Asylverfahren | Archiv

Das Asylverfahren in der Erstaufnahmestelle [8.1.2010]
Derzeit gibt es in Österreich drei Erstaufnahmestellen (EAST). Die größte und bekannteste ist in NÖ (Traiskirchen)...
back   Übersicht Asylverfahren

... , eine weitere Erstaufnahmestelle befindet sich in OÖ (Thalham) und eine am Flughafen in Schwechat. In der EAST findet eine Erstabklärung über das Asylverfahren statt, jeder Flüchtling muss sich persönlich zur Asylantragstellung in die EAST begeben und wird dort versorgt, es sei denn, er/sie ist nicht auf staatliche Hilfe angewiesen.

Die EAST besteht aus einer Betreuungsstelle des Bundes, in der AsylwerberInnen untergebracht und versorgt werden, außerdem finden medizinische Routineuntersuchungen inklusive TBC Untersuchung statt und werden die Flüchtlinge über die Verfahrensabläufe informiert. Mit der Grundversorgung hat das BMI die Firma European homecare beauftragt.
In der EAST ist auch eine Außenstelle des Bundesasylamts angesiedelt, die über die Zulassung des Asylantrags entscheidet. In diesem Zulassungsverfahren wird im Wesentlichen geprüft, ob Österreich oder ein anderer EU-Staat für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Auch bei jedem weiteren Asylantrag nach einem bereits abgeschlossenen Asylverfahren wird im Zulassungsverfahren entschieden, ob neu entstandene Fluchtgründe für die Durchführung eines regulären Asylverfahrens sprechen oder der „Folgeantrag“ zurückgewiesen wird.

AsylwerberInnen dürfen die EAST in den ersten 1 bis 3 Tagen nicht verlassen, in dieser Zeit muss eine erste Befragung durch die Polizei zu den Personalien und zum Fluchtweg erfolgen. Nach dieser „erkennungsdienstlichen Behandlung“ dürfen sie zwar die EAST verlassen, nicht aber den Bezirk der EAST. Diese sogenannte Gebietsbeschränkung endet, sobald das Bundesasylamt das Zulassungsverfahren abschließt: entweder dadurch, dass das Verfahren zur inhaltlichen Prüfung in Österreich zugelassen wird oder dem Asylwerber die Entscheidung ausgehändigt wird, dass Österreich das Verfahren nicht durchführt.

Zwischen der Einbringung des Asylantrags und der Zulassungsentscheidung werden eine Reihe von Verfahrensschritten durchgeführt, insbesondere wenn das Verfahren nicht zugelassen wird. Dann werden andere EU-Staaten angefragt, ob sie sich für die Durchführung des Asylantrags zuständig erklären, dem Asylwerber teilt das Bundesasylamt mit, dass es beabsichtigt, den Asylantrag zurückzuweisen, der Asylwerber erhält eine Rechtsberatung und anschließend noch die Gelegenheit, zu der geplanten Zurückweisung des Antrags Stellung zu nehmen. AsylwerberInnen können auch Rückkehrberatung in Anspruch nehmen
Auch die Fremdenpolizei entscheidet in diesem Verfahrensstadium, ob der Asylwerber in Schubhaft gesperrt wird, um ein befürchtetes Untertauchen zu verhindern. Anstelle der Schubhaft hat die Fremdenpolizei auch weniger restriktive Mittel (Gelindere Mittel) anzuwenden, wenn die Gefahr des Untertauchens nicht besteht oder die Haftbedingungen unzumutbar wären. Das trifft regelmäßig bei Kindern zu.

Wird das Verfahren zugelassen, kümmert sich das Innenministerium darum, dass die Flüchtlinge in die Betreuung eines Bundeslandes aufgenommen werden. Das Asylverfahren wird an einer Außenstelle des Bundesasylamtes mit einer ausführlichen Einvernahme zu den Flüchtgründen fortgesetzt.

Gegen die Entscheidung des Bundesasylamtes, den Antrag zurückzuweisen, können AsylwerberInnen binnen 7 Tagen eine Beschwerde an den Asylgerichtshof richten, so lange darf auch keine Überstellung in den zuständigen EU-Staat durchgeführt werden. Der Asylgerichtshof kann der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkennen, wodurch der weitere Aufenthalt in Österreich geduldet ist. Wird der Beschwerde stattgegeben, ist das Asylverfahren automatisch zugelassen und die Asylwerber erhalten die vorläufige Aufenthaltsberechtigung. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sollten die AsylwerberInnen in die Landesbetreuung überstellt oder sie aus der Schubhaft/dem Gelinderen Mittel entlassen werden.

