändert werden. Derzeit enthalten Bundesbetreuungsgesetz, Bundesbetreuungsverordnung, die Richtlinie des BMI zur Aufnahme von AsylwerberInnen vom Oktober 2002 zahlreiche Ausschlussmöglichkeiten, die der Zielsetzung des Entwurfs wie auch der von Österreich umzusetzenden Aufnahmerichtlinie entgegenstehen. Die unterzeichnenden Organisationen regen an, diese Bereinigung in Hinblick auf die Verpflichtungen aus der Aufnahmerichtlinie bereits jetzt vorzunehmen und die gesamte Materie EU konform zu gestalten.

Art. 3 (3):

Es bleibt unklar, was der Begriff "asylverfahrensrelevante Verfügungen" beinhaltet. Wünschenswert und zur Achtung der Privatsphäre der AsylwerberInnen notwendig wäre der explizite Ausschluss einer Weitergabe von inhaltlichen Informationen bezüglich des Asylverfahrens.

Art. 4:

Zu Abs 1 Ziffer 2 und 3 wird vorgeschlagen, Aufgaben des Bundes und der Länder einheitlich zu formulieren und "Entscheidung über die" Aufnahme bzw. Entlassung zu streichen. Da die Zielgruppe ausreichend determiniert ist, bedarf es lediglich der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen, aber keiner Entscheidung als Ergebnis eines Verfahrens.

Die in Ziffer 7 verwendete Formulierung, wonach es Aufgabe der Länder ist, das Bundesasylamt bei der Führung von Asylverfahren zu unterstützen, erscheint zu wenig determiniert und sollte abschließend aufgezählt werden. Zumindest wäre zu berücksichtigen, daß auch beim Unabhängigen Bundesasylsenat Asylverfahren durchgeführt werden.

Der in Ziffer 9 gezogene Schluß, daß abwesende Asylwerber sich Verfahren entzogen haben, ist unzulässig und sollte ausschließlich von den Asylbehörden beurteilt werden. Vorgeschlagen wird, diese Formulierung durch die Meldung über die unentschuldigte Abwesenheit von der Unterkunftsstelle zu ersetzen.

Art. 6 (1):


Die unterzeichnenden Organisationen begrüßen es, dass die "Achtung der Menschenwürde" als zentrales Kriterium für geeignete Unterbringung genannt wird. Die Achtung der Menschenwürde sowie die in Art. 1 der Vereinbarung intendierte Einheitlichkeit der Grundversorgung kann jedoch nur gewährleistet sein, wenn verbindliche Qualitätsstandards festgesetzt werden, anhand derer die Auftragsvergabe an Unterkunftsgeber erfolgt. Ebenso erfordert die Erfüllung dieses Anspruchs, dass regelmäßige Qualitätskontrollen vorgenommen werden und Verstöße gegen die festgelegten Standards klar geregelte Maßnahmen nach sich ziehen. Der Entwurf enthält keine Hinweise auf eine solche Standardisierung, wodurch die Umsetzung der Intention des Art. 6 (1) gefährdet erscheint.

Die dringende Empfehlung, Qualitätsstandards einzuführen basiert auf den Erfahrungen mit der derzeitigen Unterkunftssituation. Nicht nur bestehen enorme Qualitätsschwankungen hinsichtlich Ausstattung, Hygiene, Nahrungsmittel, sondern auch hinsichtlich der von Unterkunftgebern erbrachten Leistungen (wie z.B. Transporte zu ÄrztInnen, Versorgung mit Hygieneartikeln, Häufigkeit der gestatteten Benutzung der Duschen). Eine Empfehlung österreichischer Beratungsstellen für AsylwerberInnen und MigrantInnen für "Qualitätsgrundsätze für die Aufnahme von Schutzsuchenden" ist im Anhang beigeschlossen. Weitere Anregungen können unter anderem den Normen zur Grundversorgung der Asylabteilung des dänischen Roten Kreuz entnommen werden.
Derzeit erfolgt ein großer Teil der Unterbringung in Pensionen und Gasthöfen, deren Betreiber für Unterbringung von Flüchtlingen weder qualifiziert sein müssen, noch sind Schulungen vorgesehen. Aus den bestehenden Erfahrungen lassen sich Schlussfolgerungen ziehen, welche Leistungen jedenfalls vereinheitlicht werden sollten:

Mindestgröße der Zimmer pro Person bzw. pro Familie und Maximalbelegung einer Unterkunft:
Bei der Festlegung der Maximalbelegung ist nicht nur auf die Raumgröße zu achten, sondern in Hinblick auf die hygienischen Bedingungen auch auf die sanitäre Ausstattung der Unterkunft.

