Asylverfahren | Archiv

Presseaussendung zur Prüfung von Asylrechtsregelungen [11.07.2007]
Während Minister Platter scheinbar mit Blindheit geschlagen ist und seit Monaten stur behauptet, keinen Reformbedarf beim Fremdenrechtspaket zu erkennen, sieht der Verfassungsgerichtshof sehr wohl Probleme im Fremdenrecht.
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'Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes, die Ausweisungsregelung bei traumatisierten Flüchtlingen zu prüfen, zeigt unmissverständlich, dass im Asylgesetz eben nicht alles verfassungskonform ist,' so Anny Knapp von der asylkoordination.

Die vom Gerichtshof eingeleitete Prüfung der Ausweisung, die bei jeder negativen Entscheidung im Asylverfahren zu erlassen ist, kann nur befristet aufgeschoben werden, verlängerbar ist dieser Aufschub nicht, selbst wenn sich an der Situation des Flüchtlings, beispielsweise eine schwere Traumatisierung oder andere Erkrankung, nichts geändert hat. Dem Gesetzgeber ging es nur darum, die Zuständigkeit für Flüchtlinge auf andere EU-Staaten abzuschieben. Viele Asylsuchende konnte das Innenministerium nach der früheren Rechtslage deswegen nicht loswerden, weil sie wegen der Traumatisierung oder erlittener Folter Anspruch ein Asylverfahren in Österreich hatten. Die Schutzbestimmung für Traumatisierte wurde im Fremdenrechtspaket zwar abgeschafft, wie der Gerichtshof aber nun zeigt, kann sich Österreich zumindest in jenen Fällen nicht seiner Verantwortung entledigen, bei denen bereits die Überstellung in einen anderen EU-Staat eine bedenkliche Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes auslösen würde. Erst kürzlich haben wir eine junge Asylwerberin gesucht, die aufgrund von Vergewaltigungen stationär im psychiatrischen Krankenhaus und anschließend therapeutisch weiterbehandelt wurde. Trotz gegenteiliger Ärztemeinung wurde sie nach Tschechien zurückgeschoben und dort wieder ins psychiatrische Krankenhaus eingewiesen. Spezielle Medikamente, die hier in Österreich zu einer Verbesserung ihres Zustandes geführt hatten, sind in Tschechien nicht verfügbar.

Auch die Frage der Schubhaftdauer gehört in den Bereich der bedenklichen Neuerungen des Fremdenpolizeigesetzes. In der Praxis wird von den etwas unklaren Bestimmungen oft sehr restriktiv Gebrach gemacht. So wird von der Fremdenpolizei ziemlich freihändig der Grund für die Verhängung von Schubhaft geändert. Viele Asylsuchende werden schon beim ersten Kontakt mit der Polizei inhaftiert, weil angenommen wird, dass ein anderer EU-Staat für das Asylverfahren zuständig sein könnte. Diese Bestimmung liegt derzeit auch zur Prüfung beim Verfassungsgerichtshof. Wenn während der Zulassungsprüfung kein zuständiger Staat ausfindig gemacht werden kann und die AsylwerberInnen daher zum Verfahren in Österreich zugelassen und zum Aufenthalts berechtigt sind, werden die AsylwerberInnen trotzdem nicht aus der Schubhaft entlassen, auch wenn der ursprünglich vorliegende Haftgrund weggefallen ist. Das Grundrechtsbewußtsein ist aber nicht nur bei der Fremdenpolizei bedenklich, auch Haftbeschwerden bei Unabhängigen Verwaltungssenaten bleiben meistens erfolglos, es gibt sogar Fälle, in denen der UVS wortwörtlich die Begründung der Fremdenpolizei in ihren Bescheid übernommen hat. Regelmäßig werden bei der Verlängerung der Schubhaft die Kompetenzen der Polizei überschritten, denn eine Prognose über den (negativen) Ausgang des Asylverfahrens steht der für solche Fragen inkompetenten Fremdenpolizei nicht zu.

Etliche Beispiele wurden von der asylkoordination und anderen Organisationen im Wahrnehmungsbericht zur Fremdenrechtsänderung aufgezeigt. Das Innenministerium kennt den Bericht, offensichtlich scheut Minister Platter jedoch jede Evaluierung, wartet lieber ab und überläßt es dem VfGH, verfassungswidrige Regelungen aufzuzeigen. 'Der Verfassungsgerichtshof kann aber nur die massivsten Probleme aufdecken, nicht die vielen Unsinnigkeiten und Schikanen zahlreicher Einzelbestimmungen. Platter übersieht wohl bei seinem Zeithorizont für eine Evaluation, das Gesetze im Asylbereich in der Grundsystematik bereits seit Mai 2004 in Kraft getreten sind.' Die asylkoordination mahnt daher eine rasche Evaluierung ein.



Anny Knapp - asylkoordination Österreich,
tel. 01/ 532 12 91 – 15 bzw: 0688/ 82 84 460
knapp@asyl.at