Neue Zahlentricksereien Nehammers entkräftet

Nachdem seine unrichtigen Aussagen zur Aufnahme von Kinderflüchtlingen unhaltbar geworden sind, behauptet Innenminister Karl Nehammer jetzt, in Österreich wäre 2020 EU-weit die zweithöchste Zahl an Asylanträge von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen gestellt worden. Auch diese Behauptung dürfte unrichtig sein. 
Eine weitere, von den NEOS eingebrachte parlamentarische Anfrage enthüllt hier nämlich erschreckende Missstände.

52 Prozent der Fluchtwaisen (UMF) verschwunden
Tatsächlich stellten 1.467 Fluchtwaisen im vergangenen Jahr einen Asylantrag in Österreich. Was diese Zahl im Verhältnis zu anderen EU-Staaten bedeutet, kann mangels vergleichbarer EU-Zahlen nicht gesagt werden.
Fakt ist aber, dass diese Zahl nichts mit den tatsächlich in Österreich bearbeiteten Asylanträgen von Fluchtwaisen (UMF) zu tun hat. Wie sich nämlich jetzt durch die Beantwortung einer parlamentarische Anfrage der NEOS herausstellt, blieben letztlich nur 434 übrig.
Was mit dem Rest  geschehen ist, lässt sich nur für 265 Antragsteller*innen klären. Diese durchliefen eine (von der asylkoordination kritisierte, weil wissenschaftlich zweifelhafte) Altersfeststellung und wurden daraufhin für volljährig erklärt. Andere hatten bereits in einem anderen EU-Land einen Schutzstatus erhalten oder nahe Verwandte dort, und wurden dorthin gebracht.
Es bleiben aber immer noch 764 Kinder, also mehr als die Hälfte der Antragsteller*innen, die spurlos verschwunden sind. “Wo diese minderjährigen Flüchtlinge hingekommmen sind, interessiert niemanden”, kritisiert Lisa Wolfsegger, Expertin für Kinderflüchtlinge bei der asylkoordination.
 
Verschwundene Kinder: Politik des Wegschauens 
„Durch die Stellung des Asylantrags haben diese 1.467 Kinder klar gemacht, dass sie in Österreich ein Asylverfahren durchlaufen möchten. Jene, die nicht in Österreich bleiben wollen, stellen in der Regel erst gar keinen Asylantrag hier“, stellt Wolfsegger klar.
Die Tatsache, dass Kinder spurlos verschwinden, ohne dass sich jemand zuständig fühlt, zeigt ein weiteres Problem auf: Bei abgängigen Kinderflüchtlingen müsste eine Meldung an den Obsorgeträger erfolgen (und tatsächlich behauptet dies das BMI in der Anfragebeantwortung). Es gibt allerdings keinen Obsorgeträger, weil die eigentlich zuständige Kinder- und Jugendhilfe (Baden bzw. Neunkirchen) sich weigert, die Obsorge für UMF im Zulassungsverfahren zu übernehmen. So schließt sich der Kreis – um die verschwundenen Kinder kann oder muss sich mangels Zuständigkeit niemand kümmern. “Ob die Kinder in andere EU-Staaten weitergehen, oder ob und wie viele Opfer von Menschenhandel geworden sind, darüber wissen wir nichts”, kritisiert Wolfsegger die Politik des Wegschauens der Behörden.
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

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