Ausstattung mit Kochmöglichkeiten:
viele Beispiele in einzelnen Unterbringungsstellen zeigen, dass die Möglichkeit, dass BewohnerInnen selbst kochen können, die Konflikte zwischen Unterkunftgeber und BewohnerInnen reduziert und auch bei den üblichen Tagsätzen (z.B der Kärntner Landesbetreuung) möglich ist. Praktikable Modelle wurden in verschiedenen Unterkünften entwickelt und reichen von abwechselndem Kochen der verschiedenen Herkunftsgruppen bis zur Absprache mit einem als Koch für alle fungierenden Bewohner. Immer wieder zeigt sich, dass die von Unterkunftgebern zur Verfügung gestellten Mahlzeiten für die BewohnerInnen unverträglich oder nicht ausreichend sind oder sosehr abgelehnt werden, dass es in der Folge insbesondere bei Kindern zu Mangelerscheinungen kommt.
Wo diese Selbstversorgung nicht ermöglicht werden kann, ist zumindest die Beachtung religiöser Verpflegungsvorschriften sowie die Ausgewogenheit der Ernährung (inkl. Frischprodukte) zu normieren. Insbesondere muss auch festgeschrieben werden, dass Mahlzeiten auch außerhalb der vorgesehen Essensausgabezeiten konsumiert werden dürfen. Derzeit kommt es laufend zu der Situation, dass SchülerInnen im Falle längeren Unterrichts nicht mehr zu ihrer Mahlzeit gelangen.
Auch auf sachgemäße Lagerung der Lebensmittel sollte Wert gelegt werden. Die Praxis, das Abendessens bereits zu Mittag auszugeben, ohne die Möglichkeit, die Nahrungsmittel einzukühlen, sollte ausgeschlossen sein.

Versorgung mit Hygieneartikel sowie Bedarfartikel für Babies:
Der Entwurf nimmt darauf keinen Bezug. Die unterzeichnenden Organisationen empfehlen jedoch aufgrund der derzeit unklaren Zuständigkeiten eine explizite Regelung. Derzeit werden von zahlreichen Unterkunftgebern keine Hygieneartikel ausgegeben. Da neu angekommene AsylwerberInnen bis zur ersten Taschengeldauszahlung jedoch völlig mittellos sind, ist die Versorgung mit Hygieneartikeln und Babywindeln in diesen Fällen nicht gewährleistet, auch das Taschengeld ist dafür meist nicht ausreichend.

Zugang zu ärztlicher Versorgung:
Im Entwurf wird diesbezüglich bislang nur in Art. 6(1) 5. Bezug genommen und nur hinsichtlich der Sicherung der Krankenversorgung durch Bezahlung der Versicherungsbeiträge genannt. Die Sicherstellung der Krankenversorgung für hilfsbedürftige, also mittellose Fremde erfordert jedoch darüber hinausgehende und explizit zu vereinbarende Maßnahmen, insbesondere bei Unterbringung in entlegenen Gebieten.
Beim Zugang zu ÄrztInnen kam es in der Vergangenheit zu unglaublichen Missständen. In einer Pension, in der AsylwerberInnen untergebracht werden, wurde dem Arzt der Zugang zur Unterkunft verweigert. Wiederholt waren Unterkunftgeber nicht bereit, erkrankte Kinder, denen Fußmärsche und stundenlange Busfahrten nicht mehr zumutbar waren, zu ÄrztInnen zu fahren. Generell werden Fahrtkosten zu ÄrztInnen nicht übernommen. Die Krankenscheinvergabe ist nach Berichten der betreuenden Organisationen verzögert, AsylwerberInnen verfügen jedoch nicht über die Mittel, die erforderliche Barauslage zu leisten. Teil einer Neuregelung der Grundversorgung von AsylwerberInnen muss daher die Übernahme von Farhtkosten zu ÄrztInnen und eine effiziente Abwicklung der Krankenscheinvergabe sein, sowie die Verpflichtung der Unterkunftgeber zur Hilfeleistung im Bedarfsfall.