Bei Anträgen, die gleich zugelassen und im regulären Verfahren weiter geprüft werden, sollte der Aufenthalt in der EAST nur wenige Tage dauern. Kaum vorhersagbar ist hingegen der Zeitraum, bis Flüchtlinge entweder in den zuständigen EU-Staat abgeschoben werden oder ihr Verfahren nach erfolgreicher Beschwerde zugelassen wird. Wurde der Asylwerber/die Asylwerberin bereits in einem anderen EU-Staat erkennungsdienstlich behandelt, verkürzt dies die Verhandlungen zwischen Österreich und anderen EU-Staaten erheblich, stützt sich Österreich hingegen nur auf Angaben des Asylwerbers/der Asylwerberin, über welchen EU-Staat seine/ihre Einreise in den EU-Raum erfolgte, stellen sich Anfragen zur Übernahme letztlich meist als erfolglos heraus. Manche EU-Staaten stimmen binnen weniger Tage einer Anfrage zur Übernahme des Asylwerbers zu (z.B. Polen), andere reagieren nicht und werden erst durch Ablauf der Antwortfrist zuständig (z.B. Griechenland). Auch die Überprüfung der familiären Beziehung zu einem Flüchtlingen in einem anderen EU-Staat kann sich mitunter aufwendig gestalten. Bis zur endgültigen Entscheidung können mehrere Monate vergehen.

Gegen eine zentrale Erstaufnahmestelle wäre im Prinzip nichts einzuwenden,
es gibt jedoch im österreichischen System eine Reihe kritikwürdiger Regelungen:

Sicherheitsorgane im Zulassungsverfahren – uniformierte Beamte führen die erste Befragung der AsylwerberInnen durch, das kann für Flüchtlinge retraumatisierend sein
Ausnahme vom Grundsatz, dass alle AsylwerberInnen sich zuerst in der EAST aufhalten müssen: die Fremdenpolizei kann aufgegriffene AsylwerberInnen in die EAST überstellen, muss es aber nicht, sondern kann die asylrechtliche Befragung durchführen und AsylwerberInnen gleich in Schubhaft nehmen. Die Fremdenpolizei macht dabei regelmäßig Prognosen über den Ausgang des Asylverfahrens, für das sie nicht zuständig sind.
AsylwerberInnen sind eingesperrt: bis zur ersten Befragung nach 48, spätestens 72 Stunden
AsylwerberInnen sind ausgesperrt: wer nicht in der EAST wohnt, kann die für sein Verfahren zuständige Behörde, aber auch die in der EAST tätigen Rechtsberater nicht aufsuchen.
Durch die Gebietsbeschränkung riskieren AsylwerberInnen eine Verwaltungsstrafe und die Verhängung der Schubhaft, wenn sie beispielsweise eine unabhängige Rechtsberatung oder einen Anwalt außerhalb des Bezirks der EAST aufsuchen oder Verwandte besuchen.
Vom Innenministerium bestellte RechtsberaterInnen im Zulassungsverfahren erfüllen eine Alibifunktion – sie sollen Asylwerber beraten, wenn eine negative Entscheidung vorgesehen ist, haben aber keinen Auftrag, AsylwerberInnen bei einer Beschwerde gegen diese Entscheidung zu unterstützen. Statt auf Seiten der AsylwerberInnen zu stehen, haben sie ihre Aufgabe unparteiisch auszuführen.
Im Zulassungsverfahren wird nicht nur über die Zulassung zum inhaltlichen Verfahren entschieden, sondern jede Form der Entscheidung ist bereits im Zulassungsverfahren möglich, also auch die Ablehnung des Antrags nach einer inhaltlichen Prüfung.
Das Zulassungsverfahren ist nicht klar abgrenzbar: selbst wenn nach einer erfolgreichen Beschwerde an den Asylgerichtshof das Verfahren zugelassen ist, kann das Bundesasylamt einen Asylantrag jederzeit als unzulässig wegen der Unzuständigkeit Österreichs zurückweisen.