Asylverfahren | Archiv

Verwaltungsgerichtshof über Ungarn als Asylland [14.09.2015]
Ungarn kann nicht generell als sicherer Staat für Flüchtlinge angesehen werden ...
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Flüchtlinge berichten immer wieder über menschenunwürdige Behandlung in Ungarn. "Durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs sind nun endlich die Sicherheitsbedenken bestätigt worden," zeigt sich asylkoordination österreich erleichtert. "Diese Entscheidung des Höchstgerichts ist ein wichtiger Beitrag für die Abschaffung des Dublin-Systems, sagte die Obfrau der asylkoordination Anny Knapp, die damit die jahrelange Kritik am Dublin-System bestätigt sieht. Die Entscheidung des Höchstgerichts betrifft eine alleinerziehende afghanische Frau mit minderjährigen Kindern, für die strengere Maßstäbe an die Aufnahmestrukturen in den EU-Staaten anzulegen sind. Minderjährige und Alleinerzieherinnen gelten als besonders schutzbedürftig. Eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung sei aufgrund der in Ungarn seit Herbst 2014 geänderten Lage nicht mehr anzunehmen, bestätigte nun das Höchstgericht die Befürchtungen der Flüchtlingsfamilie. Es könne bei einer Abschiebung der Familie nach Ungarn zu Menschenrechtsverletzungen kommen, stellte der Verwaltungsgerichtshof fest. Die generelle Sicherheitsvermutung, die auf alle EU-Staaten zutreffe, lasse sich für Ungarn nicht mehr aufrecht erhalten, befindet das Gericht.

Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts war rechtswidrig, denn es hatte sich nicht ausreichend mit der geänderten Situation in Ungarn auseinandergesetzt. Das Höchstgericht hat damit zwar nicht generell den Stab über Ungarn gebrochen, künftig wird es jedoch nötig sein, eine aktuelle Lagebeurteilung vorzunehmen und die individuelle Situation der Flüchtlinge besser zu berücksichtigen. "Bei den Dublin-Verfahren spielt die individuelle Situation meist überhaupt keine Rolle," so Anny Knapp. So werde völlig vernachlässigt, ob die AsylwerberInnen Angehörige in anderen EU-Staaten haben und sogar die Eltern von volljährigen Kinder in jene Länder abgeschoben, über die sie in die EU erstmals eingereist sind.

Die aktuelle Situation, wo sowohl Griechenland als auch Italien oder Ungarn mit der Aufnahme einer so großen Anzahl von Ankömmlingen überfordert sind, zeigt deutlich, dass Dublin endgültig ausgedient hat. Diese Länder mit EU Außengrenzen können nicht das Gros aller in der EU ankommenden Flüchtlinge aufnehmen, ihre Anträge prüfen und sie integrieren. Anders als EU-StaatsbürgerInnen haben Flüchtlinge trotz zuerkanntem Schutzstatus keine Niederlassungsfreiheit in der EU. Verhandlungen auf EU-Ebene über die Verteilung von Flüchtlingen kommen seit Monaten nicht voran. Die Mitgliedstaaten sollen sich nun rasch auf ein neues Konzept für die Aufnahme von Flücthlingen einigen. Die bedingungslose Achtung der Menschenrechte, faire Verfahren und ein Verbot der Inhaftierung von schutzsuchenden Flüchtlingen müssen selbstverständlich gewährleistet werden.


Rückfragen
Anny Knapp, asylkoordination österreich,
Tel 01/5321291-15, mobil 0688-8284460
mail: knapp@asyl.at