Georgische Familie trotz vereinbarter freiwilliger Rückkehr in Schubhaft genommen
Die asylkoordination wurde von Unterstützer*innen zweier georgischer Familien informiert, dass die beiden Familien am 5. Mai in der Früh völlig überraschend von der Polizei abgeholt und in Schubhaft genommen wurden. Sie sollen am 7. Mai im Zuge einer Charterabschiebung mit ca. 30 weiteren abgelehnten Asylwerber*innen nach Georgien abgeschoben werden.

„Eine Abschiebung zum jetzigen Zeitpunkt ist völlig verantwortungslos“, stellt Lukas Gahleitner-Gertz, Sprecher der asylkoordination österreich fest. „Wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie wurde in Georgien erst jüngst der Ausnahmezustand bis Ende Mai verlängert. Es gilt sogar eine nächtliche Ausgangssperre, der Flug- und Reiseverkehr wurde eingestellt. Das österreichische Innenministerium konterkariert mit seinen absurden Aktionen den globalen Kampf gegen das Virus.“
Die asylkoordination lehnt unter den Bedingungen der Covid-19-Pandemie jede Abschiebung nach negativen Asylverfahren oder Rückführung im Rahmen eines Dublin-Verfahrens ab.


Ein besonderer Skandal ist die überfallsartige Abholung der Familien, die für diese und ihre Unterstützer*innen aufgrund absolut überraschend und unangekündigt kam: Die Familien haben sich für eine freiwillige Ausreise entschieden und immer mit den Behörden kooperiert. Erst jüngst wurde die diesbezügliche Frist vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) verlängert. Auch weil die Dokumentenbeschaffung aufgrund der coronabedingten Einschränkungen bei den Konsulaten noch nicht möglich war.

„Eine solche Maßnahme ist beispiellos und stellt das gesamte System der freiwilligen Rückkehr in Frage“, so Gahleitner-Gertz. „Diese Vorgehensweise könnte auch ein Vorgeschmack darauf sein, was den Betroffenen bevorsteht, wenn die Rückkehrberatung von der staatlichen BBU übernommen wird“, stellt Gahleitner-Gertz einen Zusammenhang mit der bevorstehenden Ablösung der Caritas-Rückkehrberatung durch die staatliche Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen (BBU) her.
Auch in der EU-Rückkehrrichtlinie hat freiwillige Rückkehr eindeutig Priorität. „Es ist bedenklich, dass sich Österreich immer mehr von EU-Standards entfernt“, kritisiert die asylkoordination.


Die Familien wurden bereits seit längerer Zeit von der Caritas auf ihre freiwillige Rückkehr vorbereitet. Die Fristen für die freiwilligen Ausreisen sind nicht abgelaufen, einen Flug nach Tiflis zu organisieren war derzeit durch die Einstellung des Flugverkehrs nicht möglich. Bei einer Familie war es zudem zu vorhersehbaren Probleme bei der Dokumentenbeschaffung gekommen, wovon auch das BFA in Kenntnis gesetzt wurde. Die Ausreise war für Ende Mai 2020 geplant, was auch mit der Wiederaufnahme des regulären Flugverkehrs einhergegangen wäre.

Die Menschen haben darauf vertraut, freiwillig ausreisen zu dürfen“, beschreibt Gahleitner-Gertz die Situation der Familien. „Man muss sich vorstellen, was es für ein Kind im Alter von nicht einmal sieben Jahren bedeutet, wenn die ganze Familie von der Polizei angeholt wird.“

Das Vorgehen des Innenministeriums verstärkt die Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Bundesregierung, die Ausbreitung der Pandemie mit den angemessenen Mitteln zu bekämpfen. Einerseits wurde ein rechtswidriger Einreisestopp für Asylwerber erlassen, gleichzeitig werden aber hunderte Menschen in Lagern kaserniert, anstatt sie dezentral unterzubringen. Geflüchtete Menschen wurden nachweislich unvollständig über ihre Rechte informiert, andere wurden verpflichtet, in einem Quarantänegebiet Unterkunft zu nehmen.

Die asylkoordination fordert den sofortigen Stopp der Abschiebung und appelliert an das Innenministerium Menschen weiterhin die freiwillige Rückkehr zu ermöglichen.
 
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