Zugang zu unabhängiger Rechtsberatung:
Im Entwurf wird keine Referenz zur Rechtsberatung gemacht, sondern lediglich zur Beratung hinsichtlich der Orientierung in Österreich. Explizit erwähnt wird hingegen die Rückkehrberatung, was verzichtbar erscheint, als die Abschätzung der Rückkehrperspektive ohnehin fallweise Konsequenz der Auslotung der Situation in Österreich sein wird. Zugang zu einer Rechtsberatung freier Wahl sollte jedenfalls durch die Übernahme von Fahrtkosten sichergestellt sein, sollte diese nicht in mobiler Form gewährleistet sein, bzw. im Fall, dass Betroffene in diese kein Vertrauen haben.

Schulung der Unterkunftgeber:
Die Aufgabe der Versorgung von Flüchtlingen überfordert verständlicherweise viele Gastwirte. Eine Vorbereitung auf ihre Aufgaben und eine Schulung hinsichtlich rechtlicher Rahmenbedingungen, Erste Hilfe, Konfliktmanagement, kulturelle Sensibilität könnte zu einer besseren professionelleren Grundlage der Grundversorgung beitragen.

Zu einzelnen Ziffern Art. 6:


Ziffer 3:
Da Personen in individueller Unterbringung vom Taschengeldbezug ausgeschlossen sind, wäre die für die Verpflegung vorgesehen Beträge in Art. 9 entsprechend zu erhöhen.

Ziffer 4:
Anstelle der medizinischen Untersuchung im Bedarfsfall und nach den Vorgaben der gesundheitsbehördlichen Aufsicht schlagen die unterzeichnenden Organisationen eine sozialmedizinische Erstabklärung und im Bedarfsfall die Zuweisung zum Arzt nach dänischem Modell vor:
Es soll mit jedem Neuankömmling ein sozialmedizinisches Screeninggespräch stattfinden. Das Gespräch soll durch eine diplomierte Krankenschwester bzw. einen diplomierten Krankenpfleger unter verpflichtender Beiziehung eines geeigneten Dolmetschers erstellt werden. Die erhobenen Daten sind mit Ausnahme meldepflichtiger Krankheiten vertraulich zu behandeln und unterliegen der Schweigepflicht. Die Krankenschwester oder der Krankenpfleger entscheidet zur weiteren Anamnese über die Beiziehung eins Arztes im Bedarfsfall. Das sozialmedizinische Screeninggespräch basiert auf Freiwilligkeit. Wird es abgelehnt, kann jedoch ein medizinischer Verlegungsstopp verhängt werden und muss der Neuankömmling im Erstaufnahmebereich verbleiben.

Art. 6 (5):
Die Möglichkeit, über die derzeit vorgesehene Tätigkeit in den Betreuungsstellen des Bundes hinaus freiwillige Hilfstätigkeiten zu erbringen, wird begrüßt, allerdings sollte die Freiwilligkeit gewährleistet werden, indem explizit auch die Remuneration für diese Hilfstätigkeiten genannt wird.

Art. 6 (3) - Art. 6 (4) sowie Art. 8:
In Sinne eines einheitlichen Vollzugs wird angeregt, eventuell bestehende inhaltliche Unterschiede bei den verwendeten Begriffen Grundversorgung, Grundbedürfnisse und Lebensbedarf darzulegen. Im übrigen wird auf die Erfordernis einer gerichtlichen Überprüfung entsprechend der EU-Aufnahmerichtlinie sowie die Bemerkungen zu Art. 2 verwiesen.

