Asylverfahren

Wichtige Änderungen im Asylgesetz ab 1. Mai 2004 [01.05.2004]
Asylanträge können nicht mehr bei österreichischen Berufungsvertretungen im Ausland oder an einem Grenz-übergang gestellt werden. Ausgenommen sind Familienangehörige von anerkannten Flüchtlingen oder subsidiär Schutzberechtigten (EMRK geschützten Personen).
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Bei schriftlich gestellten Anträgen erfolgt eine Ladung in die EAST, die frühestens 14 Tage nach Antragstellung ist. Kommt der/die Asylwerber/in nicht, wird das Verfahren eingestellt.
Ein Asylantrag gilt erst dann als eingebracht, wenn er entweder persönlich bei der Erstaufnahmestelle (EAST) gestellt wurde oder der/die Asylwerber/in von Polizei/Gendarmerie in die EAST gebracht wird.

Jede/r Asylwerber/in muß sich bis zur Entscheidung über die Zulässigkeit seines Antrags in der Erstaufnahme-stelle (Traiskirchen, Thalham, Flughafen) aufhalten. Ein Verlassen ist nur bei rechtfertigbaren Gründen ohne rechtliche Konsequenzen (Einstellung des Verfahrens, Schubhaft) möglich. Wird jedoch der Asylantrag in der Schubhaft gestellt, bleibt diese aufrecht.

Beim Erstkontakt mit Polizei/Gendarmerie oder in der EAST findet eine erkennungsdienstliche Behandlung und eine Kleidungs- und Gepäckskontrolle in jenen Fällen statt, wo angenommen wird, daß AsylwerberInnen Hin-weise auf Fluchtweg und Fluchtgründe nicht vorlegen.

Binnen 48, spätestens 72 Stunden erfolgt die Ersteinvernahme in der EAST (Samstag, Sonntag und Feiertage hemmen die Frist). Dabei soll geklärt werden, ob der Asylantrag unzulässig oder zulässig oder gleich abzu-weisen ist.
_ Unzulässig (wie bereits im Asylgesetz 1997) ist der Antrag, wenn ein anderer Staat für die Prüfung des Asylantrages als zuständig erachtet wird. Bei EU-Mitgliedsstaaten wird die Zuständigkeit in einem speziellen Verfahren geprüft und gibt es eine für alle Mitgliedsstaaten verbindliche Verordnung (Dublin II) Seit der Erwei-terung der EU kommen nun auch die neuen Mitgliedsstaaten, die bisher "sichere Drittstaaten" waren als zuständiges Land für die Prüfung des Asylantrags in Frage. Wesentliches Kriterium dabei ist, über welchen EU Mitgliedstaat die Einreise in den EU-Raum (nachweislich) erfolgte. Außerdem muß geprüft werden, ob eine Familienzusammenführung mit einem bereits als Flüchtling anerkannten Familienmitglied möglich wäre.
_ Unzulässig ist der Asylantrag auch, wenn der/die Asylwerber/in (nachweislich) aus der Schweiz oder Liechtenstein nach Österreich gekommen ist oder aus einem anderen "sicheren Drittstaat".

Wird beabsichtigt, in der EAST eine negative Entscheidung zu erlassen, erhält der/die Asylwerber/in eine Aktenabschrift ausgehändigt und Beratung durch eine/n vom Innenministerium bestellte/n Rechtsberater/in. Eine zweite Einvernahme findet frühestens nach 24 Stunden statt. Dabei soll der/die Asylwerber/in Gelegenheit haben, zu den Ergebnissen des Verfahrens Stellung zu nehmen. Vorher soll ein Beratungsgespräch stattfinden und jede weitere Einvernahme darf nur in Anwesenheit des Rechtsberaters erfolgen.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden in der EAST nicht mehr vom Jugendwohlfahrtsträger rechtlich vertreten, sondern vom Rechtsberater.

Anträge von Flüchtlingen, die Opfer von Folter wurden oder traumatisiert sein könnten, gelten als zulässig. Nur zum Zweck der Familienzusammenführung mit Angehörigen in einem anderen EU Mitgliedsstaat kann der Antrag als unzulässig zurückgewiesen werden. Fraglich ist, wie die Traumatisierung festgestellt werden kann.

Über einen unzulässigen Antrag hat die EAST binnen 20 Tagen zu entscheiden, außer das Zuständigkeitsver-fahren mit einem anderen EU-Staat dauert länger. Die 20 Tage Frist gilt auch dann nicht, wenn der/die Asyl-werber/in aus der EAST verschwindet.

Jede/r Asylwerber/in erhält mit Einleitung des Verfahrens eine Verfahrenskarte mit Lichtbild und persönlichen Daten. Diese berechtigt zum Aufenthalt in der EAST und zur Versorgung spätestens vor der Ersteinvernahme ein Informationsblatt.

Ladungen im Zulassungsverfahren werden nur an den/die Asylwerber/in persönlich oder an seine/n Rechtsbera-ter/in in der EAST zugestellt, nicht jedoch einem/r bevollmächtigten gesetzlichen VertreterIn. Diese/r kann vom Rechtsberater verständigt werden.

Die Berufung gegen die Zurückweisung des Antrags als unzulässig und der damit verbundenen Ausweisung hat keine aufschiebende Wirkung. Die Zurückschiebung oder Überstellung in den zuständigen Staat kann mit Einlan-gen der Zustimmung dieses Staates an dem vereinbarten Überstellungstermin erfolgen. Wird von einem "siche-ren Drittstaat" nicht binnen 2 Monaten nach Bescheiderlassung die Zustimmung erteilt, tritt die Entscheidung außer Kraft und das Verfahren ist zulässig. Das gilt jedoch nicht für die EU-Mitgliedsstaaten!

