Asylverfahren

"Geist des Misstrauens" - Prominent besetzter Beirat der asylkoordination Österreich äußert seine Bedenken gegen das neue Asylgesetz [10.05.2005]
Der neu konstituierte Beirat der asylkoordination Österreich zeigte sich ob der bevorstehenden Beschlußfassung des Asylgesetzes höchst besorgt.
"Die Wahrnehmung der Flüchtlinge in unserer Gesellschaft ist geprägt von realitätsfernen Bildern und Vorurteilen. Sie werden abgelehnt, als wären sie soziale Krätze."
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"Diese Ablehnung spiegelt sich auch in den nun bevorstehenden Gesetzesänderungen, die voll des Geistes des Mißtrauens sind," war der Befund der Beiratsmitglieder nach ihrer ersten Sitzung. Dem Beirat gehören unter anderem die Sprachwissenschaftlerin Ruth Wodak, der Philosoph Herbert Lachmayer, Menschenrechtsexperte Manfred Nowak, Autor Dimitiri Dinev, die Journalistin Barbara van Melle, die Organisationsberaterin Petra Radeschnig und der Kinderpsychologe Ernst Berger an.

Die asylkoordination Österreich ist ein Dachverband von Flüchtlingshilfsorganisationen und seit der Gründung 1991 vor allem als Informationsdrehscheibe und Vernetzungsagentur, aber auch in den Bereichen Forschung, Fortbildung und Öffentlichkeitsarbeit tätig. „Bisher haben wir vor allem mit den Beratungs- und Betreuungsstellen für Flüchtlinge kooperiert. Mit dem Beirat wollen wir neue Ressourcen erschließen und Anregungen und Unterstützung für unsere Arbeit aus verschiedenen Feldern wie Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Journalismus holen“, erklärte Asylkoordination Obfrau Anny Knapp die Beweggründe für die Einrichtung des Beirats.


Regierung plant Einrichtung von Lagern.
Das neue Asylgesetz enthält eine Fülle von problematischen Bestimmungen.


Besonders bedenklich ist die Tendenz, AsylwerberInnen in verschiedenen Stadien des Verfahrens mit Freiheitsbeschränkungen zu belegen. Dies reicht vom Verbot, sich während des Zulassungsverfahrens außerhalb des Bezirkes, in dem die Erstaufnahmestelle liegt, aufzuhalten, bis zur sofortigen Schubhaftverhängung nach negativem Ausgang eines Asylverfahrens.
Die Verlängerung der höchstzulässigen Schubhaft von sechs bis zu zehn Monaten, um die Ausreise nach Abschluß des Asylverfahrens zu sichern, kommt einer Umwandlung des Asylverfahrens in ein Abschiebungsverfahren gleich.
Man stelle sich vor: Menschen, die nichts verbrochen haben, die lediglich in ein Territorium eingereist sind, in dem sie sich mehr Sicherheit und ein besseres Leben erhoffen, werden zehn Monate eingesperrt. Schon jetzt sind die Haftbedingungen für Schubhäftlinge schlechter als für Strafgefangene: Es fehlt die für eine längere Haftdauer erforderliche Ausstattung an Betreuungspersonal, Besuchsmöglichkeiten und Beschäftigung. Es ist außerdem absehbar, dass wenn die Schubhaft derartig häufig wie im Gesetzesentwurf vorgesehen verhängt wird, mit den vorhandenen Kapazitäten in den Haftanstalten kein Auslangen gefunden werden wird. Das bedeutet, – und die Innenministerin hat es auch schon angekündigt – dass für die abzuschiebenden Fremden geschlossene Lager errichtet werden müssen.

Zu einer krassen Verschlechterung wird es bei Umgang mit traumatisierten AsylwerberInnen kommen. Hier soll die Schutzklausel, die traumatisierte AsylwerberInnen vor Ausweisung und Rücküberstellung bewahrte, fallen. Derzeit übernimmt Österreich die Durchführung des Asylverfahrens, auch wenn die AsylwerberInnen sich vorher in einem anderen EU-Staat aufgehalten haben (laut Dublin Verordnung ist jener EU-Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig, in den ein/e AsylwerberIn als ersten eingereist ist). Der Grund lag in der besonderen Schutzbedürftigkeit dieser Menschen.
Nun sollen traumatisierte Flüchtlinge und Folteropfer rücküberstellt werden. Nicht nur, dass schon die Maßnahme an sich geeignet ist zu einer Retraumatisierung beizutragen, ist uns auch bekannt, dass in den östlichen Nachbarländern keine Kapazitäten für die psychotherapeutische Betreuung von traumatisierten Flüchtlingen bestehen. Darüber hinaus gibt es etliche Bestimmungen, die nicht verfassungskonform sind, wie etwa der unzureichende Abschiebungsschutz während des Verfahrens oder der unzureichende Schutz der Familie und des Privatlebens, oder die gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen.


für Rückfragen:
Anny Knapp, Tel. 01/532 12 91-15
knapp@asyl.at