Die Einschränkung der Grundversorgung bei einer vorübergehenden Schutzmaßnahme bei einer Massenfluchtsituation ist nach Ansicht von sehr bedenklich. Selbst wenn in diesem Zusammenhang individuelle Asylverfahren bei administrativer Überbelastung ausgesetzt werden können, darf diese Sondermaßnahme keine nachteiligen Folgen auf die potentielle Feststellung der Flüchtlingseigenschaft der betreffenden Personen und deren Rechtsstellung haben. Da diese Flüchtlinge überwiegend Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention sind, sollte ihre Rechtsstellung sich an den Rechten von Flüchtlingen orientieren. Anstatt einer Einschränkung der Grundversorgung sollte vielmehr deren Ausweitung vorgesehen werden.

Art. 7 - Sonderbestimmungen für unbegleitete minderjährige Fremde

Da die unterzeichnenden Organisationen als Mitglied die Beurteilung der Arbeitsgruppe Menschenrechte für Kinderflüchtlinge teilt, geben wir hier deren Anmerkungen zur Grundversorgungsvereinbarung wieder.
Die Arbeitsgruppe Menschenrechte für Kinderflüchtlinge begrüßt grundsätzlich den vorliegenden Ministerialentwurf zur Grundversorgungsvereinbarung.
Im Besonderen bewertet die Arbeitsgruppe die Tatsachen positiv, dass in der Vereinbarung anerkannt wird, dass unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMF), einer über die Grundversorgung von Erwachsenen hinausgehenden Unterstützung bedürfen und die Klarstellung, dass eine Erstabklärungs- und Stabilisierungsphase für UMF vorzusehen ist.

Die Umsetzung der Grundversorgungsvereinbarung würde zweifelsfrei zu einer deutlichen Verbesserung der Versorgung und Betreuung von UMF führen. Der vorliegende Entwurf lässt aber auch zentrale Problemstellungen ungelöst, diese sollen im ersten Teil der Stellungnahme erörtert werden.
Trotz der positive Gesamtbeurteilung des vorliegenden Entwurfs bestehen - speziell bei UMF - grundsätzliche Zweifel bezüglich der Vereinbarkeit mit der geltenden Gesetzeslage. Diese grundsätzlichen Bedenken werden im zweiten Teil dieser Stellungnahme skizziert.

Teil I: Konkrete Kritkpunkte am Ministerialentwurf

Kosten
Zunächst ist anzumerken, dass die im artikel 9 der Vereinbarung angegebenen Kostenhöchstsätze bezüglich der Unterbringung und Betreuung von UMF nicht mit den Berechnungen im Vorblatt übereinstimmen.
Die im Entwurf angegeben Kostenhöchstsätze von 50€, 40€ und 37€ pro Tag (gestaffelt nach Betreuungsintensität) sind keinesfalls ausreichend, um die im artikel 7 aufgezählten Aufgaben im ausreichenden Ausmaß erfüllen zu können. Selbst die im Vorblatt angegeben Kostenhöchstsätze von 75€, 60€ und 37€ sind sehr niedrig bemessen. Die Kostensätze von Einrichtungen, die im Rahmen der Jugendwohlfahrt mit der Unterbringung und Betreuung von Jugendlichen betraut sind, liegen deutlich höher.
Für besondere Problemstellungen (körperliche, psychische oder geistige Beinträchtigungen) werden - insbesondere in Akutphasen - die Ressourcen der Unterbringungseinrichtungen keinesfalls ausreichen. Wenn es zu keiner generellen Anhebung der Kostenhöchstsätze kommt, sollte ein Fonds eingerichtet werden, aus welchem im Bedarfsfall zusätzliche Leistungen gedeckt werden können.