Weitere Entscheidungen in der EAST:
Mit der Entscheidung über die Zulässigkeit des Asylantrags erhält der/die Asylwerber/in die Aufenthaltsberech-tigung bis zum rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens. Die entsprechende Karte dient auch als Nachweis der Identität.
AsylwerberInnen werden in eine Betreuungsstelle verlegt und das Asylverfahren bei einer der Außenstellen des Bundesasylamts fortgeführt. Außerdem können auch AsylwerberInnen nach der Zurückweisung ihres Antrags in eine Betreuungsstelle verlegt werden, wenn sie aus faktischen Gründen nicht in einen EU-Mitgliedsstaat beför-dert werden können (Krankheit, Schwangerschaft,....)

Für die Zuweisung in eine Betreuungsstelle ist das BMI zuständig.
Von der Bundesbetreuung können AsylwerberInnen ausgeschlossen werden, die nicht an der Feststellung ihrer Identität oder Hilfsbedürftigkeit mitwirken sowie AsylwerberInnen, die einen weiteren Asylantrag innerhalb von 6 Monaten nach rechtskräftigem Abschluß des früheren Verfahrens stellen oder AsylwerberInnen, die wegen eines Verbrechens verurteilt worden sind.

Abweisung des Asylantrags:
eine negative Entscheidung in der EAST ersetzt die Entscheidung über die Zulässigkeit.

Konsequenz des ungerechtfertigten Verlassens der EAST ist die Verhängung von Schubhaft.
Außerdem kann Schubhaft mit der Entscheidung über die Unzulässigkeit des Antrags verhängt werden oder wenn der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgewiesen wurde oder der Asylwerber einen weiteren Antrag innerhalb von 6 Monaten nach einer rechtskräftig negativen Entscheidung stellt.

Neuerungsverbot:
AsylwerberInnen werden dazu angehalten, bei der Einvernahme in der EAST alles für ihren Fall Wesentliche vorzubringen. Im Berufungsverfahren dürfen nur dann neue Tatsachen oder Beweise berücksichtigt werden, wenn das Asylverfahren in 1.Instanz mangelhaft war, sich der Sachverhalt in der Zwischenzeit geändert hat oder Beweise vorher nicht zugänglich waren. Außerdem gilt für Traumatisierte eine Ausnahme vom Neuerungs-verbot.

Offensichtlich unbegründete Anträge können bereits in der EAST negativ entschieden werden oder auch im späteren Verfahrensablauf. Der Berufung kommt in diesem Fall keine aufschiebende Wirkung zu, sie muß gesondert beantragt werden. Die Berufungsfrist beträgt 14 Tage, ausgenommen wenn das Verfahren in der EAST am Flughafen geführt wird, dann gilt eine auf 7 Tage verkürzte Frist. Der Unabhängigen Bundesasylsenat , der innerhalb von 7 Tagen nach Einlangen über die aufschiebende Wirkung entscheiden soll, hat dabei auch die Erfolgsaussichten der Berufung und öffentliche Interessen zu berücksichtigen.

Keine aufschiebende Wirkung einer Berufung gibt es bei Zuständigkeit eines anderen EU-Mitgliedsstaates und bei einer negativen Entscheidungen über einen Folgeantrag.

Eine Zurückziehung des Asylantrags ist nicht mehr möglich, die Asylbehörden haben in jedem Fall eine Entschei-dung zu treffen.

Rückkehrberatung in jedem Stadium des Verfahrens, auch in der EAST - dort ist der Rechtsberater dem abschließenden Gespräch über die Gewährung von Rückkehrhilfe beizuziehen.

Familienverfahren:
Asylanträge von Familienangehörigen werden gesondert geprüft, die Verfahren sind jedoch verbunden. Alle Familienangehörigen erhalten den gleichen Status, und zwar jeweils den besseren, z.B. Flüchtlingsstatus statt subsidiären Schutz. Berufung gegen einen ab- oder zurückweisenden Bescheid muß nur für ein Familienmitglied eingelegt werden.

Subsidiärer Schutz (EMRK-Schutz) kann nun auch für Familienangehörige gewährt werden. Nun erhalten subsidiär Schutzberechtigte eine Aufenthaltsberechtigungskarte mit Lichtbild, die auch dem Nachweis der Identität dient. Die Aufenthaltsberechtigung wird für maximal 1 Jahr erteilt, die erste Verlängerung wiederum für maximal ein Jahr, danach kann sie für 5 Jahre ausgestellt werden. Bis zur Entscheidung über die Verlängerung besteht die Aufenthaltsberechtigung weiter.

Anträge, die vor dem 1.5.2004 gestellt wurden:
Die Asylgesetznovelle findet nur auf Anträge, die ab dem 1.5. gestellt wurden, Anwendung. Vorher gestellte Anträge werden weitgehend nach den alten Regelungen weitergeführt.
Nicht mehr weitergeführt werden Drittlandsverfahren (§4), die in 2.Instanz oder beim Verwaltungs- oder Verfassungsgerichtshof anhängig sind. Sie gelten als zugelassene Verfahren, die Aufenthaltsberechtigungskarte muß jedoch beim Bundesasylamt extra beantragt werden.
Subsidiär Schutzberechtigte können die neue Aufenthaltsberechtigungskarte beantragen und profitieren von den neuen Verlängerungsregelungen.
Bei Zurückziehung, Rückkehrberatung und weiterem Asylantrag gelten jedoch die neuen Bestimmungen.



Anny Knapp, asylkoordination Österreich