Asylverfahren | Archiv

Bundesasylamt wollte minderjährige Flüchtling im Dublin - Schnellverfahren abfertigen [16.02.2012]
Der minderjährige Afghane meldet sich Ende Oktober in der Erstaufnahmestelle Von der Polizei wird am nächsten Tag eine erste Befragung durchgeführt, ohne ...
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... wie bei unbegleiteten Minderjährigen gesetzlich vorgesehen, den Rechtsberater als gesetzlichen Vertreter beizuziehen. 4 Tage später sollte er zu einem Ladungstermin kommen, ob er und sein Rechtsberater diese bekommen und ob die anberaumte Einvernahme stattgefunden hat, lässt sich dem Akt nicht entnehmen. Feststellbar ist, dass der Asylwerber, mittlerweile mit grüner Karte ausgestattet, bei einer Routinekontrolle in der EAST nicht anwesend war und sein Antrag ohne Einvernahme zurückgewiesen wurde. Um Aufklärung zum Verfahrensablauf, der sich aus dem Akt nicht erschließen läßt, zu erhalten, richtete der Richter am Asylgerichtshof eine Anfrage an das Bundesasylamt, die unbeantwortet blieb.
Der Asylgerichtshof sieht bei diesem Verfahren gleich mehrere rechtswidrige Vorgangsweisen. „Im gegenständlichen Fall - wobei es sich hierbei um keinen Einzelfall, sondern um wiederholtes Vorgehen des Bundesasylamtes im sog. Dublinverfahren handelt- wurde das Parteiengehör verletzt, indem der bP (beschwerdeführenden Partei) bzw. deren Vertreter die sie betreffende Lage im Partnerstaat nicht zur Kenntnis gebracht wurde“ – somit auch der rechtliche Vertreter keine Möglichkeit hatte, für seinen Schützling eine Stellungnahme, die sich mit der Lage in Ungarn auseinandersetzt, zu formulieren. Der Bescheid des Bundesasylamts wird mit folgendem zusammenfassenden Befund behoben:
Auch muss aufgrund der beinahe ausschließlichen Verwendung von vorformulierten Textblöcken in Verbindung mit der Unterlassung elementarer Verfahrensschritte und der daraus herleitbaren Anmaßung eines der belangten Behörde nicht zustehenden Rechts, die Behandlung des Anbringens abzulehnen, einer im angefochtenen Bescheid unterlassenen Darstellung eines das Verfahren nachvollziehbar machenden Verfahrensherganges, sowie einer Aktenführung, welches das erkennenden Gericht letztlich nicht in die Lage versetzt, sich von den relevanten Verfahrensschritten ein Bild zu machen, von einem willkürlichen Vorgehen der belangten Behörde ausgegangen werden.
 S18 422726-1/2011 vom 05.12.2011



Bei einem 15-jährigen pakistanischen Asylwerber, der ohne Familienangehörige von Ungarn nach Österreich gekommen ist, nimmt sich die EAST Ost auch keine Zeit, um mehr über seine Situation als Asylwerber in Ungarn zu erfahren. Eine halbe Stunde dauert die Einvernahme, inklusive Belehrung, Nachfrage, ob die gegenüber der Polizei gemachten Angaben stimmen, die Übersetzung sowie Rückübersetzung laut Niederschrift. Der Asylgerichtshof behebt den Bescheid im Oktober 2011, weil die Feststellungen des Bundesasylamts zur Situation von Flüchtlingen in Ungarn nicht mehr aktuell sind. Die neuerliche Einvernahme in Traiskirchen, bei der der Minderjährige zu den mittlerweile etwas upgedateten Länderfestellungen sich äußern könnte, dauert laut Niederschrift 20 Minuten, wie gehabt inklusive dem Drumherum.
Der Antrag wird wieder zurückgewiesen, wobei das Bundesasylamt sich selbst bescheinigt, dass sich die Feststellungen „zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt aus dem unbedenklichen Akteninhalt“ ergeben.
Bedenken gegen eine Überstellung nach Ungarn werden mit widersprüchlichen Begründungen beiseite gewischt:
Sie sind zwar minderjährig, bewiesen jedoch auch die nötige Reife, alleine nach Österreich zu reisen und hier ein Asylverfahren zu betreiben. Bezüglich Ihrer Ängste vor einer Inhaftierung ist anzuführen, dass Ihre Aussagen zu den Umständen in Ungarn konkrete Angaben missen lassen. Es handelt sich nicht um ein komplexes Vorbringen in Bezug auf individuelle Geschehnisse, sondern um ein pauschaliertes Vorbringen. Sie selbst gaben auch an, dass Sie zusammen mit dem Vater und Bruder inhaftiert gewesen seien. Somit waren Sie auch kein unbegleiteter Minderjähriger. Sie ergingen sich also in Beschreibung allgemeiner Umstände, welche jedoch den Länderfeststellungen zum Mitgliedsstaat widersprechen.
Dass der Jugendliche also in Ungarn in die Schubhaft gesperrt wurde, soll eigenartigerweise kein individulles Erlebnis sein!
Für das Bundesasylamt sind ein Eurodac-Treffer in Ungarn, die von dort eingelangte Zustimmung zur Zuständigkeit und oberflächliche Befragungen eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung. „Das Bundesasylamt hat durch Aktenstudium Beweis erhoben und auf Grund des zugrunde liegenden Sachverhalts Konsultalionsverfahren mit Ungarn eingeleitet, das sich …gemäß Art. 16/1/e der Dublin 11 VO für zuständig“ erklärte.
Wieder ein Dublin-Bescheid abgefertigt!





Anny Knapp, asylkoordination österreich
knapp@asyl.at