Sicherung der Qualität der Betreuung
Bisher wurden schulpflichtige UMF, weibliche UMF oder solche mit einem besonderen Betreuungsbedarf zumindest in einigen Bundesländern in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht. Dieser Bedarf wird auch zukünftig bestehen bleiben. Es ist daher notwendig klarzustellen, dass für UMF der Zugang zu diesen Einrichtungen auch nach der Umsetzung der 15a BV-G Vereinbarung möglich ist.
Weiters ist darauf zu achten, dass bei allen Unterbringungsplätzen die Qualität der Betreuung gesichert ist. Die Unterbringung und Betreuung von UMF soll demnach ausschließlich von Organisationen durchgeführt werden, die über einschlägiges Know How und besonders ausgebildete MitarbeiterInnen verfügen. In Art. 4 der Vereinbarung sollte weiters festgeschrieben werden, dass die Sicherstellung und Kontrolle der altersadäquaten Betreuung und Unterbringung von UMF den Ländern obliegt.

Intensität der Betreuung
Als problematisch und den praktischen Erfahrung widersprechend wird von der Arbeitsgruppe Menschenrechte für Kinderflüchtlinge die Tatsache bewertet, dass laut Ministerialentwurf österreichweit nur 30 Wohngruppenplätze für Jugendliche mit besonderem Betreuungsbedarf vorgesehen sind. Nach Einschätzung der Arbeitsgruppe Menschenrechte für Kinderflüchtlinge sind mindestens doppelt so viele Intensiv betreute Unterbringungsplätze notwendig.

Betreuungsschlüssel
Die Angabe des Betreuungsschlüssels in Art. 9 in der angegebenen Form ist unverständlich jedenfalls aber unüblich. Ein Betreuungsschlüssel von 1:10 bei Wohngruppen, 1:15 bei Wohnheimen oder 1:20 bei betreutem Wohnen kann wohl nur bedeuten, dass damit das Verhältnis der ständig anwesenden Betreuungspersonen zur Anzahl der betreuten UMF wiedergegeben wird. Dies würde bedeuten, dass eine Betreuungsperson pro 10; bzw.15; bzw. 20 UMF ständig anwesend sein sollte. Eindeutig und verständlicher wäre es, den Betreuungsschlüssel - so wie allgemein üblich - als Verhältnis von Personalstellen zu betreuten UMF anzugeben.

Kostenteilung statt Verteilung von Menschen
Ein Verteilungsschlüssel aufgrund der Bevölkerungszahl Art. 1(4) ist sinnvoll für die Aufteilung der Kosten, nicht jedoch als Instrument für die örtliche Zuweisung. Die Erfahrung mit den derzeit bestehenden QuArt.ieren der Bundes- und Landesbetreuung zeigen, dass Unterbringung in strukturell benachteiligten Gebieten als Ungleichbehandlung wahrgenommen wird, den Interessen und Bedürfnissen der Zielgruppe nicht gerecht wird und auch objektiv Nachteile hinsichtlich Unterstützung durch die jeweilige Community, Gesundheitsversorgung und Beschäftigungsmöglichkeiten bedingt. Aus diesem Grund sind Unterbringungsplätze in urbanen Gebieten bzw. regionalen Zentren, zumindest aber in Orten mit guter Verkehrsanbindung anzustreben.

Flexible Nutzung des Betreuungsangebots
Der Wechsel der Unterbringungseinrichtung sollte in begründeten Fällen rasch und unbürokratisch auch über die Grenzen von Bundesländern hinweg möglich sein, wenn dies mit dem Wohl des Jugendlichen zu vereinbaren ist.
Mögliche Gründe für den Wechsel des Unterbringungsortes können u.a. sein: Verwandte oder Community in einer bestimmten Region; optimale Nutzung des bestehenden Platzangebotes.
Weiters erscheint eine Nutzung des gesamtösterreichischen Betreuungsangebots auch deshalb geboten, weil nicht in allen Bundesländern Erstabklärungseinrichtungen für UMF vorgesehen sind. Es ist daher wichtig in der Vereinbarung vorzusehen, dass die Zuweisung an Folgeunterbringungsstellen durch die Jugendwohlfahrtsträger der jeweiligen Länder unter Bedachtnahme der Vorschläge der Erstabklärungseinrichtung erfolgt.
Problematisch ist, sollte das Asylgesetz in der derzeit vorgesehen Form geändert werden, dass es zu einer Verfestigung der Zuständigkeit des ersten örtlich zuständigen Jugendwohlfahrtsträgers bezüglich der Vertretung im Asylverfahren kommt. Dies wäre aber zumindest in jenen Fällen, in welchen nach der Erstabklärung und Stabilisierung die Verlegung in ein anderes Bundesland erfolgt nicht zielführend, da dies die Vertretungsarbeit der Jugendwohlfahrtsträger erschweren und zeitlichen und finanziellen Mehraufwand bedeuten würde.

