Asylverfahren | Archiv

Stellungnahme der Agenda Asyl zur Gesetzesnovelle, mit der das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingerichtet wird [agenda asyl, 16.05.2012]
... und so nebenbei einige asyl- und fremdenpolizeiliche Bestimmungen geändert werden ...
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Grundsätzliches

Vorangestellt werden muss, dass dieser Gesetzesentwurf primär die Schaffung eines Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl zur Intention hat, welches im Rahmen einer umfassenden Verwaltungsreform eingerichtet werden soll. Im vorliegenden Entwurf wird auf nicht existente Gesetze bzw. Systeme verwiesen, wodurch eine umfassende Begutachtung nahezu unmöglich ist.

Das Ziel des vorliegenden Entwurfs, schlankere und effizientere Strukturen zu schaffen und zu einer Verkürzung der Verfahrensdauer beizutragen, wird von Agenda Asyl grundsätzlich begrüßt.

Bedenklich erscheint jedoch die Überbetonung der Effizienz durch Verfahrensbeschleunigung und die verhältnismäßig geringe Berücksichtigung von Qualitätsstandards in Verfahren, welche auch über das Schicksal von Menschen entscheiden, die in Österreich Schutz vor Verfolgung und schweren Menschenrechtsverletzungen suchen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass eine europa- und grundrechtskonforme Ausgestaltung des Rechtsschutzes unabdingbar ist. Die Ausgestaltung der Verfahren vor dem zukünftigen Bundesamt sowie für die Beschwerdeverfahren ist allerding bislang noch nicht bekannt. Hinsichtlich der Rechtsberatung und Rechtsvertretung von Asylsuchenden und "Fremden" als wesentliche Elemente muss jedoch bereits aufgrund des vorliegenden Entwurfs festgestellt werden, dass die Qualitätsstandards nicht nur nicht angehoben werden, sondern im Gegenteil die erst kürzlich eingeführte kostenlose Rechtsberatung und Vertretung wieder eingeschränkt werden soll.

Agenda Asyl ist weiters besorgt, dass mit dem vorliegenden Entwurf immer weiter in die Grundrechte und Privatsphäre von Fremden eingegriffen wird, während gleichzeitig deren Rechtsschutz nach und nach ausgehöhlt wird.
Anstatt einer systematischen Zusammenfassung des Migrationsrechts bleiben "reguläre Migration" und "irreguläre Migration" getrennt und das NAG außerhalb der Zuständigkeiten des neu zu schaffenden Bundesamtes. Der Asylbereich bleibt im Bereich der "irregulären Migration", womit der Fokus erneut auf den sicherheitspolitischen Aspekt anstatt auf den Schutzgedanken gelegt wird. Der Gesetzgeber trägt somit einmal mehr dazu bei, dass in der öffentlichen Wahrnehmung Asylsuchende und "Fremde" durch die Verbindung mit bzw. die Reduzierung auf die Illegalität verstärkt als Sicherheitsrisiko wahrgenommen werden.

Erwähnt sei darüber hinaus, dass ein Geburtsfehler der zu schaffenden Behörde deren Name "Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl" ist. Die Behörde steht damit stellvertretend für einen vollkommen deplazierten Gebrauch des Wortes "Fremde/r" in der österreichischen Gesetzgebung. Die betreffende Behörde ist nämlich keineswegs nur für die Belange von "Fremden" zuständig. Viele der vom "Fremdenwesen" Betroffenen sind keine Fremden (mehr), sondern Menschen, die schon Jahre in Österreich verweilen und hier FreundInnen, KollegInnen, Verwandte und sonstige Bindungen haben.

Obwohl das Hauptaugenmerk des vorliegenden Gesetzesentwurfs auf der Einrichtung des neuen Bundesamtes liegt und damit eine strukturelle Änderung zum Ziel hat, enthält der Entwurf entgegen den Ausführungen in den erläuternden Bemerkungen mehrere zwar begrenzte, aber in ihrer Bedeutung für die betroffenen Personengruppen wesentliche Änderungen der materiell-rechtlichen Bestimmungen. Als positiv hervorzuheben ist die Neugestaltung des sog. Bleiberechtssystems, bei der die Forderung von Agenda Asyl nach Aufhebung der starren Stichtagsregelung berücksichtigt wurde.

Die vorliegende Stellungnahme kann aufgrund der eingangs erwähnten und durch die Verwaltungsreform bedingten Lücken sowie aufgrund des großen Umfangs der geplanten Gesetzesänderungen nur auf die aus Sicht von Agenda Asyl wesentlichsten Bestimmungen eingehen.



Download Stellungnahme [pdf, 18pp, 130kb]



Rückfragen:
Anny Knapp, asylkoordination österreich
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