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Flüchtlingshelfer: Nicht weniger, sondern mehr "Willkommenskultur" [15.01.2016]
"Europäischer Flüchtlingsrat" fordert sichere Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge und solidarische Verteilung in Europa ...
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Wien (APA) -

Kein Ende, sondern eine Ausweitung der "Willkommenskultur", sichere Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge und ihre solidarische Verteilung in Europa - das sind die Kernforderungen von 90 Flüchtlingsorganisationen und NGOs, die sich unter dem Dach des "Europäischen Flüchtlingsrates" (ECRE) organisiert haben und derzeit unter dem Motto "Menschen schützen, nicht nur Grenzen" in Wien beraten.

Worüber, das brachte ECRE-Vorstandsmitglied Karl Kopp von der deutschen Menschenrechtsorganisation "Pro Asyl" auf einer Pressekonferenz am Freitag auf den Punkt: "Während ihr (die Regierungen der EU-Staaten) euch streitet, werden wir unsere Bemühungen verstärken, das Flüchtlings- und Asylrecht in Europa zu retten."

Obergrenzen für die Aufnahme von Flüchtlingen, wie sie immer öfter - auch in Österreich - von konservativen und rechtsgerichteten Parteien gefordert werden, sind für die Vertreter des "European Council on Refugees and Exiles" nicht nur aus rechtlichen Gründen indiskutabel. Christoph Riedl vom Flüchtlingsdienst der Diakonie: "Es kann keine geben, weil es auch keine Obergrenzen des Todes und der Vertreibung gibt." Es liege in der Verantwortung jedes Staates, faire und rechtsstaatliche Asylverfahren durchzuführen - und zwar ohne vorherige Unterscheidung in Kriegs- oder Wirtschaftsflüchtlinge, "weil es genau der Sinn des Verfahrens ist, das festzustellen."

Ein gemeinsames Anliegen ist den Flüchtlingshelfern das Offenhalten der Flüchtlingsroute über den Balkan. Einzelne Einschränkungen oder Grenzschließungen würden durch einen "Dominoeffekt" das ganze System bis nach Griechenland kollabieren lassen, sagte Kopp. Langfristig aber gehe es darum, den Flüchtlingen statt der entbehrungsreichen und gefährlichen Reise über die Balkanroute oder das Mittelmeer sichere Einreisemöglichkeiten nach Europa zu eröffnen, forderte Riedl. "Das kann über Visaerleichterungen, über Resettlement-Programme oder über Botschaftsverfahren erfolgen", zählte der Diakonie-Vertreter auf - allerdings unter der Voraussetzung, dass die EU-Staaten die Flüchtlinge dann "in einem direkten und solidarischen Modus über Europa verteilen, statt sich in Grauslichkeiten zu überbieten."

Den Strom der Flüchtlinge durch Grenzschließungen oder einen "Wettbewerb der Unattraktivität" stoppen zu wollen, ist für Riedl eine Illusion, die nur mehr Todesopfer auf der Flüchtlingsroute verursachen werde: "Die Menschen fliehen vor dem Tod, sie werden sich nicht durch reduzierte Sozialleistungen abhalten lassen." Letztlich unterliefen alle diese Versuche, Flüchtlinge abzuschrecken und abzuhalten, geltendes Recht.

"So eine Spaltung, so eine gegenseitige Anfeindung auf dem Rücken der Flüchtlinge, hat es in Europa noch nie gegeben", resümierte Kopp, der dadurch auch das Modell der europäischen Integration an sich in Gefahr sieht: "Es steht ja alles in den EU-Verträgen drin", meinte er in Bezug auf einen korrekten Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden. "Wenn es nicht erfüllt wird, dann kann man schon weitermachen - aber ohne Inhalt. Dann hat man seine Seele verkauft."