Medizinische und psychotherapeutische Versorgung
Die möglichst frühzeitige Erkennung von Krankheiten ist sowohl für die Betroffenen selbst als auch für die MitbewohnerInnen und BetreuerInnen wichtig. Daher sollte für UMF die Möglichkeit der medizinischen und psychologischen Erstabklärung in der Vereinbarung vorgesehen werden.
Neben der medizinischen Behandlung sollte auch die psychotherapeutische Unterstützung von UMF, unter Berücksichtigung der besonderen Voraussetzungen (Dolmetscher), lückenlos möglich sein.

Bildung
Art. 6(1) des vorliegenden Entwurf stellt die Übernahme der erforderlichen Fahrtkosten und die Bereitstellung des Schulbedarfs für schulpflichtige Kinder sicher. Diese Kosten sollten aber auch bei nicht mehr schulpflichtigen Minderjährigen, die eine Schule besuchen oder an einer Ausbildungsmassnahme teilnehmen, bereitgestellt werden.
Bei der örtlichen Planung der Unterbringungsplätze sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass diese immer im Einzugsgebiet von Ballungsräumen liegen. Nur so kann auch sichergestellt werden, dass die im Entwurf unter Art. 7(3) vorgesehenen Schul-, Ausbildungs- und Berufsvorbereitungsaktivitäten für alle UMF tatsächlich zugänglich sind.

Erreichen der Volljährigkeit
Im Rahmen der Vereinbarung sollte sichergestellt werden, dass nach dem Erreichen der Volljährigkeit darauf zu achten ist, dass begonnene Massnahmen der Schul-, Ausbildungs- und Berufsvorbereitung fortgesetzt werden können. In begründeten Einzelfällen sollte auch der weitere Aufenthalt in der jugendspezifischen Einrichtung nach Erreichen der Volljährigkeit möglich sein.


Ad Art. 7: Weitere Sonderbestimmungen


Die Berücksichtigung der speziellen Situation weiterer besonders schutzbedürftiger Fremder fehlt gänzlich: entsprechend Art. 17 der Aufnahmerichtlinie wären auch für die spezielle Situation weiterer besonders schutzbedürftiger Gruppen Vorkehrungen zu treffen: "Die Mitgliedsstaaten berücksichtigen in den nationalen Rechtsvorschriften (…)betreffend die materiellen Aufnahmebedingungen sowie die medizinische Versorgung die spezielle Situation von besonders schutzbedürftigen Personen wie Minderjährigen, unbegleiteten Minderjährigen, Behinderten älteren Menschen, Schwangeren, Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern und Personen, die Folter, Vergewaltigung oder sonstige schwere Formen psychischer, physischer oder sexueller Gewalt erlitten haben." Der im Fall der unbegleiteten Minderjährigen eingeschlagene Weg, diese in einer gruppenspezifischen Sonderbestimmung zu regeln wäre auch hier empfehlenswert.
Einerseits sind für die Abdeckung dieses Betreuungsbedarfes spezielle Einrichtungen bzw. Plätze in spezifischen Institutionen notwendig, andererseits ist es wichtig ausreichende Beratungs- und Betreuungsangebote und andere soziale Dienste in der integrativen Grundversorgung zur Verfügung zu stellen. Dies erfordert ein höheres, flexibleres Tagsatzsystem und die Möglichkeit der Finanzierung einer ausreichenden Anzahl von qualifizierten Beratungs- und Betreuungspersonal und sonstigen sozialen Dienstleistungen (siehe Kap. Leistungen aus der Grundversorgung und Kostenersätze).
Besonders schutzbedürftige Personen benötigen nicht nur spezielle Formen der Unterbringung (z.B. einen Wohnplatz in einer spezifischen Wohngemeinschaft), die auf ihre Bedürfnisse Rücksicht nehmen, sondern auch eine intensive mehrsprachige psychosoziale und psychologische Beratung und Betreuung. Beratungs- und Betreuungsbedarf gibt es insbesondere in den Bereichen der gesundheitspsychologischen und klinisch-psychologischen Arbeit, in der psychopädagogischen Beratung und Familienberatung, Beratung in aufenthaltsrechtlichen und Asylfragen, im Bereich der Wohnberatung, der allgemeinen Sozialberatung, etc..
Bei Personen, die Folter, Vergewaltigung etc erlitten haben, ist eine psychologische Betreuung notwendig, um die Verarbeitung dieser traumatisierenden Ereignisse zu fördern und die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung zu behandeln. Durch diese Behandlung werden die Personen psychisch stabilisiert und Probleme, wie selbstgefährdendes (z.B. übermäßiger Alkoholkonsum) bzw. fremdgefährdendes Verhalten (physische Gewalt gegenüber Familienmitgliedern oder Fremden), werden verringert. In vielen Fällen ist eine Psychotherapie erforderlich. D.h. unter anderem fehlt gänzlich eine Kostenabdeckung für die nicht durch die Krankenversicherung abgedeckten Kosten für Psychotherapie. Bereits jetzt werden von den auf die psychotherapeutische Behandlung von AsylwerberInnen spezialisierten Zentren im Jahr rund 5000 Stunden Psychotherapie geleistet, wobei der tatsächliche Bedarf noch höher liegt.
In diesem Zusammenhang ist die Form der Unterbringung besonders wichtig, denn sie sollte der Stabilisierung dienen und nicht noch zusätzlich (z.B. durch Mehrfachbelegung eines Zimmers) Stress produzieren.
Beispielsweise ist es bei schwangeren Frauen notwendig, nicht nur die medizinische Versorgung zu garantieren, sondern sie auch über die einzelnen Untersuchungen zu informieren, denn in vielen Ländern ist diese Versorgung nicht Standard und die Untersuchungen führen zu massiven Verunsicherungen. Ebenfalls sind Informationen über die notwendige Hygiene und Ernährung sinnvoll, um für die Gesundheit und das Wohl des Kindes zu sorgen.
Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern benötigen beispielsweise psychosoziale Unterstützung, damit sie mit den Erziehungsaufgaben in einer für sie meist völlig unbekannten Kultur zurechtkommen.
Auch hier könnte das dänische Modell mit Erhebung des physischen, psychischen und sozialen Betreuungsbedarfs sowie der Beurteilung der Einschätzung durch den Asylwerber, als Modell dienen.

Art. 8: Leistungen aus der Grundversorgung und Kostenhöchstsätze

Der vorgesehene Kostenersatz bei eigenständiger privater Unterkunft sind so gering, daß vermutet werden muß, daß diese Form der Grundversorgung möglichst hintangehalten werden soll. Es ist kaum möglich, mit dem vorgesehenen Mietbeitrag in der Höhe von 110 € im Monate für eine Einzelperson eine Unterkunft zu mieten, zusätzlich müßten weitere Fixkosten wie Strom und Heizung berücksichtigt werden. Prinzipiell ist die Zielgruppe der Vereinbarung vom öffentlichen und gemeinnützigen Wohnungsmarkt ausgeschlossen und auf den privaten Wohnungsmarkt angewiesen.
Für individuell untergebrachte Personen wird für Miete und Verpflegung gemäß Art.9 € 290,- als Unterstützung pro Monat vorgesehen, während bei organisierter Unterbringung € 540,- vorgesehen werden, obwohl eine organisierte Unterbringung in der Regel kostengünstiger als eine individuelle private Unterbringung sein wird.
Noch krasser ist das Mißverhältnis beim Kostenersatz für Familien. So würde beispielsweise eine sechsköpfige Familie mit zwei Erwachsenen und vier Kindern für ihren Lebensunterhalt € 900,- pro Monat zur Verfügung haben, wobei auch zu berücksichtigen ist, daß die Zielgruppe keinen Anspruch auf Familienbeihilfe hat. Dies würde bei organisierter Unterbringung einem Tagsatz von € 5,- entsprechen. Nach Ansicht von NGO sind den Richtsätzen der Sozialhilfe entsprechende Kostenersätze erforderlich, um die Grundbedürfnisse sichern zu können. Die Förderung individueller Unterbringung ist nach Ansicht der NGO wünschenswert und notwendig, insbesondere ab einer gewissen Aufenthaltsdauer. Gerade für die Zielgruppe der subsidiär schutzberechtigten Personen, deren Integration erwArt.et durch den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt zum Ausdruck kommt, könnte die Versorgung in organisierten Unterkünften zur Integrationsbarriere werden
Die Kostenhöchstsätze und Betreuungsschlüssel erscheinen unzureichend. Besonderer Betreuungsbedarf kann damit nicht ausreichend berücksichtigt werden. Lediglich die Betreuung von Pflegebedürftigen ist vorgesehen, der dafür vorgesehene Kostenersatz und auch die Anzahl der erforderlichen Plätze ist jedoch viel zu gering bemessen. Der vorgesehene Tagsatz von 39,4 entspricht etwa dem niedrigsten bei unbegleiteten Minderjährigen ohne besonderen Betreuungsbedarf. Vorgeschlagen wird, diese analog zum Pflegegesetz zu regeln., höherer Tagsatz notwendig Für sämtliche andere besonders schutzbedürftige Gruppen mit unter Umständen erhöhtem Betreuungsbedarf fehlt jegliche Regelung des Kostenersatzes, was die Befürchtung aufkommen läßt, daß die in der Richtlinie der EU vorgesehene besondere Berücksichtigung dieser Gruppe nicht gewährleistet wird.
Geeignet wäre nach Ansicht von NGO ein Betreuungsmodell, in dem physische, psychische, soziale Probleme oder Probleme mit der Lebensführung oder im Verhalten sowie pädagogische Probleme unterschieden werden und drei verschiedene Grade an Betreuungsaufwand unterschieden werden. Der Kostenersatz wäre analog zu entsprechenden Einrichtungen festzulegen.
Für Beratung, Information und Betreuung wird ein Betreuungsschlüssel von 1 : 30 als unbedingt notwendig erachtet.
Außerdem wird angeregt, sowohl den Kostenersatz für die Gestaltung der Tagesstruktur (12) als auch für die Bekleidungshilfe zu erhöhen und am tatsächlichen Bedarf zu orientieren., der im Fall der Bekleidung bei länger dauernder Unterstützung sicher auch mehrmals anfallen wird.

Art. 8 (4):

Absatz 4 ermöglicht eine Einschränkung der Grundversorgung auf die Grundbedürfnisse im Falle einer Massenfluchtbewegung. Hinsichtlich der Definition der Grundbedürfnisse im Verhältnis zur Grundversorgung wird auf obige Ausführungen unter artikel 6 Absatz 4 verwiesen.
Auch wird darauf hingewiesen, dass die Grundbedürfnisse mindestens die in Art. 13 der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20.07.2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten angeführten Standards beinhalten müssen.
Generell ist anzumerken, dass die Einschränkung der Leistung nicht nachvollziehbar ist, da es sich gerade bei dieser Personengruppe um eine besonders hilfs- und schutzbedürftige Gruppe handelt.



Diese Stellungnahme wird getragen von:

asylkoordination österreich - Verein von AusländerInnen- u. Flüchtlingshilfsorganisationen u. -betreuerInnen, Kinderstimme, Bewegung Mitmensch Weinviertel, Peregrina - Beratungs-, Therapie- und Bildungszentrum für Migrantinnen, Romano Centro - Verein für Roma, Verein Integrationshaus Wien, ZARA- Beratung für ZeugInnen und Opfer von Rassismus, ZEBRA - Zentrum zur sozialmedizinischen, rechtlichen und kulturellen Betreuung von Ausländern und Ausländerinnen in Österreich.